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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
Schlosser und Buchbinder, Gewerbe, welche schwung-
haft betrieben zur Maschinenanwendung und zur
Spezialisirung auf einzelne Artikel übergegangen sind.
In allen diesen Gewerben kann nicht mehr davon die
Rede sein, daß die Gesellen sämmtlich selbständig werden
können.

Wenn in den Gewerben, welche außer dem Hause
arbeiten lassen, die sämmtlichen so Beschäftigten als
Gehülfen, und nicht, wie vielfach, als Meister gezählt
wären, so würde die Gehülfenzahl in verschiedenen Ge-
werben noch wesentlich höher sein.

Diejenigen Gewerbe, welche eine gleich hohe Gehülfen-
zahl im Durchschnitt haben, werden sich an technischer
Entwickelung, Kapitalbedürfniß, Einkommen und sozialer
Stellung ungefähr auch gleich stehen. Aber doch nicht
vollständig. Das eine Gewerbe bedarf mehr des Kapi-
tals, das andere mehr der persönlichen Arbeitskräfte.
Die Fleischer, Schneider und Schuster z. B. haben
1861 in Preußen dieselbe Gehülfenzahl. Und doch
steht im Durchschnitt der Schneidermeister etwas unter
dem Schuhmachermeister, jedenfalls überragt der Fleischer-
meister beide durchschnittlich an Einkommen und sozialer
Stellung. Der Schuster hat in der Regel schon etwas
mehr Kapital in seinem Geschäft stecken, er treibt eher
als der Schneider Vorrathshandel. Eine andere Stellung
als beide hat der Fleischer, der Geld zum Vieheinkauf
braucht, der meist ein Pferd hält, um auf den Einkauf
zu fahren, der eines eigenen Hauses, einer Schlacht-
stätte schwer entbehren kann. Im Jahre 1822 haben
die Fleischer ein Drittel weniger Gehülfen als die

Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
Schloſſer und Buchbinder, Gewerbe, welche ſchwung-
haft betrieben zur Maſchinenanwendung und zur
Spezialiſirung auf einzelne Artikel übergegangen ſind.
In allen dieſen Gewerben kann nicht mehr davon die
Rede ſein, daß die Geſellen ſämmtlich ſelbſtändig werden
können.

Wenn in den Gewerben, welche außer dem Hauſe
arbeiten laſſen, die ſämmtlichen ſo Beſchäftigten als
Gehülfen, und nicht, wie vielfach, als Meiſter gezählt
wären, ſo würde die Gehülfenzahl in verſchiedenen Ge-
werben noch weſentlich höher ſein.

Diejenigen Gewerbe, welche eine gleich hohe Gehülfen-
zahl im Durchſchnitt haben, werden ſich an techniſcher
Entwickelung, Kapitalbedürfniß, Einkommen und ſozialer
Stellung ungefähr auch gleich ſtehen. Aber doch nicht
vollſtändig. Das eine Gewerbe bedarf mehr des Kapi-
tals, das andere mehr der perſönlichen Arbeitskräfte.
Die Fleiſcher, Schneider und Schuſter z. B. haben
1861 in Preußen dieſelbe Gehülfenzahl. Und doch
ſteht im Durchſchnitt der Schneidermeiſter etwas unter
dem Schuhmachermeiſter, jedenfalls überragt der Fleiſcher-
meiſter beide durchſchnittlich an Einkommen und ſozialer
Stellung. Der Schuſter hat in der Regel ſchon etwas
mehr Kapital in ſeinem Geſchäft ſtecken, er treibt eher
als der Schneider Vorrathshandel. Eine andere Stellung
als beide hat der Fleiſcher, der Geld zum Vieheinkauf
braucht, der meiſt ein Pferd hält, um auf den Einkauf
zu fahren, der eines eigenen Hauſes, einer Schlacht-
ſtätte ſchwer entbehren kann. Im Jahre 1822 haben
die Fleiſcher ein Drittel weniger Gehülfen als die

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[374/0396] Die Vertheilung der Gewerbetreibenden. Schloſſer und Buchbinder, Gewerbe, welche ſchwung- haft betrieben zur Maſchinenanwendung und zur Spezialiſirung auf einzelne Artikel übergegangen ſind. In allen dieſen Gewerben kann nicht mehr davon die Rede ſein, daß die Geſellen ſämmtlich ſelbſtändig werden können. Wenn in den Gewerben, welche außer dem Hauſe arbeiten laſſen, die ſämmtlichen ſo Beſchäftigten als Gehülfen, und nicht, wie vielfach, als Meiſter gezählt wären, ſo würde die Gehülfenzahl in verſchiedenen Ge- werben noch weſentlich höher ſein. Diejenigen Gewerbe, welche eine gleich hohe Gehülfen- zahl im Durchſchnitt haben, werden ſich an techniſcher Entwickelung, Kapitalbedürfniß, Einkommen und ſozialer Stellung ungefähr auch gleich ſtehen. Aber doch nicht vollſtändig. Das eine Gewerbe bedarf mehr des Kapi- tals, das andere mehr der perſönlichen Arbeitskräfte. Die Fleiſcher, Schneider und Schuſter z. B. haben 1861 in Preußen dieſelbe Gehülfenzahl. Und doch ſteht im Durchſchnitt der Schneidermeiſter etwas unter dem Schuhmachermeiſter, jedenfalls überragt der Fleiſcher- meiſter beide durchſchnittlich an Einkommen und ſozialer Stellung. Der Schuſter hat in der Regel ſchon etwas mehr Kapital in ſeinem Geſchäft ſtecken, er treibt eher als der Schneider Vorrathshandel. Eine andere Stellung als beide hat der Fleiſcher, der Geld zum Vieheinkauf braucht, der meiſt ein Pferd hält, um auf den Einkauf zu fahren, der eines eigenen Hauſes, einer Schlacht- ſtätte ſchwer entbehren kann. Im Jahre 1822 haben die Fleiſcher ein Drittel weniger Gehülfen als die

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/396>, abgerufen am 23.11.2024.