Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. wovon 6851 in Thätigkeit waren. Der östreichischeAusstellungsbericht beginnt zwar seine Betrachtungen über die Spitzenmanufaktur mit den Worten: "die Pariser Universalausstellung vom Jahre 1867 fällt in die Zeit, wo die Handspitze über die Maschinenspitze nach einem längern Kampfe den Sieg davon trug und die Ausstellung selbst brachte diesen Sieg erst zur allge- meinen Anschauung; sie wird daher in der Geschichte der Spitzenarbeit fortan als ein wichtiger Wendepunkt merkwürdig bleiben. Die durch Nadel und Klöppel erzeugten Handspitzen erlangten diesen Sieg über die Maschinenspitzen zumeist durch die schöne und geschmack- volle Herstellung der Zeichnung oder der Musterung, also durch die sorgsame Pflege des künstlerischen An- theiles." Das ist aber gerade für die deutschen Bezirke, welche bisher mehr einfache und billige Produkte liefer- ten, kein Trost. Die belgische und französische Spitzen- manufaktur erster Qualität wird bei der Handarbeit bleiben, die deutsche wird der Maschine in dem Maße erliegen, als man versäumt, auf bessere Qualitäten überzugehen; die Handarbeit wird sich nur da behaupten, wo bei höherem Lohn und besseren sozialen Verhältnissen die Stickerinnen nicht nach Bildung und Herkommen auf die traurige Konkurrenz mit den einfachern Maschinen- produkten angewiesen sind. Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. wovon 6851 in Thätigkeit waren. Der öſtreichiſcheAusſtellungsbericht beginnt zwar ſeine Betrachtungen über die Spitzenmanufaktur mit den Worten: „die Pariſer Univerſalausſtellung vom Jahre 1867 fällt in die Zeit, wo die Handſpitze über die Maſchinenſpitze nach einem längern Kampfe den Sieg davon trug und die Ausſtellung ſelbſt brachte dieſen Sieg erſt zur allge- meinen Anſchauung; ſie wird daher in der Geſchichte der Spitzenarbeit fortan als ein wichtiger Wendepunkt merkwürdig bleiben. Die durch Nadel und Klöppel erzeugten Handſpitzen erlangten dieſen Sieg über die Maſchinenſpitzen zumeiſt durch die ſchöne und geſchmack- volle Herſtellung der Zeichnung oder der Muſterung, alſo durch die ſorgſame Pflege des künſtleriſchen An- theiles.“ Das iſt aber gerade für die deutſchen Bezirke, welche bisher mehr einfache und billige Produkte liefer- ten, kein Troſt. Die belgiſche und franzöſiſche Spitzen- manufaktur erſter Qualität wird bei der Handarbeit bleiben, die deutſche wird der Maſchine in dem Maße erliegen, als man verſäumt, auf beſſere Qualitäten überzugehen; die Handarbeit wird ſich nur da behaupten, wo bei höherem Lohn und beſſeren ſozialen Verhältniſſen die Stickerinnen nicht nach Bildung und Herkommen auf die traurige Konkurrenz mit den einfachern Maſchinen- produkten angewieſen ſind. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0674" n="652"/><fw place="top" type="header">Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.</fw><lb/> wovon 6851 in Thätigkeit waren. Der öſtreichiſche<lb/> Ausſtellungsbericht beginnt zwar ſeine Betrachtungen<lb/> über die Spitzenmanufaktur mit den Worten: „die<lb/> Pariſer Univerſalausſtellung vom Jahre 1867 fällt in<lb/> die Zeit, wo die Handſpitze über die Maſchinenſpitze<lb/> nach einem längern Kampfe den Sieg davon trug und<lb/> die Ausſtellung ſelbſt brachte dieſen Sieg erſt zur allge-<lb/> meinen Anſchauung; ſie wird daher in der Geſchichte<lb/> der Spitzenarbeit fortan als ein wichtiger Wendepunkt<lb/> merkwürdig bleiben. Die durch Nadel und Klöppel<lb/> erzeugten Handſpitzen erlangten dieſen Sieg über die<lb/> Maſchinenſpitzen zumeiſt durch die ſchöne und geſchmack-<lb/> volle Herſtellung der Zeichnung oder der Muſterung,<lb/> alſo durch die ſorgſame Pflege des künſtleriſchen An-<lb/> theiles.“ Das iſt aber gerade für die deutſchen Bezirke,<lb/> welche bisher mehr einfache und billige Produkte liefer-<lb/> ten, kein Troſt. Die belgiſche und franzöſiſche Spitzen-<lb/> manufaktur erſter Qualität wird bei der Handarbeit<lb/> bleiben, die deutſche wird der Maſchine in dem Maße<lb/> erliegen, als man verſäumt, auf beſſere Qualitäten<lb/> überzugehen; die Handarbeit wird ſich nur da behaupten,<lb/> wo bei höherem Lohn und beſſeren ſozialen Verhältniſſen<lb/> die Stickerinnen nicht nach Bildung und Herkommen auf<lb/> die traurige Konkurrenz mit den einfachern Maſchinen-<lb/> produkten angewieſen ſind.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [652/0674]
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
wovon 6851 in Thätigkeit waren. Der öſtreichiſche
Ausſtellungsbericht beginnt zwar ſeine Betrachtungen
über die Spitzenmanufaktur mit den Worten: „die
Pariſer Univerſalausſtellung vom Jahre 1867 fällt in
die Zeit, wo die Handſpitze über die Maſchinenſpitze
nach einem längern Kampfe den Sieg davon trug und
die Ausſtellung ſelbſt brachte dieſen Sieg erſt zur allge-
meinen Anſchauung; ſie wird daher in der Geſchichte
der Spitzenarbeit fortan als ein wichtiger Wendepunkt
merkwürdig bleiben. Die durch Nadel und Klöppel
erzeugten Handſpitzen erlangten dieſen Sieg über die
Maſchinenſpitzen zumeiſt durch die ſchöne und geſchmack-
volle Herſtellung der Zeichnung oder der Muſterung,
alſo durch die ſorgſame Pflege des künſtleriſchen An-
theiles.“ Das iſt aber gerade für die deutſchen Bezirke,
welche bisher mehr einfache und billige Produkte liefer-
ten, kein Troſt. Die belgiſche und franzöſiſche Spitzen-
manufaktur erſter Qualität wird bei der Handarbeit
bleiben, die deutſche wird der Maſchine in dem Maße
erliegen, als man verſäumt, auf beſſere Qualitäten
überzugehen; die Handarbeit wird ſich nur da behaupten,
wo bei höherem Lohn und beſſeren ſozialen Verhältniſſen
die Stickerinnen nicht nach Bildung und Herkommen auf
die traurige Konkurrenz mit den einfachern Maſchinen-
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