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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Schluß und Resultate.
Unmöglichkeit, sie nach ihrem Kapitalbesitz anzuwenden.
Das hauptsächlich erzeugt den Mißmuth und die dumpfe
Unzufriedenheit der Meister, wie der vollends zum Lohn-
und Fabrikarbeiter Herabgedrückten. Sie verarmen ohne
oder ohne entsprechende Schuld, während sie auf der
andern Seite sich Vermögen bilden, einen übermüthigen
materialistischen Luxus entstehen sehen, ohne oder schein-
bar ohne persönliches Verdienst.

Das Volksbewußtsein wird jede bestehende Un-
gleichheit des Vermögens und Einkommens als erträg-
lich ansehen, welche wenigstens ungefähr den persönlichen
Eigenschaften, dem sittlichen und geistigen Verdienst der
Betreffenden, der gesellschaftlichen Klasse entspricht.
Ich sage -- ungefähr. Denn ganz wird und kann das
nie der Fall sein. Die bestehende Vermögensvertheilung
geht theilweise immer zurück auf Jahrhunderte alte Ge-
walt, auf Zufälle mancher Art, auf Gesetze und Ereig-
nisse, die nicht wirthschaftlicher Natur sind. Aber im
Ganzen wird doch im gewöhnlichen Laufe der Dinge der
Tüchtige erwerben, der Untüchtige verarmen. Auf diesen
nur unklar gefaßten sittlichen Gedanken gründet sich ja
auch die in ihrer Uebertreibung freilich nicht mehr wahre
Behauptung: aller Werth entspreche der Arbeit. Wenn
dem immer so wäre, so gäbe es keine schwierigen
sozialen Probleme. Sie entstehen eben, wenn übermächtige
große Ereignisse politischer, rechtlicher, volkswirthschaft-
licher und technischer Natur die Harmonie zwischen Besitz
und Einkommen einerseits und dem persönlichen Verdienst
andererseits entweder völlig aufheben oder wenigstens
mehr oder weniger trüben und verdecken. Unsere Zeit

Schluß und Reſultate.
Unmöglichkeit, ſie nach ihrem Kapitalbeſitz anzuwenden.
Das hauptſächlich erzeugt den Mißmuth und die dumpfe
Unzufriedenheit der Meiſter, wie der vollends zum Lohn-
und Fabrikarbeiter Herabgedrückten. Sie verarmen ohne
oder ohne entſprechende Schuld, während ſie auf der
andern Seite ſich Vermögen bilden, einen übermüthigen
materialiſtiſchen Luxus entſtehen ſehen, ohne oder ſchein-
bar ohne perſönliches Verdienſt.

Das Volksbewußtſein wird jede beſtehende Un-
gleichheit des Vermögens und Einkommens als erträg-
lich anſehen, welche wenigſtens ungefähr den perſönlichen
Eigenſchaften, dem ſittlichen und geiſtigen Verdienſt der
Betreffenden, der geſellſchaftlichen Klaſſe entſpricht.
Ich ſage — ungefähr. Denn ganz wird und kann das
nie der Fall ſein. Die beſtehende Vermögensvertheilung
geht theilweiſe immer zurück auf Jahrhunderte alte Ge-
walt, auf Zufälle mancher Art, auf Geſetze und Ereig-
niſſe, die nicht wirthſchaftlicher Natur ſind. Aber im
Ganzen wird doch im gewöhnlichen Laufe der Dinge der
Tüchtige erwerben, der Untüchtige verarmen. Auf dieſen
nur unklar gefaßten ſittlichen Gedanken gründet ſich ja
auch die in ihrer Uebertreibung freilich nicht mehr wahre
Behauptung: aller Werth entſpreche der Arbeit. Wenn
dem immer ſo wäre, ſo gäbe es keine ſchwierigen
ſozialen Probleme. Sie entſtehen eben, wenn übermächtige
große Ereigniſſe politiſcher, rechtlicher, volkswirthſchaft-
licher und techniſcher Natur die Harmonie zwiſchen Beſitz
und Einkommen einerſeits und dem perſönlichen Verdienſt
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[672/0694] Schluß und Reſultate. Unmöglichkeit, ſie nach ihrem Kapitalbeſitz anzuwenden. Das hauptſächlich erzeugt den Mißmuth und die dumpfe Unzufriedenheit der Meiſter, wie der vollends zum Lohn- und Fabrikarbeiter Herabgedrückten. Sie verarmen ohne oder ohne entſprechende Schuld, während ſie auf der andern Seite ſich Vermögen bilden, einen übermüthigen materialiſtiſchen Luxus entſtehen ſehen, ohne oder ſchein- bar ohne perſönliches Verdienſt. Das Volksbewußtſein wird jede beſtehende Un- gleichheit des Vermögens und Einkommens als erträg- lich anſehen, welche wenigſtens ungefähr den perſönlichen Eigenſchaften, dem ſittlichen und geiſtigen Verdienſt der Betreffenden, der geſellſchaftlichen Klaſſe entſpricht. Ich ſage — ungefähr. Denn ganz wird und kann das nie der Fall ſein. Die beſtehende Vermögensvertheilung geht theilweiſe immer zurück auf Jahrhunderte alte Ge- walt, auf Zufälle mancher Art, auf Geſetze und Ereig- niſſe, die nicht wirthſchaftlicher Natur ſind. Aber im Ganzen wird doch im gewöhnlichen Laufe der Dinge der Tüchtige erwerben, der Untüchtige verarmen. Auf dieſen nur unklar gefaßten ſittlichen Gedanken gründet ſich ja auch die in ihrer Uebertreibung freilich nicht mehr wahre Behauptung: aller Werth entſpreche der Arbeit. Wenn dem immer ſo wäre, ſo gäbe es keine ſchwierigen ſozialen Probleme. Sie entſtehen eben, wenn übermächtige große Ereigniſſe politiſcher, rechtlicher, volkswirthſchaft- licher und techniſcher Natur die Harmonie zwiſchen Beſitz und Einkommen einerſeits und dem perſönlichen Verdienſt andererſeits entweder völlig aufheben oder wenigſtens mehr oder weniger trüben und verdecken. Unſere Zeit

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 672. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/694>, abgerufen am 22.11.2024.