Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.

Im Gegensatze zur Tabelle der Baumwollweberei
sehen wir hier 1834 eine ziemlich gleichmäßige Ver-
breitung der gewerbsmäßig betriebenen Stühle; aller
Orten sind kleine handwerksmäßige Meister. Von 1834
bis 1840 nehmen die kleinen Zahlen mehr zu als die
großen. Das heißt: die lokale Kundenweberei, die
handwerksmäßige Kaufweberei, das Verkaufen der Haus-
leinwand auf Jahr- und Wochenmärkten nimmt noch
zu, während die Weberei für den Absatz im Großen
nur theilweise noch etwas zunimmt, theilweise stabil
bleibt oder schon abnimmt. Von 1840--49 nehmen
die kleinen Zahlen noch etwas zu, die großen verhalten
sich ähnlich wie 1834--40. Von 1849--61 erst
gehen wesentlich auch die kleinen Zahlen zurück. Erst
also von 1849--61 schränkt sich die Art des Geschäfts-
betriebs, von welchem wir hier zunächst sprechen, wesent-
lich ein; denn jetzt erst nimmt Verkehr und Handel so
zu, daß die lokale Produktion mehr und mehr über-
flüssig wird. Doch ist sie 1861 von allen Arten der
lokalen Weberei noch am ausgedehntesten.

Während bei der Linnenindustrie die Hausweberei
für den Absatz im Großen eine größere Krisis durchzu-
machen hatte, als die lokalen professionsmäßigen Unter-
nehmer, gilt das Gegentheil von der Wollweberei.
Einem fast vollständigen Untergang der kleinen Geschäfte
in neuester Zeit steht der glänzendste Aufschwung der
großen gegenüber. Deßwegen ist die Krisis in der
folgenden Tabelle auch nicht so klar ersichtlich. Voraus-
schicken will ich noch, daß hier die Tuchmacher und
Raschmacher (in Süddeutschland Zeugmacher) zusammen

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.

Im Gegenſatze zur Tabelle der Baumwollweberei
ſehen wir hier 1834 eine ziemlich gleichmäßige Ver-
breitung der gewerbsmäßig betriebenen Stühle; aller
Orten ſind kleine handwerksmäßige Meiſter. Von 1834
bis 1840 nehmen die kleinen Zahlen mehr zu als die
großen. Das heißt: die lokale Kundenweberei, die
handwerksmäßige Kaufweberei, das Verkaufen der Haus-
leinwand auf Jahr- und Wochenmärkten nimmt noch
zu, während die Weberei für den Abſatz im Großen
nur theilweiſe noch etwas zunimmt, theilweiſe ſtabil
bleibt oder ſchon abnimmt. Von 1840—49 nehmen
die kleinen Zahlen noch etwas zu, die großen verhalten
ſich ähnlich wie 1834—40. Von 1849—61 erſt
gehen weſentlich auch die kleinen Zahlen zurück. Erſt
alſo von 1849—61 ſchränkt ſich die Art des Geſchäfts-
betriebs, von welchem wir hier zunächſt ſprechen, weſent-
lich ein; denn jetzt erſt nimmt Verkehr und Handel ſo
zu, daß die lokale Produktion mehr und mehr über-
flüſſig wird. Doch iſt ſie 1861 von allen Arten der
lokalen Weberei noch am ausgedehnteſten.

