hatte die Kaufkraft der ländlichen Kreise sehr geho- ben. 1 Die ersten französischen Kriege erstreckten ihre ungünstigen Wirkungen kaum auf Preußen. Erst seit 1799 machte sich die Stockung in den norddeutschen Handelsstädten geltend. Erst nach 1806 trat im ganzen Lande die Lähmung des Verkehrs, die wirthschaftliche Erschöpfung durch die Kriege, traten die Einquartierungen, Verwüstungen, Kontributionen ein.
In diese Zeit fällt die Einführung der Gewerbe- freiheit. Sie war für Preußen und Littauen schon 1806 und 1808, für den ganzen damaligen preußischen Staat durch das Edikt vom 2. November 1810 einge- führt worden. Am linken Rheinufer verstand sie sich mit der französischen Herrschaft von selbst; für Westfalen wurde sie durch die Dekrete vom 5. August 1808 und 12. Februar 1810, für das Großherzogthum Berg durch das Dekret vom 31. März 1809 eingeführt.
Sicher ist die in Preußen eingeführte Gewerbe- freiheit eine jener unschätzbaren liberalen Konzessionen gewesen, die zusammen so segensreich gewirkt, den National- geist gehoben, die unwiderstehliche Kraft der Bevöl- kerung im Jahre 1813 erzeugt haben. Aber es wird schwer sein, nachzuweisen, welche direkte, unmittelbare Wirkung die gesetzliche Aenderung auf die wirthschaftliche Lage der Kleingewerbe gehabt habe. Manches wird sich sogleich mit der Publikation des Ediktes geändert haben; mancher Geselle wird ein eigenes Geschäft angefangen haben, mancher sich an einem passendern Orte, in dem
1 Siehe: Gülich II, 293--336; Krug I, 404 ff.
Die preußiſchen Aufnahmen.
hatte die Kaufkraft der ländlichen Kreiſe ſehr geho- ben. 1 Die erſten franzöſiſchen Kriege erſtreckten ihre ungünſtigen Wirkungen kaum auf Preußen. Erſt ſeit 1799 machte ſich die Stockung in den norddeutſchen Handelsſtädten geltend. Erſt nach 1806 trat im ganzen Lande die Lähmung des Verkehrs, die wirthſchaftliche Erſchöpfung durch die Kriege, traten die Einquartierungen, Verwüſtungen, Kontributionen ein.
In dieſe Zeit fällt die Einführung der Gewerbe- freiheit. Sie war für Preußen und Littauen ſchon 1806 und 1808, für den ganzen damaligen preußiſchen Staat durch das Edikt vom 2. November 1810 einge- führt worden. Am linken Rheinufer verſtand ſie ſich mit der franzöſiſchen Herrſchaft von ſelbſt; für Weſtfalen wurde ſie durch die Dekrete vom 5. Auguſt 1808 und 12. Februar 1810, für das Großherzogthum Berg durch das Dekret vom 31. März 1809 eingeführt.
Sicher iſt die in Preußen eingeführte Gewerbe- freiheit eine jener unſchätzbaren liberalen Konzeſſionen geweſen, die zuſammen ſo ſegensreich gewirkt, den National- geiſt gehoben, die unwiderſtehliche Kraft der Bevöl- kerung im Jahre 1813 erzeugt haben. Aber es wird ſchwer ſein, nachzuweiſen, welche direkte, unmittelbare Wirkung die geſetzliche Aenderung auf die wirthſchaftliche Lage der Kleingewerbe gehabt habe. Manches wird ſich ſogleich mit der Publikation des Ediktes geändert haben; mancher Geſelle wird ein eigenes Geſchäft angefangen haben, mancher ſich an einem paſſendern Orte, in dem
1 Siehe: Gülich II, 293—336; Krug I, 404 ff.
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Die preußiſchen Aufnahmen.
hatte die Kaufkraft der ländlichen Kreiſe ſehr geho-
ben. 1 Die erſten franzöſiſchen Kriege erſtreckten ihre
ungünſtigen Wirkungen kaum auf Preußen. Erſt ſeit
1799 machte ſich die Stockung in den norddeutſchen
Handelsſtädten geltend. Erſt nach 1806 trat im ganzen
Lande die Lähmung des Verkehrs, die wirthſchaftliche
Erſchöpfung durch die Kriege, traten die Einquartierungen,
Verwüſtungen, Kontributionen ein.
In dieſe Zeit fällt die Einführung der Gewerbe-
freiheit. Sie war für Preußen und Littauen ſchon 1806
und 1808, für den ganzen damaligen preußiſchen
Staat durch das Edikt vom 2. November 1810 einge-
führt worden. Am linken Rheinufer verſtand ſie ſich
mit der franzöſiſchen Herrſchaft von ſelbſt; für Weſtfalen
wurde ſie durch die Dekrete vom 5. Auguſt 1808 und
12. Februar 1810, für das Großherzogthum Berg durch
das Dekret vom 31. März 1809 eingeführt.
Sicher iſt die in Preußen eingeführte Gewerbe-
freiheit eine jener unſchätzbaren liberalen Konzeſſionen
geweſen, die zuſammen ſo ſegensreich gewirkt, den National-
geiſt gehoben, die unwiderſtehliche Kraft der Bevöl-
kerung im Jahre 1813 erzeugt haben. Aber es wird
ſchwer ſein, nachzuweiſen, welche direkte, unmittelbare
Wirkung die geſetzliche Aenderung auf die wirthſchaftliche
Lage der Kleingewerbe gehabt habe. Manches wird ſich
ſogleich mit der Publikation des Ediktes geändert haben;
mancher Geſelle wird ein eigenes Geſchäft angefangen
haben, mancher ſich an einem paſſendern Orte, in dem
1 Siehe: Gülich II, 293—336; Krug I, 404 ff.
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/72>, abgerufen am 27.11.2024.
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