Der Verfasser der Untersuchungen über sächsische Handwerkerstatistik in der Zeitschrift des sächsischen statisti- schen Büreaus hat den Hoffmann'schen Gedanken etwas genauer ausgeführt und kommt da zu folgendem Resul- tat. "Nimmt man" -- sagt er -- "an, daß im Mittel der Handwerker nicht vor dem dreißigsten Jahre Meister wird, und daß die mittlere Lebensdauer des Handwerks- meisters 55 Jahre sei (statt 60--70, wie Hoffmann), so ist in jedem Jahre nur der 25 ste Theil der Meister zu ergänzen, um die absolute Zahl zu erhalten. Neh- men wir aber, da auch ein Zuwachs der Bevölkerung zu beachten ist, und mancher Meister aus andern Gründen in Abgang kommt, den zwanzigsten Theil an. Ist ferner die durchschnittliche Lehrzeit 4 Jahre und wird auch die Sterblichkeit zwischen dem 14 ten und 30 sten Lebenjahre beachtet, so kann die Zahl der Lehr- linge in einem Gewerbe, welche herangebildet werden muß, um den Personalbestand im Verhältniß zur Be- völkerung auf gleicher Höhe zu erhalten, nur zwischen 1/4 und höchstens 1/3 der Meisterzahl betragen; d. h. nur je der dritte oder vierte Meister darf einen Lehrling halten, wenn nicht ein Ueberschuß herangebildet werden soll, der keine Aussicht auf Selbständigkeit hat. Die mittlere Gesellenzeit nehmen wir hoch zu 12 Jahren an. Die Zahl der Gesellen wird also unter gleicher Voraussetzung zur Erhaltung des Gleichgewichts nur 3/4-- der Meister betragen, die Summe der Gesellen und Lehrlinge sich also zu den Meistern zwischen 1:1 und 1,33 : 1 verhalten dürfen. Bei Gewerben mit kurzer Lehrzeit wird dieses Verhältniß kleiner, bei langer
Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
Der Verfaſſer der Unterſuchungen über ſächſiſche Handwerkerſtatiſtik in der Zeitſchrift des ſächſiſchen ſtatiſti- ſchen Büreaus hat den Hoffmann’ſchen Gedanken etwas genauer ausgeführt und kommt da zu folgendem Reſul- tat. „Nimmt man“ — ſagt er — „an, daß im Mittel der Handwerker nicht vor dem dreißigſten Jahre Meiſter wird, und daß die mittlere Lebensdauer des Handwerks- meiſters 55 Jahre ſei (ſtatt 60—70, wie Hoffmann), ſo iſt in jedem Jahre nur der 25 ſte Theil der Meiſter zu ergänzen, um die abſolute Zahl zu erhalten. Neh- men wir aber, da auch ein Zuwachs der Bevölkerung zu beachten iſt, und mancher Meiſter aus andern Gründen in Abgang kommt, den zwanzigſten Theil an. Iſt ferner die durchſchnittliche Lehrzeit 4 Jahre und wird auch die Sterblichkeit zwiſchen dem 14 ten und 30 ſten Lebenjahre beachtet, ſo kann die Zahl der Lehr- linge in einem Gewerbe, welche herangebildet werden muß, um den Perſonalbeſtand im Verhältniß zur Be- völkerung auf gleicher Höhe zu erhalten, nur zwiſchen ¼ und höchſtens ⅓ der Meiſterzahl betragen; d. h. nur je der dritte oder vierte Meiſter darf einen Lehrling halten, wenn nicht ein Ueberſchuß herangebildet werden ſoll, der keine Ausſicht auf Selbſtändigkeit hat. Die mittlere Geſellenzeit nehmen wir hoch zu 12 Jahren an. Die Zahl der Geſellen wird alſo unter gleicher Vorausſetzung zur Erhaltung des Gleichgewichts nur ¾— der Meiſter betragen, die Summe der Geſellen und Lehrlinge ſich alſo zu den Meiſtern zwiſchen 1:1 und 1,33 : 1 verhalten dürfen. Bei Gewerben mit kurzer Lehrzeit wird dieſes Verhältniß kleiner, bei langer
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Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
Der Verfaſſer der Unterſuchungen über ſächſiſche
Handwerkerſtatiſtik in der Zeitſchrift des ſächſiſchen ſtatiſti-
ſchen Büreaus hat den Hoffmann’ſchen Gedanken etwas
genauer ausgeführt und kommt da zu folgendem Reſul-
tat. „Nimmt man“ — ſagt er — „an, daß im Mittel
der Handwerker nicht vor dem dreißigſten Jahre Meiſter
wird, und daß die mittlere Lebensdauer des Handwerks-
meiſters 55 Jahre ſei (ſtatt 60—70, wie Hoffmann),
ſo iſt in jedem Jahre nur der 25 ſte Theil der Meiſter
zu ergänzen, um die abſolute Zahl zu erhalten. Neh-
men wir aber, da auch ein Zuwachs der Bevölkerung
zu beachten iſt, und mancher Meiſter aus andern
Gründen in Abgang kommt, den zwanzigſten Theil an.
Iſt ferner die durchſchnittliche Lehrzeit 4 Jahre und
wird auch die Sterblichkeit zwiſchen dem 14 ten und
30 ſten Lebenjahre beachtet, ſo kann die Zahl der Lehr-
linge in einem Gewerbe, welche herangebildet werden
muß, um den Perſonalbeſtand im Verhältniß zur Be-
völkerung auf gleicher Höhe zu erhalten, nur zwiſchen
¼ und höchſtens ⅓ der Meiſterzahl betragen; d. h. nur
je der dritte oder vierte Meiſter darf einen Lehrling
halten, wenn nicht ein Ueberſchuß herangebildet werden
ſoll, der keine Ausſicht auf Selbſtändigkeit hat. Die
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an. Die Zahl der Geſellen wird alſo unter gleicher
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und Lehrlinge ſich alſo zu den Meiſtern zwiſchen 1:1
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/362>, abgerufen am 24.11.2024.
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