denere Anforderungen an die Spinnerei, hat etwas Stabileres, Einfacheres, als die Produktion der Mode-, der Phantasieartikel, der nouveautes und hautes nouveautes, wie sie vor allem die Franzosen erzeugen, oder die Produktion der ganz feinen Modetücher, wie sie von Aachen aus Absatz auf allen Weltmärkten finden.
Je feiner die Artikel sind, für welche das Garn bestimmt ist, desto mehr werden alle die neuen komplizirten Maschinen nothwendig, desto mehr wächst der Umfang der Spinnereien. Die Krämpel- oder Krazmaschinen, die Vorspinn- und die Feinspinn- maschinen fehlen in keiner großen Fabrik mehr. Dagegen sind Selfactors noch selten. Erst seit Anfang der sechsziger Jahre wurden dieselben auf die Streich- garnspinnerei angewandt. Erst in neuerer Zeit gewinnen die Wollwasch- und Trocknungsmaschinen an Ausdeh- nung. Auf der pariser Ausstellung von 1867 machte eine Wollwaschmaschine aus Rouen großes Aufsehen, welche mit einer Frau und einem Arbeiter leistet, was früher 28 Leute thaten, wodurch sich der dortige Fabri- kant eine tägliche Ersparniß von 60 Francs berechnet.1
Das läßt sich nicht leugnen, daß die neugegrün- deten Geschäfte meist auf breitester Grundlage beginnen; besonders in ganz neuen Branchen ist das ersichtlich, z. B. in der Kunstwollfabrikation, d. h. der Herstellung von neuem Garn aus alten Tuchresten. Eine Reihe großer Aktiengesellschaften hat sich auch in der Streich- garnspinnerei gebildet.
1 Oestr. Ausstellungsbericht Bd. II, S. 536.
Schmoller, Gesch. d. Kleingewerbe. 31
Die jetzige Lage der Streichgarnſpinnerei.
denere Anforderungen an die Spinnerei, hat etwas Stabileres, Einfacheres, als die Produktion der Mode-, der Phantaſieartikel, der nouveautés und hautes nouveautés, wie ſie vor allem die Franzoſen erzeugen, oder die Produktion der ganz feinen Modetücher, wie ſie von Aachen aus Abſatz auf allen Weltmärkten finden.
Je feiner die Artikel ſind, für welche das Garn beſtimmt iſt, deſto mehr werden alle die neuen komplizirten Maſchinen nothwendig, deſto mehr wächſt der Umfang der Spinnereien. Die Krämpel- oder Krazmaſchinen, die Vorſpinn- und die Feinſpinn- maſchinen fehlen in keiner großen Fabrik mehr. Dagegen ſind Selfactors noch ſelten. Erſt ſeit Anfang der ſechsziger Jahre wurden dieſelben auf die Streich- garnſpinnerei angewandt. Erſt in neuerer Zeit gewinnen die Wollwaſch- und Trocknungsmaſchinen an Ausdeh- nung. Auf der pariſer Ausſtellung von 1867 machte eine Wollwaſchmaſchine aus Rouen großes Aufſehen, welche mit einer Frau und einem Arbeiter leiſtet, was früher 28 Leute thaten, wodurch ſich der dortige Fabri- kant eine tägliche Erſparniß von 60 Francs berechnet.1
Das läßt ſich nicht leugnen, daß die neugegrün- deten Geſchäfte meiſt auf breiteſter Grundlage beginnen; beſonders in ganz neuen Branchen iſt das erſichtlich, z. B. in der Kunſtwollfabrikation, d. h. der Herſtellung von neuem Garn aus alten Tuchreſten. Eine Reihe großer Aktiengeſellſchaften hat ſich auch in der Streich- garnſpinnerei gebildet.
