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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Der Wechsel in der Gehülfenzahl 1816--43.

Von 1834 an tritt dieser Rückgang zunächst nicht
mehr ein. Die Meister steigen langsam und gleich-
mäßig, viel stärker aber die Gehülfen. Sie, die 1828
noch 56 % der Meister ausgemacht, machen 1843 schon
76 % aus. In den guten Jahren 1833--40 hatten
die Meister den steigenden Bedürfnissen dadurch genügt,
daß sie eine größere Zahl Lehrlinge angenommen und
dieselben später als Gesellen beschäftigt hatten. Das
ergab blühende Zustände, gute Geschäfte für die Meister,
so lange die neu dem Gewerbe Zutretenden jung waren,
noch nicht selbst Meister werden wollten.

Als aber gegen 1840--43 die zahlreich seit 1828
Eingetretenen älter wurden, das dreißigste Lebensjahr meist
hinter sich hatten, da begann die kritische Zeit; entweder
mußte der Stand der Meister die großen Ueberschüsse
aufnehmen, oder man mußte zu einem System verhei-
ratheter Gesellen übergehen, oder es mußten Handwerks-
gesellen in größerer Zahl in Fabriken eintreten, zu an-
dern Berufsarten übergehen.

Die Mehrzahl der Gesellen war in den Städten,
hatte bisher da gearbeitet; sie versuchten eigene Geschäfte
anzufangen; es wurde immer schwieriger, es war bei der
Umbildung der Technik immer mehr Kapital dazu nöthig.
Viele Bankerotte solcher Anfänger und Klagen, daß
das Handwerk übersetzt sei, mußten nun nebeneinander vor-
kommen. Theilweise allerdings trat nun die Uebersiedlung
älterer Gesellen auf das Land, nach kleinern Städten
ein. Aber immer fällt dem Gesellen, der in der Stadt
gelebt, die Rückkehr in das stille Dorf der Heimath
schwer. Jeder fängt nur da gerne ein selbständiges

Der Wechſel in der Gehülfenzahl 1816—43.

Von 1834 an tritt dieſer Rückgang zunächſt nicht
mehr ein. Die Meiſter ſteigen langſam und gleich-
mäßig, viel ſtärker aber die Gehülfen. Sie, die 1828
noch 56 % der Meiſter ausgemacht, machen 1843 ſchon
76 % aus. In den guten Jahren 1833—40 hatten
die Meiſter den ſteigenden Bedürfniſſen dadurch genügt,
daß ſie eine größere Zahl Lehrlinge angenommen und
dieſelben ſpäter als Geſellen beſchäftigt hatten. Das
ergab blühende Zuſtände, gute Geſchäfte für die Meiſter,
ſo lange die neu dem Gewerbe Zutretenden jung waren,
noch nicht ſelbſt Meiſter werden wollten.

Als aber gegen 1840—43 die zahlreich ſeit 1828
Eingetretenen älter wurden, das dreißigſte Lebensjahr meiſt
hinter ſich hatten, da begann die kritiſche Zeit; entweder
mußte der Stand der Meiſter die großen Ueberſchüſſe
aufnehmen, oder man mußte zu einem Syſtem verhei-
ratheter Geſellen übergehen, oder es mußten Handwerks-
geſellen in größerer Zahl in Fabriken eintreten, zu an-
dern Berufsarten übergehen.

Die Mehrzahl der Geſellen war in den Städten,
hatte bisher da gearbeitet; ſie verſuchten eigene Geſchäfte
anzufangen; es wurde immer ſchwieriger, es war bei der
Umbildung der Technik immer mehr Kapital dazu nöthig.
Viele Bankerotte ſolcher Anfänger und Klagen, daß
das Handwerk überſetzt ſei, mußten nun nebeneinander vor-
kommen. Theilweiſe allerdings trat nun die Ueberſiedlung
älterer Geſellen auf das Land, nach kleinern Städten
ein. Aber immer fällt dem Geſellen, der in der Stadt
gelebt, die Rückkehr in das ſtille Dorf der Heimath
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[333/0355] Der Wechſel in der Gehülfenzahl 1816—43. Von 1834 an tritt dieſer Rückgang zunächſt nicht mehr ein. Die Meiſter ſteigen langſam und gleich- mäßig, viel ſtärker aber die Gehülfen. Sie, die 1828 noch 56 % der Meiſter ausgemacht, machen 1843 ſchon 76 % aus. In den guten Jahren 1833—40 hatten die Meiſter den ſteigenden Bedürfniſſen dadurch genügt, daß ſie eine größere Zahl Lehrlinge angenommen und dieſelben ſpäter als Geſellen beſchäftigt hatten. Das ergab blühende Zuſtände, gute Geſchäfte für die Meiſter, ſo lange die neu dem Gewerbe Zutretenden jung waren, noch nicht ſelbſt Meiſter werden wollten. Als aber gegen 1840—43 die zahlreich ſeit 1828 Eingetretenen älter wurden, das dreißigſte Lebensjahr meiſt hinter ſich hatten, da begann die kritiſche Zeit; entweder mußte der Stand der Meiſter die großen Ueberſchüſſe aufnehmen, oder man mußte zu einem Syſtem verhei- ratheter Geſellen übergehen, oder es mußten Handwerks- geſellen in größerer Zahl in Fabriken eintreten, zu an- dern Berufsarten übergehen. Die Mehrzahl der Geſellen war in den Städten, hatte bisher da gearbeitet; ſie verſuchten eigene Geſchäfte anzufangen; es wurde immer ſchwieriger, es war bei der Umbildung der Technik immer mehr Kapital dazu nöthig. Viele Bankerotte ſolcher Anfänger und Klagen, daß das Handwerk überſetzt ſei, mußten nun nebeneinander vor- kommen. Theilweiſe allerdings trat nun die Ueberſiedlung älterer Geſellen auf das Land, nach kleinern Städten ein. Aber immer fällt dem Geſellen, der in der Stadt gelebt, die Rückkehr in das ſtille Dorf der Heimath ſchwer. Jeder fängt nur da gerne ein ſelbſtändiges

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/355>, abgerufen am 23.11.2024.