treffen. Er ist ein special Freund von mir, ich kan mich aber deswegen doch nicht rühmen, viel von sei- nen Geheimnissen ausgeforscht zu haben. Bey was vor Gelegenheit er zu seinem grossen Vermögen ge- kommen? kan ich nicht sagen, denn ich habe ihn vor etliche 20. Jahren, da er auf dem Schiffe, der Holländische Löwe genannt, annoch die Feder füh- rete, als einen pauvre diable gekennet, nach diesen hat er den Degen ergriffen, und sich durch seine bra- voure zu den Posten eines Capitains geschwungen. Seine Conduite ist dermassen angenehm, daß sich jederman mit ihm in Gesellschafft zu seyn wünschet. Vor kurtzen hat er sich ein vortrefflich neues Schiff, unter dem Nahmen, der getreueParis, ausgerü- stet, mit welchen er eine neue Tour auf die Barba- rischen Küsten und Ost-Jndien zu thun gesonnen, und wie ich glaube, in wenig Tagen abseegeln wird. Hat einer oder der andere Lust, ihn vor seiner Ab- fahrt kennen zu lernen, der stelle sich morgenden Vor- mittag auf dem Ost-Jndischen Hause ein, allwo ich nothwendiger Affairen halber mit ihm zu sprechen habe, und Abrede nehmen werde, am welchem Orte wir uns Nachmittags divertiren können. Hier- mit stund der ansehnliche Herr von seiner Stelle auf, um in sein Logis zu gehen, die andern solgten ihm, ich aber blieb, nachdem ich von ihnen höflichen Ab- schied genommen, noch eine Stunde sitzen, hatte meine eigenen vergnügten Gedancken über das an- gehörte Gespräch, und gieng hernachmahls mit mei- nem abermahls ziemlich berauschten Begleiter zu- rück in mein Logis, allwo mich so gleich niederlegte, und viel sanffter, als sonst gewöhnlich, ruhete.
Fol-
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treffen. Er iſt ein ſpecial Freund von mir, ich kan mich aber deswegen doch nicht ruͤhmen, viel von ſei- nen Geheimniſſen ausgeforſcht zu haben. Bey was vor Gelegenheit er zu ſeinem groſſen Vermoͤgen ge- kommen? kan ich nicht ſagen, denn ich habe ihn vor etliche 20. Jahren, da er auf dem Schiffe, der Hollaͤndiſche Loͤwe genannt, annoch die Feder fuͤh- rete, als einen pauvre diable gekennet, nach dieſen hat er den Degen ergriffen, und ſich durch ſeine bra- voure zu den Poſten eines Capitains geſchwungen. Seine Conduite iſt dermaſſen angenehm, daß ſich jederman mit ihm in Geſellſchafft zu ſeyn wuͤnſchet. Vor kurtzen hat er ſich ein vortrefflich neues Schiff, unter dem Nahmen, der getreueParis, ausgeruͤ- ſtet, mit welchen er eine neue Tour auf die Barba- riſchen Kuͤſten und Oſt-Jndien zu thun geſonnen, und wie ich glaube, in wenig Tagen abſeegeln wird. Hat einer oder der andere Luſt, ihn vor ſeiner Ab- fahrt kennen zu lernen, der ſtelle ſich morgenden Vor- mittag auf dem Oſt-Jndiſchen Hauſe ein, allwo ich nothwendiger Affairen halber mit ihm zu ſprechen habe, und Abrede nehmen werde, am welchem Orte wir uns Nachmittags divertiren koͤnnen. Hier- mit ſtund der anſehnliche Herr von ſeiner Stelle auf, um in ſein Logis zu gehen, die andern ſolgten ihm, ich aber blieb, nachdem ich von ihnen hoͤflichen Ab- ſchied genommen, noch eine Stunde ſitzen, hatte meine eigenen vergnuͤgten Gedancken uͤber das an- gehoͤrte Geſpraͤch, und gieng hernachmahls mit mei- nem abermahls ziemlich berauſchten Begleiter zu- ruͤck in mein Logis, allwo mich ſo gleich niederlegte, und viel ſanffter, als ſonſt gewoͤhnlich, ruhete.
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treffen. Er iſt ein ſpecial Freund von mir, ich kan
mich aber deswegen doch nicht ruͤhmen, viel von ſei-
nen Geheimniſſen ausgeforſcht zu haben. Bey was
vor Gelegenheit er zu ſeinem groſſen Vermoͤgen ge-
kommen? kan ich nicht ſagen, denn ich habe ihn vor
etliche 20. Jahren, da er auf dem Schiffe, der
Hollaͤndiſche Loͤwe genannt, annoch die Feder fuͤh-
rete, als einen pauvre diable gekennet, nach dieſen
hat er den Degen ergriffen, und ſich durch ſeine bra-
voure zu den Poſten eines Capitains geſchwungen.
Seine Conduite iſt dermaſſen angenehm, daß ſich
jederman mit ihm in Geſellſchafft zu ſeyn wuͤnſchet.
Vor kurtzen hat er ſich ein vortrefflich neues Schiff,
unter dem Nahmen, der getreue Paris, ausgeruͤ-
ſtet, mit welchen er eine neue Tour auf die Barba-
riſchen Kuͤſten und Oſt-Jndien zu thun geſonnen,
und wie ich glaube, in wenig Tagen abſeegeln wird.
Hat einer oder der andere Luſt, ihn vor ſeiner Ab-
fahrt kennen zu lernen, der ſtelle ſich morgenden Vor-
mittag auf dem Oſt-Jndiſchen Hauſe ein, allwo ich
nothwendiger Affairen halber mit ihm zu ſprechen
habe, und Abrede nehmen werde, am welchem Orte
wir uns Nachmittags divertiren koͤnnen. Hier-
mit ſtund der anſehnliche Herr von ſeiner Stelle auf,
um in ſein Logis zu gehen, die andern ſolgten ihm,
ich aber blieb, nachdem ich von ihnen hoͤflichen Ab-
ſchied genommen, noch eine Stunde ſitzen, hatte
meine eigenen vergnuͤgten Gedancken uͤber das an-
gehoͤrte Geſpraͤch, und gieng hernachmahls mit mei-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/31>, abgerufen am 21.11.2024.
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