1 Oeſtr. Ausſtellungsbericht Bd. II, S. 536.
Schmoller, Geſch. d. Kleingewerbe. 31
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0503"n="481"/><fwplace="top"type="header">Die jetzige Lage der Streichgarnſpinnerei.</fw><lb/>
denere Anforderungen an die Spinnerei, hat etwas<lb/>
Stabileres, Einfacheres, als die Produktion der Mode-,<lb/>
der Phantaſieartikel, der <hirendition="#aq">nouveautés</hi> und <hirendition="#aq">hautes<lb/>
nouveautés,</hi> wie ſie vor allem die Franzoſen erzeugen,<lb/>
oder die Produktion der ganz feinen Modetücher, wie<lb/>ſie von Aachen aus Abſatz auf allen Weltmärkten finden.</p><lb/><p>Je feiner die Artikel ſind, für welche das Garn<lb/>
beſtimmt iſt, deſto mehr werden alle die neuen<lb/>
komplizirten Maſchinen nothwendig, deſto mehr wächſt<lb/>
der Umfang der Spinnereien. Die Krämpel- oder<lb/>
Krazmaſchinen, die Vorſpinn- und die Feinſpinn-<lb/>
maſchinen fehlen in keiner großen Fabrik mehr.<lb/>
Dagegen ſind Selfactors noch ſelten. Erſt ſeit Anfang<lb/>
der ſechsziger Jahre wurden dieſelben auf die Streich-<lb/>
garnſpinnerei angewandt. Erſt in neuerer Zeit gewinnen<lb/>
die Wollwaſch- und Trocknungsmaſchinen an Ausdeh-<lb/>
nung. Auf der pariſer Ausſtellung von 1867 machte<lb/>
eine Wollwaſchmaſchine aus Rouen großes Aufſehen,<lb/>
welche mit einer Frau und einem Arbeiter leiſtet, was<lb/>
früher 28 Leute thaten, wodurch ſich der dortige Fabri-<lb/>
kant eine tägliche Erſparniß von 60 Francs berechnet.<noteplace="foot"n="1">Oeſtr. Ausſtellungsbericht Bd. <hirendition="#aq">II,</hi> S. 536.</note></p><lb/><p>Das läßt ſich nicht leugnen, daß die neugegrün-<lb/>
deten Geſchäfte meiſt auf breiteſter Grundlage beginnen;<lb/>
beſonders in ganz neuen Branchen iſt das erſichtlich,<lb/>
z. B. in der Kunſtwollfabrikation, d. h. der Herſtellung<lb/>
von neuem Garn aus alten Tuchreſten. Eine Reihe<lb/>
großer Aktiengeſellſchaften hat ſich auch in der Streich-<lb/>
garnſpinnerei gebildet.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Schmoller</hi>, Geſch. d. Kleingewerbe. 31</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[481/0503]
Die jetzige Lage der Streichgarnſpinnerei.
denere Anforderungen an die Spinnerei, hat etwas
Stabileres, Einfacheres, als die Produktion der Mode-,
der Phantaſieartikel, der nouveautés und hautes
nouveautés, wie ſie vor allem die Franzoſen erzeugen,
oder die Produktion der ganz feinen Modetücher, wie
ſie von Aachen aus Abſatz auf allen Weltmärkten finden.
Je feiner die Artikel ſind, für welche das Garn
beſtimmt iſt, deſto mehr werden alle die neuen
komplizirten Maſchinen nothwendig, deſto mehr wächſt
der Umfang der Spinnereien. Die Krämpel- oder
Krazmaſchinen, die Vorſpinn- und die Feinſpinn-
maſchinen fehlen in keiner großen Fabrik mehr.
Dagegen ſind Selfactors noch ſelten. Erſt ſeit Anfang
der ſechsziger Jahre wurden dieſelben auf die Streich-
garnſpinnerei angewandt. Erſt in neuerer Zeit gewinnen
die Wollwaſch- und Trocknungsmaſchinen an Ausdeh-
nung. Auf der pariſer Ausſtellung von 1867 machte
eine Wollwaſchmaſchine aus Rouen großes Aufſehen,
welche mit einer Frau und einem Arbeiter leiſtet, was
früher 28 Leute thaten, wodurch ſich der dortige Fabri-
kant eine tägliche Erſparniß von 60 Francs berechnet. 1
Das läßt ſich nicht leugnen, daß die neugegrün-
deten Geſchäfte meiſt auf breiteſter Grundlage beginnen;
beſonders in ganz neuen Branchen iſt das erſichtlich,
z. B. in der Kunſtwollfabrikation, d. h. der Herſtellung
von neuem Garn aus alten Tuchreſten. Eine Reihe
großer Aktiengeſellſchaften hat ſich auch in der Streich-
garnſpinnerei gebildet.
1 Oeſtr. Ausſtellungsbericht Bd. II, S. 536.
Schmoller, Geſch. d. Kleingewerbe. 31
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/503>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.