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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Das Fleischergewerbe.

Uebrigens ist die Arbeitstheilung zwischen dem
eigentlichen Viehhandel und dem Fleischergewerbe eine
sehr verschiedene. Die großstädtische Entwicklung scheint
theilweise dem Fleischergewerbe den kostspieligen, Vor-
schuß erfordernden Viehhandel wieder abzunehmen.
Hartstein1 beschreibt die Londoner Verhältnisse der
Gegenwart in folgender Weise. Die Viehhändler ver-
kaufen auf dem zweimal wöchentlich gehaltenen Metro-
politan Cattle Market
durch ihren Kommissionär, den
salesman, an den Großschlächter, der in der Regel
baar bezahlt. Wenn der salesman Kredit gibt, thut
er es auf seine Gefahr. Der Großschlächter ist ein
großer Unternehmer, der wöchentlich 80 -- 100 Stück
Großvieh und 500 -- 800 Stück Schafe in eigenen
großen Etablissements, Schlachthaus und Stallungen
enthaltend, schlachtet und in großen Stücken verkauft.
Seine Käufer sind verschiedene Leute. Einmal die großen
Fleischlieferanten, welche die Fleischlieferungen an die
Armee, an öffentliche Institute, an Schulen übernommen
haben. Theilweise führen diese Lieferanten das Geschäft
nicht selbst aus, sondern bilden nur die kaufmännische
Vermittelung, übergeben einzelnen Schlächtern die Liefe-
rungen im Detail, haften aber dafür im Ganzen. Da-
neben verkaufen die Großschlächter an die Kleinschlächter,

1 Hartstein, der Londoner Viehmarkt, Bonn 1867. Da-
neben das erwähnte Werk von R. de Massy über den Lebens-
mittelverkehr von London und Paris, und Dr. H. Janke, der
internationale Fleischverbrauch in seiner neuesten Gestalt, Viertel-
jahrsschrift für Volkswirthschaft XXIV, 1 -- 45.
Das Fleiſchergewerbe.

Uebrigens iſt die Arbeitstheilung zwiſchen dem
eigentlichen Viehhandel und dem Fleiſchergewerbe eine
ſehr verſchiedene. Die großſtädtiſche Entwicklung ſcheint
theilweiſe dem Fleiſchergewerbe den koſtſpieligen, Vor-
ſchuß erfordernden Viehhandel wieder abzunehmen.
Hartſtein1 beſchreibt die Londoner Verhältniſſe der
Gegenwart in folgender Weiſe. Die Viehhändler ver-
kaufen auf dem zweimal wöchentlich gehaltenen Metro-
politan Cattle Market
durch ihren Kommiſſionär, den
salesman, an den Großſchlächter, der in der Regel
baar bezahlt. Wenn der salesman Kredit gibt, thut
er es auf ſeine Gefahr. Der Großſchlächter iſt ein
großer Unternehmer, der wöchentlich 80 — 100 Stück
Großvieh und 500 — 800 Stück Schafe in eigenen
großen Etabliſſements, Schlachthaus und Stallungen
enthaltend, ſchlachtet und in großen Stücken verkauft.
Seine Käufer ſind verſchiedene Leute. Einmal die großen
Fleiſchlieferanten, welche die Fleiſchlieferungen an die
Armee, an öffentliche Inſtitute, an Schulen übernommen
haben. Theilweiſe führen dieſe Lieferanten das Geſchäft
nicht ſelbſt aus, ſondern bilden nur die kaufmänniſche
Vermittelung, übergeben einzelnen Schlächtern die Liefe-
rungen im Detail, haften aber dafür im Ganzen. Da-
neben verkaufen die Großſchlächter an die Kleinſchlächter,

1 Hartſtein, der Londoner Viehmarkt, Bonn 1867. Da-
neben das erwähnte Werk von R. de Maſſy über den Lebens-
mittelverkehr von London und Paris, und Dr. H. Janke, der
internationale Fleiſchverbrauch in ſeiner neueſten Geſtalt, Viertel-
jahrsſchrift für Volkswirthſchaft XXIV, 1 — 45.
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[423/0445] Das Fleiſchergewerbe. Uebrigens iſt die Arbeitstheilung zwiſchen dem eigentlichen Viehhandel und dem Fleiſchergewerbe eine ſehr verſchiedene. Die großſtädtiſche Entwicklung ſcheint theilweiſe dem Fleiſchergewerbe den koſtſpieligen, Vor- ſchuß erfordernden Viehhandel wieder abzunehmen. Hartſtein 1 beſchreibt die Londoner Verhältniſſe der Gegenwart in folgender Weiſe. Die Viehhändler ver- kaufen auf dem zweimal wöchentlich gehaltenen Metro- politan Cattle Market durch ihren Kommiſſionär, den salesman, an den Großſchlächter, der in der Regel baar bezahlt. Wenn der salesman Kredit gibt, thut er es auf ſeine Gefahr. Der Großſchlächter iſt ein großer Unternehmer, der wöchentlich 80 — 100 Stück Großvieh und 500 — 800 Stück Schafe in eigenen großen Etabliſſements, Schlachthaus und Stallungen enthaltend, ſchlachtet und in großen Stücken verkauft. Seine Käufer ſind verſchiedene Leute. Einmal die großen Fleiſchlieferanten, welche die Fleiſchlieferungen an die Armee, an öffentliche Inſtitute, an Schulen übernommen haben. Theilweiſe führen dieſe Lieferanten das Geſchäft nicht ſelbſt aus, ſondern bilden nur die kaufmänniſche Vermittelung, übergeben einzelnen Schlächtern die Liefe- rungen im Detail, haften aber dafür im Ganzen. Da- neben verkaufen die Großſchlächter an die Kleinſchlächter, 1 Hartſtein, der Londoner Viehmarkt, Bonn 1867. Da- neben das erwähnte Werk von R. de Maſſy über den Lebens- mittelverkehr von London und Paris, und Dr. H. Janke, der internationale Fleiſchverbrauch in ſeiner neueſten Geſtalt, Viertel- jahrsſchrift für Volkswirthſchaft XXIV, 1 — 45.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/445>, abgerufen am 25.11.2024.