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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
heit, die vollkommene Gleichheit, das gefällige Aussehen
des englischen Maschinengewebes gewannen mehr und
mehr Beifall. Für den Weltmarkt werden hauptsächlich
solche Gewebe gewünscht. Man erkannte den Vortheil
der englischen mechanischen Webereien, welcher darin
liegt, je nach den Konjunkturen die Produktion zu
steigern oder zu mindern, ohne eine ganze große Weber-
bevölkerung zeitweise heranzuziehen und wieder in Un-
thätigkeit zu versetzen.

Dennoch war es lange fraglich, ob der deutsche
Fabrikant nicht noch immer billiger produzire, wenn er
die Noth des armen Handwebers ausnutze, statt sich
theure Maschinen anzuschaffen. Die Zahl der Maschinen-
stühle war 1858 noch verschwindend, 1861 ist sie etwas
gewachsen, dann erst stieg sie rasch; 1867 wurde sie
auf 1800 im Zollverein geschätzt; in Frankreich dagegen
sollen schon 4000, in Belgien 3000 Maschinenstühle
gehen, in England zählte man 20000.1

Man ging in Westfalen, in Schlesien und andern
deutschen Gegenden zur Maschinenweberei über, als end-
lich mit der großen Nachfrage nach Arbeitern von 1862
an die Handweber anfingen, massenweis zu einfacher
Tagelohnarbeit überzugehen.2 Es kann sich jetzt die Hand-

1 Oestr. Ausstellungsbericht Band IV, S. 50.
2 Preußische Handelskammerberichte pro 1865, S. 144
Abnahme in Bielefeld; S. 258 in Gladbach; S. 325: in Hirsch-
berg wollen frühere Leineweber selbst gegen eine Erhöhung der
Löhne um 25 % nicht mehr zu der alten Beschäftigung zurück-
kehren; S. 633: im Eichsfelde sogar wird die mechanische Weberei
wegen Mangel an Arbeitskräften nothwendig.

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
heit, die vollkommene Gleichheit, das gefällige Ausſehen
des engliſchen Maſchinengewebes gewannen mehr und
mehr Beifall. Für den Weltmarkt werden hauptſächlich
ſolche Gewebe gewünſcht. Man erkannte den Vortheil
der engliſchen mechaniſchen Webereien, welcher darin
liegt, je nach den Konjunkturen die Produktion zu
ſteigern oder zu mindern, ohne eine ganze große Weber-
bevölkerung zeitweiſe heranzuziehen und wieder in Un-
thätigkeit zu verſetzen.

Dennoch war es lange fraglich, ob der deutſche
Fabrikant nicht noch immer billiger produzire, wenn er
die Noth des armen Handwebers ausnutze, ſtatt ſich
theure Maſchinen anzuſchaffen. Die Zahl der Maſchinen-
ſtühle war 1858 noch verſchwindend, 1861 iſt ſie etwas
gewachſen, dann erſt ſtieg ſie raſch; 1867 wurde ſie
auf 1800 im Zollverein geſchätzt; in Frankreich dagegen
ſollen ſchon 4000, in Belgien 3000 Maſchinenſtühle
gehen, in England zählte man 20000.1

Man ging in Weſtfalen, in Schleſien und andern
deutſchen Gegenden zur Maſchinenweberei über, als end-
lich mit der großen Nachfrage nach Arbeitern von 1862
an die Handweber anfingen, maſſenweis zu einfacher
Tagelohnarbeit überzugehen.2 Es kann ſich jetzt die Hand-

1 Oeſtr. Ausſtellungsbericht Band IV, S. 50.
2 Preußiſche Handelskammerberichte pro 1865, S. 144
Abnahme in Bielefeld; S. 258 in Gladbach; S. 325: in Hirſch-
berg wollen frühere Leineweber ſelbſt gegen eine Erhöhung der
Löhne um 25 % nicht mehr zu der alten Beſchäftigung zurück-
kehren; S. 633: im Eichsfelde ſogar wird die mechaniſche Weberei
wegen Mangel an Arbeitskräften nothwendig.
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[558/0580] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. heit, die vollkommene Gleichheit, das gefällige Ausſehen des engliſchen Maſchinengewebes gewannen mehr und mehr Beifall. Für den Weltmarkt werden hauptſächlich ſolche Gewebe gewünſcht. Man erkannte den Vortheil der engliſchen mechaniſchen Webereien, welcher darin liegt, je nach den Konjunkturen die Produktion zu ſteigern oder zu mindern, ohne eine ganze große Weber- bevölkerung zeitweiſe heranzuziehen und wieder in Un- thätigkeit zu verſetzen. Dennoch war es lange fraglich, ob der deutſche Fabrikant nicht noch immer billiger produzire, wenn er die Noth des armen Handwebers ausnutze, ſtatt ſich theure Maſchinen anzuſchaffen. Die Zahl der Maſchinen- ſtühle war 1858 noch verſchwindend, 1861 iſt ſie etwas gewachſen, dann erſt ſtieg ſie raſch; 1867 wurde ſie auf 1800 im Zollverein geſchätzt; in Frankreich dagegen ſollen ſchon 4000, in Belgien 3000 Maſchinenſtühle gehen, in England zählte man 20000. 1 Man ging in Weſtfalen, in Schleſien und andern deutſchen Gegenden zur Maſchinenweberei über, als end- lich mit der großen Nachfrage nach Arbeitern von 1862 an die Handweber anfingen, maſſenweis zu einfacher Tagelohnarbeit überzugehen. 2 Es kann ſich jetzt die Hand- 1 Oeſtr. Ausſtellungsbericht Band IV, S. 50. 2 Preußiſche Handelskammerberichte pro 1865, S. 144 Abnahme in Bielefeld; S. 258 in Gladbach; S. 325: in Hirſch- berg wollen frühere Leineweber ſelbſt gegen eine Erhöhung der Löhne um 25 % nicht mehr zu der alten Beſchäftigung zurück- kehren; S. 633: im Eichsfelde ſogar wird die mechaniſche Weberei wegen Mangel an Arbeitskräften nothwendig.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 558. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/580>, abgerufen am 22.11.2024.