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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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ben darauf zu erretten. Jndem nun ich, nur vor we-
nig Monaten, das kleine Boot, durch dessen Hülffe
ich am allerersten mit Mons. van Leuven bey die-
ser Felsen Jnsul angelanget war, ausgebessert hatte,
so wagte ich nebst meinen beyden ältesten Söhnen,
die nunmehro in ihr 16tes Jahr giengen, hinein zu
treten, und diesen Nothleydenten zu Hülffe zu kom-
men, welche unserer aber nicht eher gewahr wurden,
biß unser Boot von ohngefehr sehr hefftig an ihren
Balcken stieß, so, daß der eine aus Mattigkeit her-
unter ins Wasser fiel. Doch da ihm meine Söh-
ne das Seil, waran wir das Boot zu befestigen
pflegten, hinaus wurffen, raffte er alle Kräffte zu-
sammen, hielt sich feste dran, und ward also von uns
gantz leichtlich ins Boot herein gezogen. Dieses
w[ar] ein altet fast gantz grau gewordener Mann, der
andere aber, dem dergleichen Gefälligkeit von uns
erzeigt wurde, schien ein Mann in seinen besten Jah-
ren zu seyn.

Man merckte sehr genau wie die Todes-Angst
auf ihren Gesichtern gantz eigentlich abgemahlet
war, da sie zumal uns gantz starr ansahen, jedoch
nicht ein eintziges Wort aussprechen konten, endlich
aber, da wir schon einen ziemlichen Strich auf der
Zurückfarth gethan, fragte ich den Alten auf teutsch:
Wie er sich befände, allein er schüttelte sein Haupt,
und antwortete im Englischen, daß er zwar meine
Sprache nicht verstünde, gleichwohl aber merckte
wie es die Teutsche Sprache sey. Jch fieng hierauf
so gleich an mit ihm Englisch zu reden, weßwegen er
mir augenblicklich die Hände küssete und mich sei-
nen Engel nennete. Meine beyden Söhne klatsch-

ten

ben darauf zu erretten. Jndem nun ich, nur vor we-
nig Monaten, das kleine Boot, durch deſſen Huͤlffe
ich am allererſten mit Monſ. van Leuven bey die-
ſer Felſen Jnſul angelanget war, ausgebeſſert hatte,
ſo wagte ich nebſt meinen beyden aͤlteſten Soͤhnen,
die nunmehro in ihr 16tes Jahr giengen, hinein zu
treten, und dieſen Nothleydenten zu Huͤlffe zu kom-
men, welche unſerer aber nicht eher gewahr wurden,
biß unſer Boot von ohngefehr ſehr hefftig an ihren
Balcken ſtieß, ſo, daß der eine aus Mattigkeit her-
unter ins Waſſer fiel. Doch da ihm meine Soͤh-
ne das Seil, waran wir das Boot zu befeſtigen
pflegten, hinaus wurffen, raffte er alle Kraͤffte zu-
ſammen, hielt ſich feſte dran, und ward alſo von uns
gantz leichtlich ins Boot herein gezogen. Dieſes
w[ar] ein altet faſt gantz grau gewordener Mann, der
andere aber, dem dergleichen Gefaͤlligkeit von uns
erzeigt wurde, ſchien ein Mann in ſeinen beſten Jah-
ren zu ſeyn.

Man merckte ſehr genau wie die Todes-Angſt
auf ihren Geſichtern gantz eigentlich abgemahlet
war, da ſie zumal uns gantz ſtarr anſahen, jedoch
nicht ein eintziges Wort ausſprechen konten, endlich
aber, da wir ſchon einen ziemlichen Strich auf der
Zuruͤckfarth gethan, fragte ich den Alten auf teutſch:
Wie er ſich befaͤnde, allein er ſchuͤttelte ſein Haupt,
und antwortete im Engliſchen, daß er zwar meine
Sprache nicht verſtuͤnde, gleichwohl aber merckte
wie es die Teutſche Sprache ſey. Jch fieng hierauf
ſo gleich an mit ihm Engliſch zu reden, weßwegen er
mir augenblicklich die Haͤnde kuͤſſete und mich ſei-
nen Engel nennete. Meine beyden Soͤhne klatſch-

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[290/0304] ben darauf zu erretten. Jndem nun ich, nur vor we- nig Monaten, das kleine Boot, durch deſſen Huͤlffe ich am allererſten mit Monſ. van Leuven bey die- ſer Felſen Jnſul angelanget war, ausgebeſſert hatte, ſo wagte ich nebſt meinen beyden aͤlteſten Soͤhnen, die nunmehro in ihr 16tes Jahr giengen, hinein zu treten, und dieſen Nothleydenten zu Huͤlffe zu kom- men, welche unſerer aber nicht eher gewahr wurden, biß unſer Boot von ohngefehr ſehr hefftig an ihren Balcken ſtieß, ſo, daß der eine aus Mattigkeit her- unter ins Waſſer fiel. Doch da ihm meine Soͤh- ne das Seil, waran wir das Boot zu befeſtigen pflegten, hinaus wurffen, raffte er alle Kraͤffte zu- ſammen, hielt ſich feſte dran, und ward alſo von uns gantz leichtlich ins Boot herein gezogen. Dieſes war ein altet faſt gantz grau gewordener Mann, der andere aber, dem dergleichen Gefaͤlligkeit von uns erzeigt wurde, ſchien ein Mann in ſeinen beſten Jah- ren zu ſeyn. Man merckte ſehr genau wie die Todes-Angſt auf ihren Geſichtern gantz eigentlich abgemahlet war, da ſie zumal uns gantz ſtarr anſahen, jedoch nicht ein eintziges Wort ausſprechen konten, endlich aber, da wir ſchon einen ziemlichen Strich auf der Zuruͤckfarth gethan, fragte ich den Alten auf teutſch: Wie er ſich befaͤnde, allein er ſchuͤttelte ſein Haupt, und antwortete im Engliſchen, daß er zwar meine Sprache nicht verſtuͤnde, gleichwohl aber merckte wie es die Teutſche Sprache ſey. Jch fieng hierauf ſo gleich an mit ihm Engliſch zu reden, weßwegen er mir augenblicklich die Haͤnde kuͤſſete und mich ſei- nen Engel nennete. Meine beyden Soͤhne klatſch- ten

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/304>, abgerufen am 24.11.2024.