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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
bekannte Personen halten es im Interesse des Hand-
gespinnst liefernden Publikums, wie des Handels für
wünschenswerth, daß die Handspinnerei ganz aufhöre.
Die Ansicht, daß Leinen von Handgespinnst besser sei,
als das aus Maschinengarn, hat mehr dazu beigetragen,
die deutschen Leinen zu verdrängen, als Englands mer-
kantilische Lage. Das Rohmaterial wird ebenso theuer
bezahlt, wie das Handgespinnst. So erzielten z. B. im
letzten Winter Handgespinnste von etwa 7 Pfund 1 Thlr.
15 Gr. für das Bund, und sind zu derselben Zeit
7 Pfund Flachs mit 1 Thlr. 12 Gr. bis 1 Thlr.
15 Gr. bezahlt."

Daß selbst der Bauer und Tagelöhner in Gegen-
den, wo das Spinnen bisher üblich war, es nunmehr
aufgibt und seinen Flachs verkauft, hängt mit der Um-
bildung der Flachsbereitung zu eigenen selbständigen
Geschäften zusammen. Das alte Rösten, Brechen und
Schwingen des Flachses durch den Bauern selbst lieferte
ein zu schlechtes Produkt. "Seit den 40 er Jahren
haben die Schenk'sche Warmwasserröste, die Watt'sche
Dampfröste, die Brech- und Schwingemaschinen von Lee,
Durand, Lowder, Christian, Kuthe, Bücklers, Kaselowsky,
Friedländer die weitere fabrikmäßige Zubereitung des
Flachses angebahnt, welche zu ihrer Ausführung mecha-
nische Kraft und Fabrikationsräume erfordert." Die
Regierungen, wie patriotischen Vereine suchten solche An-
stalten ins Leben zu rufen, um dem Flachsbau in Deutsch-
land seine alte Bedeutung wieder zu geben, die große
Mehreinfuhr von Flachs überflüssig zu machen. Theil-
weise verbanden sich solche Anstalten mit den großen

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
bekannte Perſonen halten es im Intereſſe des Hand-
geſpinnſt liefernden Publikums, wie des Handels für
wünſchenswerth, daß die Handſpinnerei ganz aufhöre.
Die Anſicht, daß Leinen von Handgeſpinnſt beſſer ſei,
als das aus Maſchinengarn, hat mehr dazu beigetragen,
die deutſchen Leinen zu verdrängen, als Englands mer-
kantiliſche Lage. Das Rohmaterial wird ebenſo theuer
bezahlt, wie das Handgeſpinnſt. So erzielten z. B. im
letzten Winter Handgeſpinnſte von etwa 7 Pfund 1 Thlr.
15 Gr. für das Bund, und ſind zu derſelben Zeit
7 Pfund Flachs mit 1 Thlr. 12 Gr. bis 1 Thlr.
15 Gr. bezahlt.“

Daß ſelbſt der Bauer und Tagelöhner in Gegen-
den, wo das Spinnen bisher üblich war, es nunmehr
aufgibt und ſeinen Flachs verkauft, hängt mit der Um-
bildung der Flachsbereitung zu eigenen ſelbſtändigen
Geſchäften zuſammen. Das alte Röſten, Brechen und
Schwingen des Flachſes durch den Bauern ſelbſt lieferte
ein zu ſchlechtes Produkt. „Seit den 40 er Jahren
haben die Schenk’ſche Warmwaſſerröſte, die Watt’ſche
Dampfröſte, die Brech- und Schwingemaſchinen von Lee,
Durand, Lowder, Chriſtian, Kuthe, Bücklers, Kaſelowsky,
Friedländer die weitere fabrikmäßige Zubereitung des
Flachſes angebahnt, welche zu ihrer Ausführung mecha-
niſche Kraft und Fabrikationsräume erfordert.“ Die
Regierungen, wie patriotiſchen Vereine ſuchten ſolche An-
ſtalten ins Leben zu rufen, um dem Flachsbau in Deutſch-
land ſeine alte Bedeutung wieder zu geben, die große
Mehreinfuhr von Flachs überflüſſig zu machen. Theil-
weiſe verbanden ſich ſolche Anſtalten mit den großen

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[470/0492] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. bekannte Perſonen halten es im Intereſſe des Hand- geſpinnſt liefernden Publikums, wie des Handels für wünſchenswerth, daß die Handſpinnerei ganz aufhöre. Die Anſicht, daß Leinen von Handgeſpinnſt beſſer ſei, als das aus Maſchinengarn, hat mehr dazu beigetragen, die deutſchen Leinen zu verdrängen, als Englands mer- kantiliſche Lage. Das Rohmaterial wird ebenſo theuer bezahlt, wie das Handgeſpinnſt. So erzielten z. B. im letzten Winter Handgeſpinnſte von etwa 7 Pfund 1 Thlr. 15 Gr. für das Bund, und ſind zu derſelben Zeit 7 Pfund Flachs mit 1 Thlr. 12 Gr. bis 1 Thlr. 15 Gr. bezahlt.“ Daß ſelbſt der Bauer und Tagelöhner in Gegen- den, wo das Spinnen bisher üblich war, es nunmehr aufgibt und ſeinen Flachs verkauft, hängt mit der Um- bildung der Flachsbereitung zu eigenen ſelbſtändigen Geſchäften zuſammen. Das alte Röſten, Brechen und Schwingen des Flachſes durch den Bauern ſelbſt lieferte ein zu ſchlechtes Produkt. „Seit den 40 er Jahren haben die Schenk’ſche Warmwaſſerröſte, die Watt’ſche Dampfröſte, die Brech- und Schwingemaſchinen von Lee, Durand, Lowder, Chriſtian, Kuthe, Bücklers, Kaſelowsky, Friedländer die weitere fabrikmäßige Zubereitung des Flachſes angebahnt, welche zu ihrer Ausführung mecha- niſche Kraft und Fabrikationsräume erfordert.“ Die Regierungen, wie patriotiſchen Vereine ſuchten ſolche An- ſtalten ins Leben zu rufen, um dem Flachsbau in Deutſch- land ſeine alte Bedeutung wieder zu geben, die große Mehreinfuhr von Flachs überflüſſig zu machen. Theil- weiſe verbanden ſich ſolche Anſtalten mit den großen

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/492>, abgerufen am 25.11.2024.