behauptet hat, noch daß es umgekehrt in gerader Proportion mit ihnen abnimmt, wie andere oftmals vorgaben. Ich werde darauf im Zusammenhang mit den andern Ursachen, um die es sich handelt, zurück- kommen.
Gehen wir nun endlich nach langen, beinahe ermüden- den Zahlenmittheilungen auf die einzelnen Ursachen näher ein, welche ein schwächeres oder stärkeres Handwerk in den einzelnen Provinzen und Staaten bedingen, welche das Plus oder Minus an Handwerkern beeinflussen und beherrschen, so wird man zunächst beim Allgemeinsten stehen bleiben müssen. Man könnte zuerst geneigt sein, an die Verschiedenheit des Wohlstands überhaupt zu denken, man könnte geneigt sein zu glauben, daß reichere Gegenden mehr, ärmere weniger Handwerker im Ver- hältniß zur Bevölkerung besitzen. Gewiß ist das auch bis auf einen gewissen Grad der Fall; aber entfernt nicht durchaus. Bei größerm Reichthum und hoher Kultur kann die Art und die Richtung der Volkswirth- schaft so sein, daß doch die Zahl der Handwerker nicht so groß ist, als in andern minder wohlhabenden Gegen- den. Schlesien und Nassau haben dieselbe Prozentzahl Handwerker, und Schlesien ist viel reicher; Hohenzollern hat 8,9 % Handwerker, die Rheinprovinz 6,2, und doch ist letztere gewiß viel reicher; Baden hat 6,2 %, Baiern 6,9 %, und letzteres ist weit hinter dem ersten an allge- meiner wirthschaftlicher Entwickelung zurück.
Nächst dem Wohlstand im Allgemeinen wird es gerechtfertigt sein, die Dichtigkeit der Bevölkerung ins Auge zu fassen. Und man wird wieder sagen können,
Die Urſachen der Handwerkerzahl.
behauptet hat, noch daß es umgekehrt in gerader Proportion mit ihnen abnimmt, wie andere oftmals vorgaben. Ich werde darauf im Zuſammenhang mit den andern Urſachen, um die es ſich handelt, zurück- kommen.
Gehen wir nun endlich nach langen, beinahe ermüden- den Zahlenmittheilungen auf die einzelnen Urſachen näher ein, welche ein ſchwächeres oder ſtärkeres Handwerk in den einzelnen Provinzen und Staaten bedingen, welche das Plus oder Minus an Handwerkern beeinfluſſen und beherrſchen, ſo wird man zunächſt beim Allgemeinſten ſtehen bleiben müſſen. Man könnte zuerſt geneigt ſein, an die Verſchiedenheit des Wohlſtands überhaupt zu denken, man könnte geneigt ſein zu glauben, daß reichere Gegenden mehr, ärmere weniger Handwerker im Ver- hältniß zur Bevölkerung beſitzen. Gewiß iſt das auch bis auf einen gewiſſen Grad der Fall; aber entfernt nicht durchaus. Bei größerm Reichthum und hoher Kultur kann die Art und die Richtung der Volkswirth- ſchaft ſo ſein, daß doch die Zahl der Handwerker nicht ſo groß iſt, als in andern minder wohlhabenden Gegen- den. Schleſien und Naſſau haben dieſelbe Prozentzahl Handwerker, und Schleſien iſt viel reicher; Hohenzollern hat 8,9 % Handwerker, die Rheinprovinz 6,2, und doch iſt letztere gewiß viel reicher; Baden hat 6,2 %, Baiern 6,9 %, und letzteres iſt weit hinter dem erſten an allge- meiner wirthſchaftlicher Entwickelung zurück.
Nächſt dem Wohlſtand im Allgemeinen wird es gerechtfertigt ſein, die Dichtigkeit der Bevölkerung ins Auge zu faſſen. Und man wird wieder ſagen können,
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Die Urſachen der Handwerkerzahl.
behauptet hat, noch daß es umgekehrt in gerader
Proportion mit ihnen abnimmt, wie andere oftmals
vorgaben. Ich werde darauf im Zuſammenhang mit
den andern Urſachen, um die es ſich handelt, zurück-
kommen.
Gehen wir nun endlich nach langen, beinahe ermüden-
den Zahlenmittheilungen auf die einzelnen Urſachen näher
ein, welche ein ſchwächeres oder ſtärkeres Handwerk in den
einzelnen Provinzen und Staaten bedingen, welche das
Plus oder Minus an Handwerkern beeinfluſſen und
beherrſchen, ſo wird man zunächſt beim Allgemeinſten
ſtehen bleiben müſſen. Man könnte zuerſt geneigt ſein,
an die Verſchiedenheit des Wohlſtands überhaupt zu
denken, man könnte geneigt ſein zu glauben, daß reichere
Gegenden mehr, ärmere weniger Handwerker im Ver-
hältniß zur Bevölkerung beſitzen. Gewiß iſt das auch
bis auf einen gewiſſen Grad der Fall; aber entfernt
nicht durchaus. Bei größerm Reichthum und hoher
Kultur kann die Art und die Richtung der Volkswirth-
ſchaft ſo ſein, daß doch die Zahl der Handwerker nicht
ſo groß iſt, als in andern minder wohlhabenden Gegen-
den. Schleſien und Naſſau haben dieſelbe Prozentzahl
Handwerker, und Schleſien iſt viel reicher; Hohenzollern
hat 8,9 % Handwerker, die Rheinprovinz 6,2, und doch
iſt letztere gewiß viel reicher; Baden hat 6,2 %, Baiern
6,9 %, und letzteres iſt weit hinter dem erſten an allge-
meiner wirthſchaftlicher Entwickelung zurück.
Nächſt dem Wohlſtand im Allgemeinen wird es
gerechtfertigt ſein, die Dichtigkeit der Bevölkerung ins
Auge zu faſſen. Und man wird wieder ſagen können,
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/331>, abgerufen am 22.11.2024.
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