waren mäßige, aber immerhin mußte man besonders auf dem Lande eine Reihe von kleinen Arbeiten auch Leute selbständig ausführen lassen, welche die Prüfung nicht bestanden hatten. Diese sogenannten Flickarbeiter wurden aber erst 1837 als besondere Rubrik bei der statistischen Aufnahme gezählt. Bei der Vergleichung von 1822 und 46, welche Dieterici anstellte, rechnet er die Flickarbeiter zu den Meistern, und demgemäß habe ich in den Berechnungen für 1858 und 61 dasselbe gethan. Dagegen zeigen die Zahlen für Berlin nur das Verhältniß der eigentlichen Meister zu den Gehülfen. Läßt man für die Zahlen des ganzen Staates die Flick- arbeiter weg, so stellt sich das Verhältniß ganz anders, als die obigen Zahlen es darstellen; es kommen dann auf 100 Meister
[Tabelle]
Diese Zahlen beweisen zugleich, daß die nach den obigen Zahlen sich ergebende Abnahme der Gehülfenzahl von 1858 bis 1861 (von 653 auf 440 Gehülfen bei den Zimmerleuten, von 927 auf 566 bei den Maurern pro 100 Meister) nur eine scheinbare, von der Zunahme der Flickarbeiter herrührende ist. Die Zunahme der Flickarbeiter war selbst wieder nicht Folge einer volkswirthschaftlichen, sondern einer polizei- lichen Anordnung. Eine solche war durch die Gewerbe- ordnung von 1845 und die Gewerbenovelle von 1849 eigentlich nicht hervorgerufen worden; man war wohl
Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
waren mäßige, aber immerhin mußte man beſonders auf dem Lande eine Reihe von kleinen Arbeiten auch Leute ſelbſtändig ausführen laſſen, welche die Prüfung nicht beſtanden hatten. Dieſe ſogenannten Flickarbeiter wurden aber erſt 1837 als beſondere Rubrik bei der ſtatiſtiſchen Aufnahme gezählt. Bei der Vergleichung von 1822 und 46, welche Dieterici anſtellte, rechnet er die Flickarbeiter zu den Meiſtern, und demgemäß habe ich in den Berechnungen für 1858 und 61 daſſelbe gethan. Dagegen zeigen die Zahlen für Berlin nur das Verhältniß der eigentlichen Meiſter zu den Gehülfen. Läßt man für die Zahlen des ganzen Staates die Flick- arbeiter weg, ſo ſtellt ſich das Verhältniß ganz anders, als die obigen Zahlen es darſtellen; es kommen dann auf 100 Meiſter
[Tabelle]
Dieſe Zahlen beweiſen zugleich, daß die nach den obigen Zahlen ſich ergebende Abnahme der Gehülfenzahl von 1858 bis 1861 (von 653 auf 440 Gehülfen bei den Zimmerleuten, von 927 auf 566 bei den Maurern pro 100 Meiſter) nur eine ſcheinbare, von der Zunahme der Flickarbeiter herrührende iſt. Die Zunahme der Flickarbeiter war ſelbſt wieder nicht Folge einer volkswirthſchaftlichen, ſondern einer polizei- lichen Anordnung. Eine ſolche war durch die Gewerbe- ordnung von 1845 und die Gewerbenovelle von 1849 eigentlich nicht hervorgerufen worden; man war wohl
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Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
waren mäßige, aber immerhin mußte man beſonders
auf dem Lande eine Reihe von kleinen Arbeiten auch
Leute ſelbſtändig ausführen laſſen, welche die Prüfung
nicht beſtanden hatten. Dieſe ſogenannten Flickarbeiter
wurden aber erſt 1837 als beſondere Rubrik bei der
ſtatiſtiſchen Aufnahme gezählt. Bei der Vergleichung
von 1822 und 46, welche Dieterici anſtellte, rechnet
er die Flickarbeiter zu den Meiſtern, und demgemäß habe
ich in den Berechnungen für 1858 und 61 daſſelbe
gethan. Dagegen zeigen die Zahlen für Berlin nur
das Verhältniß der eigentlichen Meiſter zu den Gehülfen.
Läßt man für die Zahlen des ganzen Staates die Flick-
arbeiter weg, ſo ſtellt ſich das Verhältniß ganz anders,
als die obigen Zahlen es darſtellen; es kommen dann
auf 100 Meiſter
Dieſe Zahlen beweiſen zugleich, daß die nach den
obigen Zahlen ſich ergebende Abnahme der Gehülfenzahl
von 1858 bis 1861 (von 653 auf 440 Gehülfen bei
den Zimmerleuten, von 927 auf 566 bei den
Maurern pro 100 Meiſter) nur eine ſcheinbare,
von der Zunahme der Flickarbeiter herrührende iſt.
Die Zunahme der Flickarbeiter war ſelbſt wieder nicht
Folge einer volkswirthſchaftlichen, ſondern einer polizei-
lichen Anordnung. Eine ſolche war durch die Gewerbe-
ordnung von 1845 und die Gewerbenovelle von 1849
eigentlich nicht hervorgerufen worden; man war wohl
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/400>, abgerufen am 22.11.2024.
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