Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

spielen lernen, welches mir denn in weniger Zeit
dermassen glückte, daß ich fast alles, was ich sin-
gen, auch| zugleich gantz wohlstimmig mit spielen
konte.

Concordia wurde über dergleichen Aufführung
ziemlich verwirrt und niedergeschlagen, allein ich
konte meine Sehnsucht unmöglich verbannen, viel-
weniger über das Hertze bringen, derselben meine
Gedancken zu offenbaheen, also lebten wir beyder-
seits in einem heimlichen Mißvergnügen und ver-
deckten Kummer, begegneten aber dennoch einan-
der nach wie vor, mit aller ehrerbiethigen, tugend-
hafften Freundschafft und Dienst-geflissenheit, ob-
ne zu fragen, was uns beyderseits auf dem Hertzen
läge.

Mittlerweile war die Erndte-Zeit heran gerückt
und unser Geträyde vollkommen reiff worden. Wir
machten uns derowegrn dran, schnitten es ab, und
brachten solches mit Hülffe unserer getreuen Affen,
bald in grosse Hauffen. Eben dieselben mustent auch
fleißig dreschen helffen, ohngeacht aber viele Zeitver-
gieng, ehe wir die reinen Körner in Säckeund Ge-
fässe einschütten konten, so habe doch nachhero aus-
gerechnet, daß wir von dieser unserer ersten Auß-
saat ohngefähr erhalten hatten, 35. Scheffel Reiß,
10. biß 11. Scheffel Korn, 3. Scheffel Weitzen, 12
biß 14. Scheffel Gersten, und 4. Scheffel
Erbsen.

Wie groß nun dieser Seegen war, und wie sehr
wir uns vorbunden sahen, dem, der uns denselben
angedeyen lassen, schuldigen Danck abzustatten,
so konte doch meine schwermüthige Sehnsucht nach

dem

ſpielen lernen, welches mir denn in weniger Zeit
dermaſſen gluͤckte, daß ich faſt alles, was ich ſin-
gen, auch| zugleich gantz wohlſtimmig mit ſpielen
konte.

Concordia wurde uͤber dergleichen Auffuͤhrung
ziemlich verwirrt und niedergeſchlagen, allein ich
konte meine Sehnſucht unmoͤglich verbannen, viel-
weniger uͤber das Hertze bringen, derſelben meine
Gedancken zu offenbaheen, alſo lebten wir beyder-
ſeits in einem heimlichen Mißvergnuͤgen und ver-
deckten Kummer, begegneten aber dennoch einan-
der nach wie vor, mit aller ehrerbiethigen, tugend-
hafften Freundſchafft und Dienſt-gefliſſenheit, ob-
ne zu fragen, was uns beyderſeits auf dem Hertzen
laͤge.

Mittlerweile war die Erndte-Zeit heran geruͤckt
und unſer Getraͤyde vollkommen reiff worden. Wir
machten uns derowegrn dran, ſchnitten es ab, und
brachten ſolches mit Huͤlffe unſerer getreuen Affen,
bald in groſſe Hauffen. Eben dieſelben muſtent auch
fleißig dreſchen helffen, ohngeacht aber viele Zeitver-
gieng, ehe wir die reinen Koͤrner in Saͤckeund Ge-
faͤſſe einſchuͤtten konten, ſo habe doch nachhero aus-
gerechnet, daß wir von dieſer unſerer erſten Auß-
ſaat ohngefaͤhr erhalten hatten, 35. Scheffel Reiß,
10. biß 11. Scheffel Korn, 3. Scheffel Weitzen, 12
biß 14. Scheffel Gerſten, und 4. Scheffel
Erbſen.

Wie groß nun dieſer Seegen war, und wie ſehr
wir uns vorbunden ſahen, dem, der uns denſelben
angedeyen laſſen, ſchuldigen Danck abzuſtatten,
ſo konte doch meine ſchwermuͤthige Sehnſucht nach

