preußischen Staate von 5,8 Mill. Thlr. Wollwaaren und einen Export von 1 Mill. Thlr. annimmt, wird die Gesammtproduktion von Krug für 1802 auf 13 Mill. berechnet, wovon über 7 Mill. ausgeführt wurden (neben einer Einfuhr von etwa 2 Mill.).1
Die Seiden- und Baumwollenweberei arbeitete mehr für den innern Bedarf, war aber in einzelnen Gegenden auch schon ziemlich bedeutend. Erstere am Rhein und in Berlin, letztere besonders im sächsischen Voigtlande, wohin schweizer Spinner und Weber diese Industrie schon im 17. Jahrhundert gebracht hatten. Auch die Erzgebirgische Spitzen- und Strumpffabrikation existirte schon als blühende Hausindustrie mit einem nicht unbeträchtlichen Absatz nach außen.
Die Organisation der Weberei war fast überall dieselbe, wie die staatliche Beaufsichtigung durch Regle- ments und Schauämter. Die Weber waren besonders in der Linnen- und Strumpfwaarenindustrie fast durch- aus selbständige Unternehmer, häufig zugleich kleine Haus- und Grundbesitzer, Eigenthümer der Webstühle; die wohlhabendern beschäftigten ein oder ein paar Ge- hülfen. Sie verkauften meist direkt, d. h. ohne die Zwischenhand eines Factors, eines Kommissionärs, in der Regel auf besondern Märkten an die Kaufleute, welche die Waare bleichen, färben und zurichten ließen, dieselbe in den Welthandel brachten. Die Kaufleute waren selbst zu einem großen Theil wohlhabend gewor- dene Weber. Sie erhielten die Aufträge auf die bestimmt
1 Dieterici, Volkswohlstand S. 20--21.
Die große Weberei des 18. Jahrhunderts.
preußiſchen Staate von 5,8 Mill. Thlr. Wollwaaren und einen Export von 1 Mill. Thlr. annimmt, wird die Geſammtproduktion von Krug für 1802 auf 13 Mill. berechnet, wovon über 7 Mill. ausgeführt wurden (neben einer Einfuhr von etwa 2 Mill.).1
Die Seiden- und Baumwollenweberei arbeitete mehr für den innern Bedarf, war aber in einzelnen Gegenden auch ſchon ziemlich bedeutend. Erſtere am Rhein und in Berlin, letztere beſonders im ſächſiſchen Voigtlande, wohin ſchweizer Spinner und Weber dieſe Induſtrie ſchon im 17. Jahrhundert gebracht hatten. Auch die Erzgebirgiſche Spitzen- und Strumpffabrikation exiſtirte ſchon als blühende Hausinduſtrie mit einem nicht unbeträchtlichen Abſatz nach außen.
Die Organiſation der Weberei war faſt überall dieſelbe, wie die ſtaatliche Beaufſichtigung durch Regle- ments und Schauämter. Die Weber waren beſonders in der Linnen- und Strumpfwaareninduſtrie faſt durch- aus ſelbſtändige Unternehmer, häufig zugleich kleine Haus- und Grundbeſitzer, Eigenthümer der Webſtühle; die wohlhabendern beſchäftigten ein oder ein paar Ge- hülfen. Sie verkauften meiſt direkt, d. h. ohne die Zwiſchenhand eines Factors, eines Kommiſſionärs, in der Regel auf beſondern Märkten an die Kaufleute, welche die Waare bleichen, färben und zurichten ließen, dieſelbe in den Welthandel brachten. Die Kaufleute waren ſelbſt zu einem großen Theil wohlhabend gewor- dene Weber. Sie erhielten die Aufträge auf die beſtimmt
1 Dieterici, Volkswohlſtand S. 20—21.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0563"n="541"/><fwplace="top"type="header">Die große Weberei des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
preußiſchen Staate von 5,<hirendition="#sub">8</hi> Mill. Thlr. Wollwaaren<lb/>
