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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Zunftreformen.

Die allgemeine Gewerbegesetzgebung in Bezug auf
Zünfte und Innungen wird noch mehr als früher von
alten Mißbräuchen gereinigt. In den Jahren 1751--55
werden eine sehr große Zahl Innungsprivilegien beson-
ders für Preußen (im e. S.) revidirt;1 daneben wird
durch einzelne Spezialbefehle dieser und jener Uebelstand
abgestellt. Ueber die Richtung dieser Gesetzgebung nur
einige Worte. Die Loskaufung vom Meisterstücke gegen
Geld und Geschenke wird 1747 verboten. Als mit der
Noth des Jahres 1771 viele Handwerksgesellen am
Kolbergischen Festungsbau im Taglohn arbeiten, wird
strenge eingeschärft, sie derohalben nicht aus der Zunft
zu stoßen.2 Aus der Handwerkerordnung für West-
preußen von 1774 hebe ich folgendes hervor: alle
alten Artikel und Bräuche, alle Schmausereien sind abge-
schafft; bei allen wichtigen Dingen, besonders bei Hand-
habung der Zunftgerichtsbarkeit, muß ein Magistrats-
mitglied anwesend sein; nur leicht verkäufliche Meisterstücke
dürfen gefordert werden; Meister aus andern Städten
müssen überall zugelassen werden, wenn sie das etwaige
Plus an Meistergeld nachzahlen; jeder Meister hält so
viel Gesellen und Stühle, als er will; nur die Lehr-
lingszahl kann auf Wunsch durch die Ortsbehörde unter
Zustimmung der Kriegs- und Domänenkammer beschränkt
werden; alle fremden Gesellen, die nach fremdem Recht
eine Stufe in der Zunfthierarchie erreicht haben, sind

1 Novum Corpus Const. Pruss. I, 1159.
2 Verordnung vom 21. März 1771; diese, wie manche
andere Edikte und Verordnungen, die ich in den Original-
drucken gesammelt habe, ist nicht im Nov. Corp. abgedruckt.
Die Zunftreformen.

Die allgemeine Gewerbegeſetzgebung in Bezug auf
Zünfte und Innungen wird noch mehr als früher von
alten Mißbräuchen gereinigt. In den Jahren 1751—55
werden eine ſehr große Zahl Innungsprivilegien beſon-
ders für Preußen (im e. S.) revidirt;1 daneben wird
durch einzelne Spezialbefehle dieſer und jener Uebelſtand
abgeſtellt. Ueber die Richtung dieſer Geſetzgebung nur
einige Worte. Die Loskaufung vom Meiſterſtücke gegen
Geld und Geſchenke wird 1747 verboten. Als mit der
Noth des Jahres 1771 viele Handwerksgeſellen am
Kolbergiſchen Feſtungsbau im Taglohn arbeiten, wird
ſtrenge eingeſchärft, ſie derohalben nicht aus der Zunft
zu ſtoßen.2 Aus der Handwerkerordnung für Weſt-
preußen von 1774 hebe ich folgendes hervor: alle
alten Artikel und Bräuche, alle Schmauſereien ſind abge-
ſchafft; bei allen wichtigen Dingen, beſonders bei Hand-
habung der Zunftgerichtsbarkeit, muß ein Magiſtrats-
mitglied anweſend ſein; nur leicht verkäufliche Meiſterſtücke
dürfen gefordert werden; Meiſter aus andern Städten
müſſen überall zugelaſſen werden, wenn ſie das etwaige
Plus an Meiſtergeld nachzahlen; jeder Meiſter hält ſo
viel Geſellen und Stühle, als er will; nur die Lehr-
lingszahl kann auf Wunſch durch die Ortsbehörde unter
Zuſtimmung der Kriegs- und Domänenkammer beſchränkt
werden; alle fremden Geſellen, die nach fremdem Recht
eine Stufe in der Zunfthierarchie erreicht haben, ſind

1 Novum Corpus Const. Pruss. I, 1159.
2 Verordnung vom 21. März 1771; dieſe, wie manche
andere Edikte und Verordnungen, die ich in den Original-
drucken geſammelt habe, iſt nicht im Nov. Corp. abgedruckt.
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[31/0053] Die Zunftreformen. Die allgemeine Gewerbegeſetzgebung in Bezug auf Zünfte und Innungen wird noch mehr als früher von alten Mißbräuchen gereinigt. In den Jahren 1751—55 werden eine ſehr große Zahl Innungsprivilegien beſon- ders für Preußen (im e. S.) revidirt; 1 daneben wird durch einzelne Spezialbefehle dieſer und jener Uebelſtand abgeſtellt. Ueber die Richtung dieſer Geſetzgebung nur einige Worte. Die Loskaufung vom Meiſterſtücke gegen Geld und Geſchenke wird 1747 verboten. Als mit der Noth des Jahres 1771 viele Handwerksgeſellen am Kolbergiſchen Feſtungsbau im Taglohn arbeiten, wird ſtrenge eingeſchärft, ſie derohalben nicht aus der Zunft zu ſtoßen. 2 Aus der Handwerkerordnung für Weſt- preußen von 1774 hebe ich folgendes hervor: alle alten Artikel und Bräuche, alle Schmauſereien ſind abge- ſchafft; bei allen wichtigen Dingen, beſonders bei Hand- habung der Zunftgerichtsbarkeit, muß ein Magiſtrats- mitglied anweſend ſein; nur leicht verkäufliche Meiſterſtücke dürfen gefordert werden; Meiſter aus andern Städten müſſen überall zugelaſſen werden, wenn ſie das etwaige Plus an Meiſtergeld nachzahlen; jeder Meiſter hält ſo viel Geſellen und Stühle, als er will; nur die Lehr- lingszahl kann auf Wunſch durch die Ortsbehörde unter Zuſtimmung der Kriegs- und Domänenkammer beſchränkt werden; alle fremden Geſellen, die nach fremdem Recht eine Stufe in der Zunfthierarchie erreicht haben, ſind 1 Novum Corpus Const. Pruss. I, 1159. 2 Verordnung vom 21. März 1771; dieſe, wie manche andere Edikte und Verordnungen, die ich in den Original- drucken geſammelt habe, iſt nicht im Nov. Corp. abgedruckt.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/53>, abgerufen am 22.11.2024.