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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Gehülfen in den größern Städten 1861.
ließe sich ein Schluß ziehen, den ich freilich nur mit
einer gewissen Vorsicht aussprechen möchte, -- nämlich
der, daß für die Mehrzahl der Handwerke der Ueber-
gang zu einem größern Betriebe, auch heute noch eine
gewisse Grenze hat, wenigstens 1861 noch hatte. Ich
suchte oben zu zeigen, daß das heutige Handwerk nicht
zu dem wird, was man spezifisch Großindustrie nennt,
sondern nur zu etwas umfassenderen und anders orga-
nisirten Geschäften übergeht. Erwägt man überdieß, daß
gerade in den großen Städten doch noch viele kleine
Meister, Anfänger, Flickarbeiter ohne alle Gehülfen
arbeiten, so könnte man allerdings den Schluß für
berechtigt halten, 2--3 Gehülfen auf einen Meister
im Durchschnitt sei das Maximum. Immer aber bleibt
dieser Schluß problematisch; er ist richtig für einzelne,
für viele Gewerbszweige, daneben unrichtig für andere,
welche auch in der Handwerkertabelle verzeichnet sind
und bis zu 10 und mehr Gehülen auf einen Meister
haben können, wie das Zimmer- und Maurergewerbe,
einzelne Metall- und Holzgewerbe, Glockengießereien,
große Möbelanstalten.

Daß im Königreich Sachsen die Zahl der Gehülfen
im Durchschnitt des ganzen Staates wesentlich höher
ist, als die in Preußen, sahen wir schon; sie ist höher
als die irgend eines preußischen Regierungsbezirks.
Stadt und Land haben gleichmäßig blühende Gewerbe
aller Art; die dortige Handwerkertabelle umfaßt mehr
wahrscheinlich als die irgend eines andern größern
deutschen Landes solche Geschäfte, die für den Absatz
im Großen thätig sind.

Die Gehülfen in den größern Städten 1861.
ließe ſich ein Schluß ziehen, den ich freilich nur mit
einer gewiſſen Vorſicht ausſprechen möchte, — nämlich
der, daß für die Mehrzahl der Handwerke der Ueber-
gang zu einem größern Betriebe, auch heute noch eine
gewiſſe Grenze hat, wenigſtens 1861 noch hatte. Ich
ſuchte oben zu zeigen, daß das heutige Handwerk nicht
zu dem wird, was man ſpezifiſch Großinduſtrie nennt,
ſondern nur zu etwas umfaſſenderen und anders orga-
niſirten Geſchäften übergeht. Erwägt man überdieß, daß
gerade in den großen Städten doch noch viele kleine
Meiſter, Anfänger, Flickarbeiter ohne alle Gehülfen
arbeiten, ſo könnte man allerdings den Schluß für
berechtigt halten, 2—3 Gehülfen auf einen Meiſter
im Durchſchnitt ſei das Maximum. Immer aber bleibt
dieſer Schluß problematiſch; er iſt richtig für einzelne,
für viele Gewerbszweige, daneben unrichtig für andere,
welche auch in der Handwerkertabelle verzeichnet ſind
und bis zu 10 und mehr Gehülen auf einen Meiſter
haben können, wie das Zimmer- und Maurergewerbe,
einzelne Metall- und Holzgewerbe, Glockengießereien,
große Möbelanſtalten.

Daß im Königreich Sachſen die Zahl der Gehülfen
im Durchſchnitt des ganzen Staates weſentlich höher
iſt, als die in Preußen, ſahen wir ſchon; ſie iſt höher
als die irgend eines preußiſchen Regierungsbezirks.
Stadt und Land haben gleichmäßig blühende Gewerbe
aller Art; die dortige Handwerkertabelle umfaßt mehr
wahrſcheinlich als die irgend eines andern größern
deutſchen Landes ſolche Geſchäfte, die für den Abſatz
im Großen thätig ſind.

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[365/0387] Die Gehülfen in den größern Städten 1861. ließe ſich ein Schluß ziehen, den ich freilich nur mit einer gewiſſen Vorſicht ausſprechen möchte, — nämlich der, daß für die Mehrzahl der Handwerke der Ueber- gang zu einem größern Betriebe, auch heute noch eine gewiſſe Grenze hat, wenigſtens 1861 noch hatte. Ich ſuchte oben zu zeigen, daß das heutige Handwerk nicht zu dem wird, was man ſpezifiſch Großinduſtrie nennt, ſondern nur zu etwas umfaſſenderen und anders orga- niſirten Geſchäften übergeht. Erwägt man überdieß, daß gerade in den großen Städten doch noch viele kleine Meiſter, Anfänger, Flickarbeiter ohne alle Gehülfen arbeiten, ſo könnte man allerdings den Schluß für berechtigt halten, 2—3 Gehülfen auf einen Meiſter im Durchſchnitt ſei das Maximum. Immer aber bleibt dieſer Schluß problematiſch; er iſt richtig für einzelne, für viele Gewerbszweige, daneben unrichtig für andere, welche auch in der Handwerkertabelle verzeichnet ſind und bis zu 10 und mehr Gehülen auf einen Meiſter haben können, wie das Zimmer- und Maurergewerbe, einzelne Metall- und Holzgewerbe, Glockengießereien, große Möbelanſtalten. Daß im Königreich Sachſen die Zahl der Gehülfen im Durchſchnitt des ganzen Staates weſentlich höher iſt, als die in Preußen, ſahen wir ſchon; ſie iſt höher als die irgend eines preußiſchen Regierungsbezirks. Stadt und Land haben gleichmäßig blühende Gewerbe aller Art; die dortige Handwerkertabelle umfaßt mehr wahrſcheinlich als die irgend eines andern größern deutſchen Landes ſolche Geſchäfte, die für den Abſatz im Großen thätig ſind.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/387>, abgerufen am 24.11.2024.