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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Kravattenmacherei und die Strohhutmanufaktur.

Unter den Gewerben, welche sich mit der Bedeckung
des Kopfes beschäftigen, war die Strohhutmanufaktur
niemals eigentlich ein lokales Gewerbe; ursprünglich in
Toskana zu Hause, kam sie als Hausindustrie nach der
Schweiz, nach dem Schwarzwalde, dann auch nach Sachsen,
Schlesien, in's Eichsfeld und so ist die Strohhutfabri-
kation und Strohflechterei heute noch mehr eine Neben-
beschäftigung in ländlichen Kreisen, hat durch besondere
Schulen eingeführt theilweise das Spinnen und Weben
ersetzt. Die aufgenommenen Zahlen von Arbeitern sind
daher auch wenig zuverlässig; man zählte in Preußen
1861 auf 99 Fabriken 964 männliche und 1245 weib-
liche Arbeiter, im Zollverein auf 496 Fabriken (Baden
allein 239, wobei wohl die Faktore mitgerechnet
sind) mit 2068 männlichen und 3850 weiblichen
Arbeitern.

Dagegen war die Anfertigung von Filzhüten, sowie
von Seidenhüten, früher Sache lokaler Handwerker;
hierin ist ein großer Umschwung eingetreten; der leichte
Verkehr und die Herrschaft der Mode nicht bloß, son-
dern auch eine ganz veränderte Technik begünstigte den
Uebergang zu einigen wenigen großen Fabriken. Die
Enthaarung der Felle und Zurichtung der Haare für
die Hutmacherei ist anderwärts schon ein eigenes Gewerbe
geworden; sie ist in Deutschland meist noch mit der Hut-
macherei verbunden, doch existiren auch schon einige größere
Etablissements in Hanau, Darmstadt, Offenbach und
Berlin. Auch die früher mit der Hutmacherei ver-
bundene Anfertigung von Filzschuhen und anderen Filz-
waaren hat sich zu besondern größern Geschäften abge-

Die Kravattenmacherei und die Strohhutmanufaktur.

Unter den Gewerben, welche ſich mit der Bedeckung
des Kopfes beſchäftigen, war die Strohhutmanufaktur
niemals eigentlich ein lokales Gewerbe; urſprünglich in
Toskana zu Hauſe, kam ſie als Hausinduſtrie nach der
Schweiz, nach dem Schwarzwalde, dann auch nach Sachſen,
Schleſien, in’s Eichsfeld und ſo iſt die Strohhutfabri-
kation und Strohflechterei heute noch mehr eine Neben-
beſchäftigung in ländlichen Kreiſen, hat durch beſondere
Schulen eingeführt theilweiſe das Spinnen und Weben
erſetzt. Die aufgenommenen Zahlen von Arbeitern ſind
daher auch wenig zuverläſſig; man zählte in Preußen
1861 auf 99 Fabriken 964 männliche und 1245 weib-
liche Arbeiter, im Zollverein auf 496 Fabriken (Baden
allein 239, wobei wohl die Faktore mitgerechnet
ſind) mit 2068 männlichen und 3850 weiblichen
Arbeitern.

Dagegen war die Anfertigung von Filzhüten, ſowie
von Seidenhüten, früher Sache lokaler Handwerker;
hierin iſt ein großer Umſchwung eingetreten; der leichte
Verkehr und die Herrſchaft der Mode nicht bloß, ſon-
dern auch eine ganz veränderte Technik begünſtigte den
Uebergang zu einigen wenigen großen Fabriken. Die
Enthaarung der Felle und Zurichtung der Haare für
die Hutmacherei iſt anderwärts ſchon ein eigenes Gewerbe
geworden; ſie iſt in Deutſchland meiſt noch mit der Hut-
macherei verbunden, doch exiſtiren auch ſchon einige größere
Etabliſſements in Hanau, Darmſtadt, Offenbach und
Berlin. Auch die früher mit der Hutmacherei ver-
bundene Anfertigung von Filzſchuhen und anderen Filz-
waaren hat ſich zu beſondern größern Geſchäften abge-

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[637/0659] Die Kravattenmacherei und die Strohhutmanufaktur. Unter den Gewerben, welche ſich mit der Bedeckung des Kopfes beſchäftigen, war die Strohhutmanufaktur niemals eigentlich ein lokales Gewerbe; urſprünglich in Toskana zu Hauſe, kam ſie als Hausinduſtrie nach der Schweiz, nach dem Schwarzwalde, dann auch nach Sachſen, Schleſien, in’s Eichsfeld und ſo iſt die Strohhutfabri- kation und Strohflechterei heute noch mehr eine Neben- beſchäftigung in ländlichen Kreiſen, hat durch beſondere Schulen eingeführt theilweiſe das Spinnen und Weben erſetzt. Die aufgenommenen Zahlen von Arbeitern ſind daher auch wenig zuverläſſig; man zählte in Preußen 1861 auf 99 Fabriken 964 männliche und 1245 weib- liche Arbeiter, im Zollverein auf 496 Fabriken (Baden allein 239, wobei wohl die Faktore mitgerechnet ſind) mit 2068 männlichen und 3850 weiblichen Arbeitern. Dagegen war die Anfertigung von Filzhüten, ſowie von Seidenhüten, früher Sache lokaler Handwerker; hierin iſt ein großer Umſchwung eingetreten; der leichte Verkehr und die Herrſchaft der Mode nicht bloß, ſon- dern auch eine ganz veränderte Technik begünſtigte den Uebergang zu einigen wenigen großen Fabriken. Die Enthaarung der Felle und Zurichtung der Haare für die Hutmacherei iſt anderwärts ſchon ein eigenes Gewerbe geworden; ſie iſt in Deutſchland meiſt noch mit der Hut- macherei verbunden, doch exiſtiren auch ſchon einige größere Etabliſſements in Hanau, Darmſtadt, Offenbach und Berlin. Auch die früher mit der Hutmacherei ver- bundene Anfertigung von Filzſchuhen und anderen Filz- waaren hat ſich zu beſondern größern Geſchäften abge-

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/659>, abgerufen am 22.11.2024.