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0264" n="250"/>
&#x017F;pielen lernen, welches mir denn in weniger Zeit<lb/>
derma&#x017F;&#x017F;en glu&#x0364;ckte, daß ich fa&#x017F;t alles, was ich &#x017F;in-<lb/>
gen, auch| zugleich gantz wohl&#x017F;timmig mit &#x017F;pielen<lb/>
konte.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Concordia</hi> wurde u&#x0364;ber dergleichen Auffu&#x0364;hrung<lb/>
ziemlich verwirrt und niederge&#x017F;chlagen, allein ich<lb/>
konte meine Sehn&#x017F;ucht unmo&#x0364;glich verbannen, viel-<lb/>
weniger u&#x0364;ber das Hertze bringen, der&#x017F;elben meine<lb/>
Gedancken zu offenbaheen, al&#x017F;o lebten wir beyder-<lb/>
&#x017F;eits in einem heimlichen Mißvergnu&#x0364;gen und ver-<lb/>
deckten Kummer, begegneten aber dennoch einan-<lb/>
der nach wie vor, mit aller ehrerbiethigen, tugend-<lb/>
hafften Freund&#x017F;chafft und Dien&#x017F;t-gefli&#x017F;&#x017F;enheit, ob-<lb/>
ne zu fragen, was uns beyder&#x017F;eits auf dem Hertzen<lb/>
la&#x0364;ge.</p><lb/>
        <p>Mittlerweile war die Erndte-Zeit heran geru&#x0364;ckt<lb/>
und un&#x017F;er Getra&#x0364;yde vollkommen reiff worden. Wir<lb/>
machten uns derowegrn dran, &#x017F;chnitten es ab, und<lb/>
brachten &#x017F;olches mit Hu&#x0364;lffe un&#x017F;erer getreuen Affen,<lb/>
bald in gro&#x017F;&#x017F;e Hauffen. Eben die&#x017F;elben mu&#x017F;tent auch<lb/>
fleißig dre&#x017F;chen helffen, ohngeacht aber viele Zeitver-<lb/>
gieng, ehe wir die reinen Ko&#x0364;rner in Sa&#x0364;ckeund Ge-<lb/>
fa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ein&#x017F;chu&#x0364;tten konten, &#x017F;o habe doch nachhero aus-<lb/>
gerechnet, daß wir von die&#x017F;er un&#x017F;erer er&#x017F;ten Auß-<lb/>
&#x017F;aat ohngefa&#x0364;hr erhalten hatten, 35. Scheffel Reiß,<lb/>
10. biß 11. Scheffel Korn, 3. Scheffel Weitzen, 12<lb/>
biß 14. Scheffel Ger&#x017F;ten, und 4. Scheffel<lb/>
Erb&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Wie groß nun die&#x017F;er Seegen war, und wie &#x017F;ehr<lb/>
wir uns vorbunden &#x017F;ahen, dem, der uns den&#x017F;elben<lb/>
angedeyen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;chuldigen Danck abzu&#x017F;tatten,<lb/>
&#x017F;o konte doch meine &#x017F;chwermu&#x0364;thige Sehn&#x017F;ucht nach<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0264] ſpielen lernen, welches mir denn in weniger Zeit dermaſſen gluͤckte, daß ich faſt alles, was ich ſin- gen, auch| zugleich gantz wohlſtimmig mit ſpielen konte. Concordia wurde uͤber dergleichen Auffuͤhrung ziemlich verwirrt und niedergeſchlagen, allein ich konte meine Sehnſucht unmoͤglich verbannen, viel- weniger uͤber das Hertze bringen, derſelben meine Gedancken zu offenbaheen, alſo lebten wir beyder- ſeits in einem heimlichen Mißvergnuͤgen und ver- deckten Kummer, begegneten aber dennoch einan- der nach wie vor, mit aller ehrerbiethigen, tugend- hafften Freundſchafft und Dienſt-gefliſſenheit, ob- ne zu fragen, was uns beyderſeits auf dem Hertzen laͤge. Mittlerweile war die Erndte-Zeit heran geruͤckt und unſer Getraͤyde vollkommen reiff worden. Wir machten uns derowegrn dran, ſchnitten es ab, und brachten ſolches mit Huͤlffe unſerer getreuen Affen, bald in groſſe Hauffen. Eben dieſelben muſtent auch fleißig dreſchen helffen, ohngeacht aber viele Zeitver- gieng, ehe wir die reinen Koͤrner in Saͤckeund Ge- faͤſſe einſchuͤtten konten, ſo habe doch nachhero aus- gerechnet, daß wir von dieſer unſerer erſten Auß- ſaat ohngefaͤhr erhalten hatten, 35. Scheffel Reiß, 10. biß 11. Scheffel Korn, 3. Scheffel Weitzen, 12 biß 14. Scheffel Gerſten, und 4. Scheffel Erbſen. Wie groß nun dieſer Seegen war, und wie ſehr wir uns vorbunden ſahen, dem, der uns denſelben angedeyen laſſen, ſchuldigen Danck abzuſtatten, ſo konte doch meine ſchwermuͤthige Sehnſucht nach dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/264
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/264>, abgerufen am 24.11.2024.