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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Klagen über gewerbliche Noth.
stand des Bürgerstandes zerstört haben und die haupt-
sächlichsten derselben mögen in falschen Abgabensystemen,
in der Verwandlung einträglicher Gewerbe in Fabrik-
anstalten, in der Aufhebung oder Beeinträchtigung der
Innungen und in den Handelseinschränkungen zu suchen
sein."

Wir wollen mit Krug hier nicht rechten, in wie
weit er Recht hat mit seinen Klagen, mit den Ursachen,
die er anführt. Er vermengt Wahres mit Falschem;
er sieht vorübergehende Mißstände zu Ende des Jahr-
hunderts für dauernde Ursachen an; er verkennt man-
ches Gute, weil es neu ist, weil es ihm als zusammen-
hängend mit verderblichem Luxus erscheint1 -- aber
so viel beweisen seine Worte, blühend war das Hand-
werk des 18. Jahrhunderts nicht.

Suchen wir nun Einiges über die Zahlen der
Handwerker und ihrer Gehülfen beizubringen.

Der vorhin schon erwähnte Unterschied in der
Rückwirkung der allgemeinen Zustände auf die Zahl
der Handwerker mußte sich zeigen Hauptsächlich zwischen
den reinen Lokalgewerben, die für den täglichen Absatz
die nothwendigsten Waaren liefern, und jenen, die ent-
behrlichere Waaren, sowie Waaren für den entfernteren
Absatz produziren. Bei letztern wird der Ruin viel
schneller eintreten, die Meisterzahl wird rasch sinken;

1 Die statistischen Belege, welche er von den Städten
der Kurmark als Beweis des Verfalls anführt, zeigen wohl
einzelnes Schlimme, aber zum größern Theile beweisen sie
das Gegentheil, nämlich den volkswirthschaftlichen Fortschritt der
kurmärkischen Städte.
Schmoller, Gesch. d. Kleingewerbe. 2

Die Klagen über gewerbliche Noth.
ſtand des Bürgerſtandes zerſtört haben und die haupt-
ſächlichſten derſelben mögen in falſchen Abgabenſyſtemen,
in der Verwandlung einträglicher Gewerbe in Fabrik-
anſtalten, in der Aufhebung oder Beeinträchtigung der
Innungen und in den Handelseinſchränkungen zu ſuchen
ſein.“

Wir wollen mit Krug hier nicht rechten, in wie
weit er Recht hat mit ſeinen Klagen, mit den Urſachen,
die er anführt. Er vermengt Wahres mit Falſchem;
er ſieht vorübergehende Mißſtände zu Ende des Jahr-
hunderts für dauernde Urſachen an; er verkennt man-
ches Gute, weil es neu iſt, weil es ihm als zuſammen-
hängend mit verderblichem Luxus erſcheint1 — aber
ſo viel beweiſen ſeine Worte, blühend war das Hand-
werk des 18. Jahrhunderts nicht.

Suchen wir nun Einiges über die Zahlen der
Handwerker und ihrer Gehülfen beizubringen.

Der vorhin ſchon erwähnte Unterſchied in der
Rückwirkung der allgemeinen Zuſtände auf die Zahl
der Handwerker mußte ſich zeigen Hauptſächlich zwiſchen
den reinen Lokalgewerben, die für den täglichen Abſatz
die nothwendigſten Waaren liefern, und jenen, die ent-
behrlichere Waaren, ſowie Waaren für den entfernteren
Abſatz produziren. Bei letztern wird der Ruin viel
ſchneller eintreten, die Meiſterzahl wird raſch ſinken;

1 Die ſtatiſtiſchen Belege, welche er von den Städten
der Kurmark als Beweis des Verfalls anführt, zeigen wohl
einzelnes Schlimme, aber zum größern Theile beweiſen ſie
das Gegentheil, nämlich den volkswirthſchaftlichen Fortſchritt der
kurmärkiſchen Städte.
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[17/0039] Die Klagen über gewerbliche Noth. ſtand des Bürgerſtandes zerſtört haben und die haupt- ſächlichſten derſelben mögen in falſchen Abgabenſyſtemen, in der Verwandlung einträglicher Gewerbe in Fabrik- anſtalten, in der Aufhebung oder Beeinträchtigung der Innungen und in den Handelseinſchränkungen zu ſuchen ſein.“ Wir wollen mit Krug hier nicht rechten, in wie weit er Recht hat mit ſeinen Klagen, mit den Urſachen, die er anführt. Er vermengt Wahres mit Falſchem; er ſieht vorübergehende Mißſtände zu Ende des Jahr- hunderts für dauernde Urſachen an; er verkennt man- ches Gute, weil es neu iſt, weil es ihm als zuſammen- hängend mit verderblichem Luxus erſcheint 1 — aber ſo viel beweiſen ſeine Worte, blühend war das Hand- werk des 18. Jahrhunderts nicht. Suchen wir nun Einiges über die Zahlen der Handwerker und ihrer Gehülfen beizubringen. Der vorhin ſchon erwähnte Unterſchied in der Rückwirkung der allgemeinen Zuſtände auf die Zahl der Handwerker mußte ſich zeigen Hauptſächlich zwiſchen den reinen Lokalgewerben, die für den täglichen Abſatz die nothwendigſten Waaren liefern, und jenen, die ent- behrlichere Waaren, ſowie Waaren für den entfernteren Abſatz produziren. Bei letztern wird der Ruin viel ſchneller eintreten, die Meiſterzahl wird raſch ſinken; 1 Die ſtatiſtiſchen Belege, welche er von den Städten der Kurmark als Beweis des Verfalls anführt, zeigen wohl einzelnes Schlimme, aber zum größern Theile beweiſen ſie das Gegentheil, nämlich den volkswirthſchaftlichen Fortſchritt der kurmärkiſchen Städte. Schmoller, Geſch. d. Kleingewerbe. 2

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/39>, abgerufen am 22.11.2024.