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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Parallele zwischen Verdienst und Besitz.
zeigt in dieser Beziehung mancherlei widersprechende
Thatsachen. Ich wiederhole dabei nicht, was ich eben
vom Handwerk und den Hausindustrien sagte.

Der Lohn der ländlichen Tagelöhner und Fabrik-
arbeiter ist bis in die fünfziger Jahre in Deutsch-
land überhaupt kaum gestiegen, von da an wohl nicht
mehr, als die Lebensbedürfnisse theurer wurden, keinen-
falls aber in dem Maße, als das Einkommen anderer
Klassen stieg. Selbst in neuerer Zeit ist er nicht überall
gestiegen. Das Steigen hängt ab von der Bevölkerungs-
bewegung, diese von der ganzen sittlichen und wirthschaft-
lichen Lebenshaltung der untern Klassen. So wie die
Dinge -- mit rühmenswerthen Ausnahmen -- liegen, ist
aber eben die Stellung, die äußere Lage der Lohn- und
Fabrikarbeiter dem geistigen und wirthschaftlichen Fort-
schritt der Betreffenden so wenig, so sehr viel weniger
günstig, als ein eigenes Geschäft; jenes leichtsinnige Leben
in den Tag hinein, wodurch selbst bei hohem Lohn die
ganze Klasse der Arbeiter sinkt, ist leicht Folge der Verhält-
nisse, nicht Folge der Personen, und kann also den Betreffen-
den nicht rein als ihre Schuld angerechnet werden.

Unser kleiner Bauernstand ist vorwärts gekommen,
vielfach wohlhabend ja reich geworden, -- aber mehr
durch andere Verhältnisse und Einwirkungen als durch
sich selbst. Die Separationen, die Gemeinheitstheilungen
und die Ablösungen, also vor Allem staatliche Thätigkeit
und staatliche Eingriffe haben ihn wohlhabend und land-
wirthschaftlichen Fortschritten zugänglich gemacht.

In Bezug auf den höhern Gewerbestand läßt sich
nicht leugnen, daß sehr viele unserer heutigen wohl-

Schmoller, Geschichte d. Kleingewerbe. 43

Die Parallele zwiſchen Verdienſt und Beſitz.
zeigt in dieſer Beziehung mancherlei widerſprechende
Thatſachen. Ich wiederhole dabei nicht, was ich eben
vom Handwerk und den Hausinduſtrien ſagte.

Der Lohn der ländlichen Tagelöhner und Fabrik-
arbeiter iſt bis in die fünfziger Jahre in Deutſch-
land überhaupt kaum geſtiegen, von da an wohl nicht
mehr, als die Lebensbedürfniſſe theurer wurden, keinen-
falls aber in dem Maße, als das Einkommen anderer
Klaſſen ſtieg. Selbſt in neuerer Zeit iſt er nicht überall
geſtiegen. Das Steigen hängt ab von der Bevölkerungs-
bewegung, dieſe von der ganzen ſittlichen und wirthſchaft-
lichen Lebenshaltung der untern Klaſſen. So wie die
Dinge — mit rühmenswerthen Ausnahmen — liegen, iſt
aber eben die Stellung, die äußere Lage der Lohn- und
Fabrikarbeiter dem geiſtigen und wirthſchaftlichen Fort-
ſchritt der Betreffenden ſo wenig, ſo ſehr viel weniger
günſtig, als ein eigenes Geſchäft; jenes leichtſinnige Leben
in den Tag hinein, wodurch ſelbſt bei hohem Lohn die
ganze Klaſſe der Arbeiter ſinkt, iſt leicht Folge der Verhält-
niſſe, nicht Folge der Perſonen, und kann alſo den Betreffen-
den nicht rein als ihre Schuld angerechnet werden.

Unſer kleiner Bauernſtand iſt vorwärts gekommen,
vielfach wohlhabend ja reich geworden, — aber mehr
durch andere Verhältniſſe und Einwirkungen als durch
ſich ſelbſt. Die Separationen, die Gemeinheitstheilungen
und die Ablöſungen, alſo vor Allem ſtaatliche Thätigkeit
und ſtaatliche Eingriffe haben ihn wohlhabend und land-
wirthſchaftlichen Fortſchritten zugänglich gemacht.

In Bezug auf den höhern Gewerbeſtand läßt ſich
nicht leugnen, daß ſehr viele unſerer heutigen wohl-

Schmoller, Geſchichte d. Kleingewerbe. 43
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[673/0695] Die Parallele zwiſchen Verdienſt und Beſitz. zeigt in dieſer Beziehung mancherlei widerſprechende Thatſachen. Ich wiederhole dabei nicht, was ich eben vom Handwerk und den Hausinduſtrien ſagte. Der Lohn der ländlichen Tagelöhner und Fabrik- arbeiter iſt bis in die fünfziger Jahre in Deutſch- land überhaupt kaum geſtiegen, von da an wohl nicht mehr, als die Lebensbedürfniſſe theurer wurden, keinen- falls aber in dem Maße, als das Einkommen anderer Klaſſen ſtieg. Selbſt in neuerer Zeit iſt er nicht überall geſtiegen. Das Steigen hängt ab von der Bevölkerungs- bewegung, dieſe von der ganzen ſittlichen und wirthſchaft- lichen Lebenshaltung der untern Klaſſen. So wie die Dinge — mit rühmenswerthen Ausnahmen — liegen, iſt aber eben die Stellung, die äußere Lage der Lohn- und Fabrikarbeiter dem geiſtigen und wirthſchaftlichen Fort- ſchritt der Betreffenden ſo wenig, ſo ſehr viel weniger günſtig, als ein eigenes Geſchäft; jenes leichtſinnige Leben in den Tag hinein, wodurch ſelbſt bei hohem Lohn die ganze Klaſſe der Arbeiter ſinkt, iſt leicht Folge der Verhält- niſſe, nicht Folge der Perſonen, und kann alſo den Betreffen- den nicht rein als ihre Schuld angerechnet werden. Unſer kleiner Bauernſtand iſt vorwärts gekommen, vielfach wohlhabend ja reich geworden, — aber mehr durch andere Verhältniſſe und Einwirkungen als durch ſich ſelbſt. Die Separationen, die Gemeinheitstheilungen und die Ablöſungen, alſo vor Allem ſtaatliche Thätigkeit und ſtaatliche Eingriffe haben ihn wohlhabend und land- wirthſchaftlichen Fortſchritten zugänglich gemacht. In Bezug auf den höhern Gewerbeſtand läßt ſich nicht leugnen, daß ſehr viele unſerer heutigen wohl- Schmoller, Geſchichte d. Kleingewerbe. 43

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/695>, abgerufen am 22.11.2024.