Während bei der Linneninduſtrie die Hausweberei
für den Abſatz im Großen eine größere Kriſis durchzu-
machen hatte, als die lokalen profeſſionsmäßigen Unter-
nehmer, gilt das Gegentheil von der Wollweberei.
Einem faſt vollſtändigen Untergang der kleinen Geſchäfte
in neueſter Zeit ſteht der glänzendſte Aufſchwung der
großen gegenüber. Deßwegen iſt die Kriſis in der
folgenden Tabelle auch nicht ſo klar erſichtlich. Voraus-
ſchicken will ich noch, daß hier die Tuchmacher und
Raſchmacher (in Süddeutſchland Zeugmacher) zuſammen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0542" n="520"/>
          <fw place="top" type="header">Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.</fw><lb/>
          <p>Im Gegen&#x017F;atze zur Tabelle der Baumwollweberei<lb/>
&#x017F;ehen wir hier 1834 eine ziemlich gleichmäßige Ver-<lb/>
breitung der gewerbsmäßig betriebenen Stühle; aller<lb/>
Orten &#x017F;ind kleine handwerksmäßige Mei&#x017F;ter. Von 1834<lb/>
bis 1840 nehmen die kleinen Zahlen mehr zu als die<lb/>
großen. Das heißt: die lokale Kundenweberei, die<lb/>
handwerksmäßige Kaufweberei, das Verkaufen der Haus-<lb/>
leinwand auf Jahr- und Wochenmärkten nimmt noch<lb/>
zu, während die Weberei für den Ab&#x017F;atz im Großen<lb/>
nur theilwei&#x017F;e noch etwas zunimmt, theilwei&#x017F;e &#x017F;tabil<lb/>
bleibt oder &#x017F;chon abnimmt. Von 1840&#x2014;49 nehmen<lb/>
die kleinen Zahlen noch etwas zu, die großen verhalten<lb/>
&#x017F;ich ähnlich wie 1834&#x2014;40. Von 1849&#x2014;61 er&#x017F;t<lb/>
gehen we&#x017F;entlich auch die kleinen Zahlen zurück. Er&#x017F;t<lb/>
al&#x017F;o von 1849&#x2014;61 &#x017F;chränkt &#x017F;ich die Art des Ge&#x017F;chäfts-<lb/>
betriebs, von welchem wir hier zunäch&#x017F;t &#x017F;prechen, we&#x017F;ent-<lb/>
lich ein; denn jetzt er&#x017F;t nimmt Verkehr und Handel &#x017F;o<lb/>
zu, daß die lokale Produktion mehr und mehr über-<lb/>
flü&#x017F;&#x017F;ig wird. Doch i&#x017F;t &#x017F;ie 1861 von allen Arten der<lb/>
lokalen Weberei noch am ausgedehnte&#x017F;ten.</p><lb/>
          <p>Während bei der Linnenindu&#x017F;trie die Hausweberei<lb/>
für den Ab&#x017F;atz im Großen eine größere Kri&#x017F;is durchzu-<lb/>
machen hatte, als die lokalen profe&#x017F;&#x017F;ionsmäßigen Unter-<lb/>
nehmer, gilt das Gegentheil von der Wollweberei.<lb/>
Einem fa&#x017F;t voll&#x017F;tändigen Untergang der kleinen Ge&#x017F;chäfte<lb/>
in neue&#x017F;ter Zeit &#x017F;teht der glänzend&#x017F;te Auf&#x017F;chwung der<lb/>
großen gegenüber. Deßwegen i&#x017F;t die Kri&#x017F;is in der<lb/>
folgenden Tabelle auch nicht &#x017F;o klar er&#x017F;ichtlich. Voraus-<lb/>
&#x017F;chicken will ich noch, daß hier die Tuchmacher und<lb/>
Ra&#x017F;chmacher (in Süddeut&#x017F;chland Zeugmacher) zu&#x017F;ammen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[520/0542] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. Im Gegenſatze zur Tabelle der Baumwollweberei ſehen wir hier 1834 eine ziemlich gleichmäßige Ver- breitung der gewerbsmäßig betriebenen Stühle; aller Orten ſind kleine handwerksmäßige Meiſter. Von 1834 bis 1840 nehmen die kleinen Zahlen mehr zu als die großen. Das heißt: die lokale Kundenweberei, die handwerksmäßige Kaufweberei, das Verkaufen der Haus- leinwand auf Jahr- und Wochenmärkten nimmt noch zu, während die Weberei für den Abſatz im Großen nur theilweiſe noch etwas zunimmt, theilweiſe ſtabil bleibt oder ſchon abnimmt. Von 1840—49 nehmen die kleinen Zahlen noch etwas zu, die großen verhalten ſich ähnlich wie 1834—40. Von 1849—61 erſt gehen weſentlich auch die kleinen Zahlen zurück. Erſt alſo von 1849—61 ſchränkt ſich die Art des Geſchäfts- betriebs, von welchem wir hier zunächſt ſprechen, weſent- lich ein; denn jetzt erſt nimmt Verkehr und Handel ſo zu, daß die lokale Produktion mehr und mehr über- flüſſig wird. Doch iſt ſie 1861 von allen Arten der lokalen Weberei noch am ausgedehnteſten. Während bei der Linneninduſtrie die Hausweberei für den Abſatz im Großen eine größere Kriſis durchzu- machen hatte, als die lokalen profeſſionsmäßigen Unter- nehmer, gilt das Gegentheil von der Wollweberei. Einem faſt vollſtändigen Untergang der kleinen Geſchäfte in neueſter Zeit ſteht der glänzendſte Aufſchwung der großen gegenüber. Deßwegen iſt die Kriſis in der folgenden Tabelle auch nicht ſo klar erſichtlich. Voraus- ſchicken will ich noch, daß hier die Tuchmacher und Raſchmacher (in Süddeutſchland Zeugmacher) zuſammen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/542
Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/542>, abgerufen am 22.11.2024.