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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die sinkende Möglichkeit des Meisterwerdens.
Lehrzeit größer werden, und einen ähnlichen Einfluß
müßte eine etwaige Verschiedenheit der mittleren Lebens-
dauer der Meister äußern. Gewerbe, bei denen diese
Normalverhältnisse nicht erreicht werden, gehen entweder
zurück oder rekrutiren sich vorzugsweise aus dem Aus-
lande; Gewerbe dagegen, welche ein größeres Verhältniß
darbieten, sind entweder in der Vermehrung begriffen
oder überhaupt nicht geeignet, allen Gesellen Aussicht
auf Selbständigkeit zu gewähren."

Die hier angenommene Sterblichkeit wird ungefähr
den realen Verhältnissen entsprechen. Soweit exakte
Untersuchungen über Sterblichkeit dieser Berufsklassen
vorliegen, bestätigen sie ungefähr die hier ange-
nommenen Zahlen. Es sind die bekannten von
Neufville, Engel und Neumann.1 Näher auf sie
einzugehen, ist hier nicht der Ort. Nur ein paar
Worte sind zu bemerken. Die beiden letzten Unter-
suchungen beschäftigen sich mit den Meistern und Ge-
hülfen zusammen, mit den 15--70 jährigen; wenn
Engel also für die verschiedenen hauptsächlichen Hand-
werke ein Durchschnittsalter von 33--48 Jahre berech-
net, so widerspricht das der obigen Annahme nicht;

1 Dr. A. Neufville, Lebensdauer und Todesursachen 22
verschiedener Stände und Gewerbe, Frankfurt 1855. Die
Beobachtung umfaßt die Stadt Frankfurt und die Zeit von
1820--55. Engel in der Zeitschr. des statist. Bür. 1862. S. 242.
Es sind Berliner Ergebnisse von 1855--60. Neumann, das
Sterblichkeitsverhältniß der Berliner Arbeiterbevölkerung. Arbeiter-
freund 1866. S. 113 ff. Siehe auch Frantz, Handbuch der
Statistik, 1864. S. 117 ff.

Die ſinkende Möglichkeit des Meiſterwerdens.
Lehrzeit größer werden, und einen ähnlichen Einfluß
müßte eine etwaige Verſchiedenheit der mittleren Lebens-
dauer der Meiſter äußern. Gewerbe, bei denen dieſe
Normalverhältniſſe nicht erreicht werden, gehen entweder
zurück oder rekrutiren ſich vorzugsweiſe aus dem Aus-
lande; Gewerbe dagegen, welche ein größeres Verhältniß
darbieten, ſind entweder in der Vermehrung begriffen
oder überhaupt nicht geeignet, allen Geſellen Ausſicht
auf Selbſtändigkeit zu gewähren.“

Die hier angenommene Sterblichkeit wird ungefähr
den realen Verhältniſſen entſprechen. Soweit exakte
Unterſuchungen über Sterblichkeit dieſer Berufsklaſſen
vorliegen, beſtätigen ſie ungefähr die hier ange-
nommenen Zahlen. Es ſind die bekannten von
Neufville, Engel und Neumann.1 Näher auf ſie
einzugehen, iſt hier nicht der Ort. Nur ein paar
Worte ſind zu bemerken. Die beiden letzten Unter-
ſuchungen beſchäftigen ſich mit den Meiſtern und Ge-
hülfen zuſammen, mit den 15—70 jährigen; wenn
Engel alſo für die verſchiedenen hauptſächlichen Hand-
werke ein Durchſchnittsalter von 33—48 Jahre berech-
net, ſo widerſpricht das der obigen Annahme nicht;

1 Dr. A. Neufville, Lebensdauer und Todesurſachen 22
verſchiedener Stände und Gewerbe, Frankfurt 1855. Die
Beobachtung umfaßt die Stadt Frankfurt und die Zeit von
1820—55. Engel in der Zeitſchr. des ſtatiſt. Bür. 1862. S. 242.
Es ſind Berliner Ergebniſſe von 1855—60. Neumann, das
Sterblichkeitsverhältniß der Berliner Arbeiterbevölkerung. Arbeiter-
freund 1866. S. 113 ff. Siehe auch Frantz, Handbuch der
Statiſtik, 1864. S. 117 ff.
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[341/0363] Die ſinkende Möglichkeit des Meiſterwerdens. Lehrzeit größer werden, und einen ähnlichen Einfluß müßte eine etwaige Verſchiedenheit der mittleren Lebens- dauer der Meiſter äußern. Gewerbe, bei denen dieſe Normalverhältniſſe nicht erreicht werden, gehen entweder zurück oder rekrutiren ſich vorzugsweiſe aus dem Aus- lande; Gewerbe dagegen, welche ein größeres Verhältniß darbieten, ſind entweder in der Vermehrung begriffen oder überhaupt nicht geeignet, allen Geſellen Ausſicht auf Selbſtändigkeit zu gewähren.“ Die hier angenommene Sterblichkeit wird ungefähr den realen Verhältniſſen entſprechen. Soweit exakte Unterſuchungen über Sterblichkeit dieſer Berufsklaſſen vorliegen, beſtätigen ſie ungefähr die hier ange- nommenen Zahlen. Es ſind die bekannten von Neufville, Engel und Neumann. 1 Näher auf ſie einzugehen, iſt hier nicht der Ort. Nur ein paar Worte ſind zu bemerken. Die beiden letzten Unter- ſuchungen beſchäftigen ſich mit den Meiſtern und Ge- hülfen zuſammen, mit den 15—70 jährigen; wenn Engel alſo für die verſchiedenen hauptſächlichen Hand- werke ein Durchſchnittsalter von 33—48 Jahre berech- net, ſo widerſpricht das der obigen Annahme nicht; 1 Dr. A. Neufville, Lebensdauer und Todesurſachen 22 verſchiedener Stände und Gewerbe, Frankfurt 1855. Die Beobachtung umfaßt die Stadt Frankfurt und die Zeit von 1820—55. Engel in der Zeitſchr. des ſtatiſt. Bür. 1862. S. 242. Es ſind Berliner Ergebniſſe von 1855—60. Neumann, das Sterblichkeitsverhältniß der Berliner Arbeiterbevölkerung. Arbeiter- freund 1866. S. 113 ff. Siehe auch Frantz, Handbuch der Statiſtik, 1864. S. 117 ff.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/363>, abgerufen am 24.11.2024.