und einen Export von 1 Mill. Thlr. annimmt, wird<lb/>
die Geſammtproduktion von Krug für 1802 auf 13 Mill.<lb/>
berechnet, wovon über 7 Mill. ausgeführt wurden (neben<lb/>
einer Einfuhr von etwa 2 Mill.).<noteplace="foot"n="1">Dieterici, Volkswohlſtand S. 20—21.</note></p><lb/><p>Die Seiden- und Baumwollenweberei arbeitete<lb/>
mehr für den innern Bedarf, war aber in einzelnen<lb/>
Gegenden auch ſchon ziemlich bedeutend. Erſtere am<lb/>
Rhein und in Berlin, letztere beſonders im ſächſiſchen<lb/>
Voigtlande, wohin ſchweizer Spinner und Weber dieſe<lb/>
Induſtrie ſchon im 17. Jahrhundert gebracht hatten.<lb/>
Auch die Erzgebirgiſche Spitzen- und Strumpffabrikation<lb/>
exiſtirte ſchon als blühende Hausinduſtrie mit einem<lb/>
nicht unbeträchtlichen Abſatz nach außen.</p><lb/><p>Die Organiſation der Weberei war faſt überall<lb/>
dieſelbe, wie die ſtaatliche Beaufſichtigung durch Regle-<lb/>
ments und Schauämter. Die Weber waren beſonders<lb/>
in der Linnen- und Strumpfwaareninduſtrie faſt durch-<lb/>
aus ſelbſtändige Unternehmer, häufig zugleich kleine<lb/>
Haus- und Grundbeſitzer, Eigenthümer der Webſtühle;<lb/>
die wohlhabendern beſchäftigten ein oder ein paar Ge-<lb/>
hülfen. Sie verkauften meiſt direkt, d. h. ohne die<lb/>
Zwiſchenhand eines Factors, eines Kommiſſionärs,<lb/>
in der Regel auf beſondern Märkten an die Kaufleute,<lb/>
welche die Waare bleichen, färben und zurichten ließen,<lb/>
dieſelbe in den Welthandel brachten. Die Kaufleute<lb/>
waren ſelbſt zu einem großen Theil wohlhabend gewor-<lb/>
dene Weber. Sie erhielten die Aufträge auf die beſtimmt<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[541/0563]
Die große Weberei des 18. Jahrhunderts.
preußiſchen Staate von 5,8 Mill. Thlr. Wollwaaren
und einen Export von 1 Mill. Thlr. annimmt, wird
die Geſammtproduktion von Krug für 1802 auf 13 Mill.
berechnet, wovon über 7 Mill. ausgeführt wurden (neben
einer Einfuhr von etwa 2 Mill.). 1
Die Seiden- und Baumwollenweberei arbeitete
mehr für den innern Bedarf, war aber in einzelnen
Gegenden auch ſchon ziemlich bedeutend. Erſtere am
Rhein und in Berlin, letztere beſonders im ſächſiſchen
Voigtlande, wohin ſchweizer Spinner und Weber dieſe
Induſtrie ſchon im 17. Jahrhundert gebracht hatten.
Auch die Erzgebirgiſche Spitzen- und Strumpffabrikation
exiſtirte ſchon als blühende Hausinduſtrie mit einem
nicht unbeträchtlichen Abſatz nach außen.
Die Organiſation der Weberei war faſt überall
dieſelbe, wie die ſtaatliche Beaufſichtigung durch Regle-
ments und Schauämter. Die Weber waren beſonders
in der Linnen- und Strumpfwaareninduſtrie faſt durch-
aus ſelbſtändige Unternehmer, häufig zugleich kleine
Haus- und Grundbeſitzer, Eigenthümer der Webſtühle;
die wohlhabendern beſchäftigten ein oder ein paar Ge-
hülfen. Sie verkauften meiſt direkt, d. h. ohne die
Zwiſchenhand eines Factors, eines Kommiſſionärs,
in der Regel auf beſondern Märkten an die Kaufleute,
welche die Waare bleichen, färben und zurichten ließen,
dieſelbe in den Welthandel brachten. Die Kaufleute
waren ſelbſt zu einem großen Theil wohlhabend gewor-
dene Weber. Sie erhielten die Aufträge auf die beſtimmt
1 Dieterici, Volkswohlſtand S. 20—21.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/563>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.