Die Zahl der Gehülfen ist ziemlich gestiegen, aber noch hat sie 1861 die der Meister nicht erreicht; noch können nach dieser Durchschnittszahl nur wenige größere Geschäfte vorhanden sein; noch hat nach dem Zahlenverhältniß an sich jeder Gehülfe die Aussicht, selbst Meister zu werden.
Das Verhältniß sämmtlicher Gewerbetreibenden eines Handwerks zur Bevölkerung gibt da, wo die Technik sich schon vollständig geändert hat, kein Bild der Produktion, aber bei der Bäckerei, wo das bis 1861 noch so wenig der Fall ist, da belehrt uns das Verhältniß der Zahl der Gewerbetreibenden zur Bevölkerung über die Größe der Produktion; denn bedeutend kann der Umfang der Geschäfte in solchem Falle bei gleichbleibender Meister- und Gehülfenzahl nicht wachsen. Die Zahl der Bäcker nun schwankt von 1816 -- 49 etwas, bleibt mehr oder weniger hinter der Bevölkerung zurück; 1849 ist die Zahl dieselbe wie 1816 und erst von da überholt sie die Be- völkerung, aber nur um 4,9 %. Wie viel spricht man von den Fortschritten der Konsumtion, von der Ver- besserung der Lage aller Klassen, von der bessern Er- nährung, welche heutzutage stattfinde, und wir sehen hier das ganze 19 te Jahrhundert hindurch fast unver- änderte Verhältnisse, kaum eine etwas größere Zahl Bäcker! Und man denke nur, wie z. B. die städtische Bevölkerung zugenommen hat, welche nach der gewöhn- lichen Annahme doch ihr Brod und Gebäck vom Bäcker bezieht.
Jedenfalls beweist die geringe Aenderung von 1816 bis 1861 wieder die elementare, stabile Natur der ein-
Schmoller, Gesch. d. Kleingewerbe. 27
Die preußiſchen Bäcker 1816 — 61.
Die Zahl der Gehülfen iſt ziemlich geſtiegen, aber noch hat ſie 1861 die der Meiſter nicht erreicht; noch können nach dieſer Durchſchnittszahl nur wenige größere Geſchäfte vorhanden ſein; noch hat nach dem Zahlenverhältniß an ſich jeder Gehülfe die Ausſicht, ſelbſt Meiſter zu werden.
Das Verhältniß ſämmtlicher Gewerbetreibenden eines Handwerks zur Bevölkerung gibt da, wo die Technik ſich ſchon vollſtändig geändert hat, kein Bild der Produktion, aber bei der Bäckerei, wo das bis 1861 noch ſo wenig der Fall iſt, da belehrt uns das Verhältniß der Zahl der Gewerbetreibenden zur Bevölkerung über die Größe der Produktion; denn bedeutend kann der Umfang der Geſchäfte in ſolchem Falle bei gleichbleibender Meiſter- und Gehülfenzahl nicht wachſen. Die Zahl der Bäcker nun ſchwankt von 1816 — 49 etwas, bleibt mehr oder weniger hinter der Bevölkerung zurück; 1849 iſt die Zahl dieſelbe wie 1816 und erſt von da überholt ſie die Be- völkerung, aber nur um 4,9 %. Wie viel ſpricht man von den Fortſchritten der Konſumtion, von der Ver- beſſerung der Lage aller Klaſſen, von der beſſern Er- nährung, welche heutzutage ſtattfinde, und wir ſehen hier das ganze 19 te Jahrhundert hindurch faſt unver- änderte Verhältniſſe, kaum eine etwas größere Zahl Bäcker! Und man denke nur, wie z. B. die ſtädtiſche Bevölkerung zugenommen hat, welche nach der gewöhn- lichen Annahme doch ihr Brod und Gebäck vom Bäcker bezieht.
