1850--55 ist eine für das Handwerk stabile, gedrückte, und der Druck geht hauptsächlich hervor aus dem Ver- hältniß der Zahl der Gehülfen zu dem der Meister. Die Lage wird keine bessere, weil man in der Hauptsache noch zu keiner andern Organisation der Geschäfte über- geht, weil die technischen Fortschritte nicht Platz greifen; die Zahl der Gehülfen nimmt nicht mehr bedeutend zu, weil viele auswandern und in Fabriken eintreten, weil die allgemeine Noth unter den Meistern doch manche jungen Leute von dem Erlernen eines Handwerks abschreckt.
Erst mit der Mitte der fünfziger Jahre wird das anders. Die technische Bildung und der Verkehr steigen; alle Verhältnisse werden andere. Auch im Handwerk vollzieht sich mehr und mehr die oben eingehender besprochene Revolution. Neue Kräfte strömen zu, Lehr- linge sind wieder gesucht. Das Verhältniß der Ge- hülfen zu den Meistern, das lange 80:100 gewesen war, geht auf 104:100 im Jahre 1861 empor. Auch wenn man die Maurer- und Zimmerflickarbeiter nicht zu den Gehülfen, sondern zu den Meistern rechnete, ist das Verhältniß 98,49: 100.
Unwiderleglich liegt in der großen Veränderung seit 1830 der Beweis, daß auch das Handwerk, wenig- stens ein Theil desselben, mehr und mehr zu etwas größern Betrieben übergeht.
Ich will nun zunächst absichtlich davon absehen, daß der Landmeister wie der Meister in kleinern Städten vielfach auch heute noch ohne Gesellen und Lehrlinge arbeitet, daß die Gehülfenzahl in einigen Gewerben viel größer ist als in andern, ich will auch das außer Acht
Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
1850—55 iſt eine für das Handwerk ſtabile, gedrückte, und der Druck geht hauptſächlich hervor aus dem Ver- hältniß der Zahl der Gehülfen zu dem der Meiſter. Die Lage wird keine beſſere, weil man in der Hauptſache noch zu keiner andern Organiſation der Geſchäfte über- geht, weil die techniſchen Fortſchritte nicht Platz greifen; die Zahl der Gehülfen nimmt nicht mehr bedeutend zu, weil viele auswandern und in Fabriken eintreten, weil die allgemeine Noth unter den Meiſtern doch manche jungen Leute von dem Erlernen eines Handwerks abſchreckt.
Erſt mit der Mitte der fünfziger Jahre wird das anders. Die techniſche Bildung und der Verkehr ſteigen; alle Verhältniſſe werden andere. Auch im Handwerk vollzieht ſich mehr und mehr die oben eingehender beſprochene Revolution. Neue Kräfte ſtrömen zu, Lehr- linge ſind wieder geſucht. Das Verhältniß der Ge- hülfen zu den Meiſtern, das lange 80:100 geweſen war, geht auf 104:100 im Jahre 1861 empor. Auch wenn man die Maurer- und Zimmerflickarbeiter nicht zu den Gehülfen, ſondern zu den Meiſtern rechnete, iſt das Verhältniß 98,49: 100.
Unwiderleglich liegt in der großen Veränderung ſeit 1830 der Beweis, daß auch das Handwerk, wenig- ſtens ein Theil deſſelben, mehr und mehr zu etwas größern Betrieben übergeht.
Ich will nun zunächſt abſichtlich davon abſehen, daß der Landmeiſter wie der Meiſter in kleinern Städten vielfach auch heute noch ohne Geſellen und Lehrlinge arbeitet, daß die Gehülfenzahl in einigen Gewerben viel größer iſt als in andern, ich will auch das außer Acht
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Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
1850—55 iſt eine für das Handwerk ſtabile, gedrückte,
und der Druck geht hauptſächlich hervor aus dem Ver-
hältniß der Zahl der Gehülfen zu dem der Meiſter.
Die Lage wird keine beſſere, weil man in der Hauptſache
noch zu keiner andern Organiſation der Geſchäfte über-
geht, weil die techniſchen Fortſchritte nicht Platz greifen;
die Zahl der Gehülfen nimmt nicht mehr bedeutend zu,
weil viele auswandern und in Fabriken eintreten, weil die
allgemeine Noth unter den Meiſtern doch manche jungen
Leute von dem Erlernen eines Handwerks abſchreckt.
Erſt mit der Mitte der fünfziger Jahre wird das
anders. Die techniſche Bildung und der Verkehr ſteigen;
alle Verhältniſſe werden andere. Auch im Handwerk
vollzieht ſich mehr und mehr die oben eingehender
beſprochene Revolution. Neue Kräfte ſtrömen zu, Lehr-
linge ſind wieder geſucht. Das Verhältniß der Ge-
hülfen zu den Meiſtern, das lange 80:100 geweſen
war, geht auf 104:100 im Jahre 1861 empor. Auch
wenn man die Maurer- und Zimmerflickarbeiter nicht
zu den Gehülfen, ſondern zu den Meiſtern rechnete, iſt
das Verhältniß 98,49: 100.
Unwiderleglich liegt in der großen Veränderung
ſeit 1830 der Beweis, daß auch das Handwerk, wenig-
ſtens ein Theil deſſelben, mehr und mehr zu etwas
größern Betrieben übergeht.
Ich will nun zunächſt abſichtlich davon abſehen,
daß der Landmeiſter wie der Meiſter in kleinern Städten
vielfach auch heute noch ohne Geſellen und Lehrlinge
arbeitet, daß die Gehülfenzahl in einigen Gewerben viel
größer iſt als in andern, ich will auch das außer Acht
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/358>, abgerufen am 23.11.2024.
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