gute Worte und etliche Stüver an Gelde zu geben, auch etwa ein Glaß Wein zuzutrincken, mit der Versicherung: er würde mir sodann schon aufs neue und viel höfflicher zur Rede stehen. Jndem mir nun ein so gar vieles daran gelegen war, überwand ich meinen innerlichen Verdruß, den ich über die grausame Grobheit dieses Menschen geschöpfft hat- te, und gehorchte meinem halb betrunckenen Rath- geber.
Paul, so hieß der grobe Boots-Knecht, hatte kaum einen halben Gulden, nebst einer tüchtigen Kanne Wein und die erste Sylbe von einem guten Worte bekommen, daß er so gleich der allerhöflich- ste Klotz von der gantzen Welt zu werden schien. Er küssete meine Hand mit aller Gewalt wohl 50. mal, hatte wider die Gewohnheit dieser Leute seine Mütze stets in Händen, und wolte, alles meines Bittens ohngeacht, sein Haupt in meiner Gegenwart durch- aus nicht bedecken. Mein Begleiter tranck ihm auf meine Gesundheit fleißig zu, Paul that noch flei- siger Bescheid, erzehlete mir aber dabey alles Haar- klein, was er von des Capitain Wolffgangs Per- son, Leben und Wandel in dem innersten seines Hertzens wuste, und diese Erzehlung dauerte über zwey Stunden, worauf er sich erboth, mich so fort in des Capitains Logis zu führen, welches nahe an der Börse gelegen sey.
Allein, ich ließ mich verlauten, daß ich meine Visi- te bey demselben noch etliche Tage aufschieben, und vorhero erstlich von der Reise recht ausruhen wolte. Hierauf bezahlte noch 6. Kannen Wein, den die beyden nassen Brüder getruncken hatten, vereh-
rete
gute Worte und etliche Stuͤver an Gelde zu geben, auch etwa ein Glaß Wein zuzutrincken, mit der Verſicherung: er wuͤrde mir ſodann ſchon aufs neue und viel hoͤfflicher zur Rede ſtehen. Jndem mir nun ein ſo gar vieles daran gelegen war, uͤberwand ich meinen innerlichen Verdruß, den ich uͤber die grauſame Grobheit dieſes Menſchen geſchoͤpfft hat- te, und gehorchte meinem halb betrunckenen Rath- geber.
Paul, ſo hieß der grobe Boots-Knecht, hatte kaum einen halben Gulden, nebſt einer tuͤchtigen Kanne Wein und die erſte Sylbe von einem guten Worte bekommen, daß er ſo gleich der allerhoͤflich- ſte Klotz von der gantzen Welt zu werden ſchien. Er kuͤſſete meine Hand mit aller Gewalt wohl 50. mal, hatte wider die Gewohnheit dieſer Leute ſeine Muͤtze ſtets in Haͤnden, und wolte, alles meines Bittens ohngeacht, ſein Haupt in meiner Gegenwart durch- aus nicht bedecken. Mein Begleiter tranck ihm auf meine Geſundheit fleißig zu, Paul that noch flei- ſiger Beſcheid, erzehlete mir aber dabey alles Haar- klein, was er von des Capitain Wolffgangs Per- ſon, Leben und Wandel in dem innerſten ſeines Hertzens wuſte, und dieſe Erzehlung dauerte uͤber zwey Stunden, worauf er ſich erboth, mich ſo fort in des Capitains Logis zu fuͤhren, welches nahe an der Boͤrſe gelegen ſey.
Allein, ich ließ mich verlauten, daß ich meine Viſi- te bey demſelben noch etliche Tage aufſchieben, und vorhero erſtlich von der Reiſe recht ausruhen wolte. Hierauf bezahlte noch 6. Kannen Wein, den die beyden naſſen Bruͤder getruncken hatten, vereh-
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gute Worte und etliche Stuͤver an Gelde zu geben,
auch etwa ein Glaß Wein zuzutrincken, mit der
Verſicherung: er wuͤrde mir ſodann ſchon aufs neue
und viel hoͤfflicher zur Rede ſtehen. Jndem mir
nun ein ſo gar vieles daran gelegen war, uͤberwand
ich meinen innerlichen Verdruß, den ich uͤber die
grauſame Grobheit dieſes Menſchen geſchoͤpfft hat-
te, und gehorchte meinem halb betrunckenen Rath-
geber.
Paul, ſo hieß der grobe Boots-Knecht, hatte
kaum einen halben Gulden, nebſt einer tuͤchtigen
Kanne Wein und die erſte Sylbe von einem guten
Worte bekommen, daß er ſo gleich der allerhoͤflich-
ſte Klotz von der gantzen Welt zu werden ſchien. Er
kuͤſſete meine Hand mit aller Gewalt wohl 50. mal,
hatte wider die Gewohnheit dieſer Leute ſeine Muͤtze
ſtets in Haͤnden, und wolte, alles meines Bittens
ohngeacht, ſein Haupt in meiner Gegenwart durch-
aus nicht bedecken. Mein Begleiter tranck ihm
auf meine Geſundheit fleißig zu, Paul that noch flei-
ſiger Beſcheid, erzehlete mir aber dabey alles Haar-
klein, was er von des Capitain Wolffgangs Per-
ſon, Leben und Wandel in dem innerſten ſeines
Hertzens wuſte, und dieſe Erzehlung dauerte uͤber
zwey Stunden, worauf er ſich erboth, mich ſo fort in
des Capitains Logis zu fuͤhren, welches nahe an der
Boͤrſe gelegen ſey.
Allein, ich ließ mich verlauten, daß ich meine Viſi-
te bey demſelben noch etliche Tage aufſchieben, und
vorhero erſtlich von der Reiſe recht ausruhen wolte.
Hierauf bezahlte noch 6. Kannen Wein, den die
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/26>, abgerufen am 21.11.2024.
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