Jedenfalls beweiſt die geringe Aenderung von 1816 bis 1861 wieder die elementare, ſtabile Natur der ein-
Schmoller, Geſch. d. Kleingewerbe. 27
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0439"n="417"/><fwplace="top"type="header">Die preußiſchen Bäcker 1816 — 61.</fw><lb/><p>Die Zahl der Gehülfen iſt ziemlich geſtiegen, aber<lb/>
noch hat ſie 1861 die der Meiſter nicht erreicht;<lb/>
noch können nach dieſer Durchſchnittszahl nur wenige<lb/>
größere Geſchäfte vorhanden ſein; noch hat nach dem<lb/>
Zahlenverhältniß an ſich jeder Gehülfe die Ausſicht, ſelbſt<lb/>
Meiſter zu werden.</p><lb/><p>Das Verhältniß ſämmtlicher Gewerbetreibenden<lb/>
eines Handwerks zur Bevölkerung gibt da, wo die<lb/>
Technik ſich ſchon vollſtändig geändert hat, kein Bild der<lb/>
Produktion, aber bei der Bäckerei, wo das bis 1861 noch<lb/>ſo wenig der Fall iſt, da belehrt uns das Verhältniß der<lb/>
Zahl der Gewerbetreibenden zur Bevölkerung über die<lb/>
Größe der Produktion; denn bedeutend kann der Umfang<lb/>
der Geſchäfte in ſolchem Falle bei gleichbleibender Meiſter-<lb/>
und Gehülfenzahl nicht wachſen. Die Zahl der Bäcker<lb/>
nun ſchwankt von 1816 — 49 etwas, bleibt mehr oder<lb/>
weniger hinter der Bevölkerung zurück; 1849 iſt die Zahl<lb/>
dieſelbe wie 1816 und erſt von da überholt ſie die Be-<lb/>
völkerung, aber nur um 4,<hirendition="#sub">9</hi> %. Wie viel ſpricht man<lb/>
von den Fortſchritten der Konſumtion, von der Ver-<lb/>
beſſerung der Lage aller Klaſſen, von der beſſern Er-<lb/>
nährung, welche heutzutage ſtattfinde, und wir ſehen<lb/>
hier das ganze 19 te Jahrhundert hindurch faſt unver-<lb/>
änderte Verhältniſſe, kaum eine etwas größere Zahl<lb/>
Bäcker! Und man denke nur, wie z. B. die ſtädtiſche<lb/>
Bevölkerung zugenommen hat, welche nach der gewöhn-<lb/>
lichen Annahme doch ihr Brod und Gebäck vom Bäcker<lb/>
bezieht.</p><lb/><p>Jedenfalls beweiſt die geringe Aenderung von 1816<lb/>
bis 1861 wieder die elementare, ſtabile Natur der ein-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Schmoller,</hi> Geſch. d. Kleingewerbe. 27</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[417/0439]
Die preußiſchen Bäcker 1816 — 61.
Die Zahl der Gehülfen iſt ziemlich geſtiegen, aber
noch hat ſie 1861 die der Meiſter nicht erreicht;
noch können nach dieſer Durchſchnittszahl nur wenige
größere Geſchäfte vorhanden ſein; noch hat nach dem
Zahlenverhältniß an ſich jeder Gehülfe die Ausſicht, ſelbſt
Meiſter zu werden.
Das Verhältniß ſämmtlicher Gewerbetreibenden
eines Handwerks zur Bevölkerung gibt da, wo die
Technik ſich ſchon vollſtändig geändert hat, kein Bild der
Produktion, aber bei der Bäckerei, wo das bis 1861 noch
ſo wenig der Fall iſt, da belehrt uns das Verhältniß der
Zahl der Gewerbetreibenden zur Bevölkerung über die
Größe der Produktion; denn bedeutend kann der Umfang
der Geſchäfte in ſolchem Falle bei gleichbleibender Meiſter-
und Gehülfenzahl nicht wachſen. Die Zahl der Bäcker
nun ſchwankt von 1816 — 49 etwas, bleibt mehr oder
weniger hinter der Bevölkerung zurück; 1849 iſt die Zahl
dieſelbe wie 1816 und erſt von da überholt ſie die Be-
völkerung, aber nur um 4,9 %. Wie viel ſpricht man
von den Fortſchritten der Konſumtion, von der Ver-
beſſerung der Lage aller Klaſſen, von der beſſern Er-
nährung, welche heutzutage ſtattfinde, und wir ſehen
hier das ganze 19 te Jahrhundert hindurch faſt unver-
änderte Verhältniſſe, kaum eine etwas größere Zahl
Bäcker! Und man denke nur, wie z. B. die ſtädtiſche
Bevölkerung zugenommen hat, welche nach der gewöhn-
lichen Annahme doch ihr Brod und Gebäck vom Bäcker
bezieht.
Jedenfalls beweiſt die geringe Aenderung von 1816
bis 1861 wieder die elementare, ſtabile Natur der ein-
Schmoller, Geſch. d. Kleingewerbe. 27
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/439>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.