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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umgestaltung von Produktion und Verkehr.
früher; der Jahr- und Wochenmarktsbesuch ist nicht
mehr derselbe. Der Bauer hat nicht mehr Zeit, so
oft zu Markte zu fahren und ganze Tage mit Verkaufen
und Einkaufen zu verlieren. Der Hausirer kann billigere
und bessere Waaren liefern, als der Laden im Dorfe.
Der Hausirer mit Kramwaaren, mit Weißwaaren, mit
Küchengeschirr, gewinnt dadurch eher wieder. Mancherlei
Neues wird heute produzirt; Bedürfnisse und Ansprüche
ändern sich; in abgelegenere Gegenden kommt dieses
Neue nur durch den Hausirer. Vor Allem aber mußte
der einkaufende Hausirhandel zunehmen. Der Viktualien-
handel ist meist jetzt in den Händen solcher kleinen
Kommissionäre, welche bisher in Preußen einen Hausir-
schein brauchten. Sie kaufen für den Müller die kleinen
Getreideposten zusammen, sie liefern dem Geflügel-
händler, dem Eier-, Butter- und Milchhändler der
Stadt ihre Waaren. Aber fast immer verbindet sich
damit ein Vertrieb von Waaren, welche der Landmann
braucht; sie besorgen dem Bauern dies und jenes in
der Stadt, kaufen dort für ihn ein. Außerdem ist man
heute bemüht, die Abfälle besser zu nützen als früher.
Altes Eisen, Lumpen lassen sich schwer anders sammeln
als durch den Hausirer, sie würden nicht benutzt, wenn
der Hausirer sie nicht holte. Die meisten derartigen
Geschäfte sind in den Händen nicht ganz unbemittelter
Leute; sie müssen baar zahlen und gegen Kredit ver-
kaufen, wenigstens die an die Viktualienhändler der
Stadt verkaufenden. Dazu gehört einiges Kapital.

Das erklärt, warum in neuerer Zeit die Zahl der
sogenannten Hausirer resp. der Hausirpatente auch bei

Die Umgeſtaltung von Produktion und Verkehr.
früher; der Jahr- und Wochenmarktsbeſuch iſt nicht
mehr derſelbe. Der Bauer hat nicht mehr Zeit, ſo
oft zu Markte zu fahren und ganze Tage mit Verkaufen
und Einkaufen zu verlieren. Der Hauſirer kann billigere
und beſſere Waaren liefern, als der Laden im Dorfe.
Der Hauſirer mit Kramwaaren, mit Weißwaaren, mit
Küchengeſchirr, gewinnt dadurch eher wieder. Mancherlei
Neues wird heute produzirt; Bedürfniſſe und Anſprüche
ändern ſich; in abgelegenere Gegenden kommt dieſes
Neue nur durch den Hauſirer. Vor Allem aber mußte
der einkaufende Hauſirhandel zunehmen. Der Viktualien-
handel iſt meiſt jetzt in den Händen ſolcher kleinen
Kommiſſionäre, welche bisher in Preußen einen Hauſir-
ſchein brauchten. Sie kaufen für den Müller die kleinen
Getreidepoſten zuſammen, ſie liefern dem Geflügel-
händler, dem Eier-, Butter- und Milchhändler der
Stadt ihre Waaren. Aber faſt immer verbindet ſich
damit ein Vertrieb von Waaren, welche der Landmann
braucht; ſie beſorgen dem Bauern dies und jenes in
der Stadt, kaufen dort für ihn ein. Außerdem iſt man
heute bemüht, die Abfälle beſſer zu nützen als früher.
Altes Eiſen, Lumpen laſſen ſich ſchwer anders ſammeln
als durch den Hauſirer, ſie würden nicht benutzt, wenn
der Hauſirer ſie nicht holte. Die meiſten derartigen
Geſchäfte ſind in den Händen nicht ganz unbemittelter
Leute; ſie müſſen baar zahlen und gegen Kredit ver-
kaufen, wenigſtens die an die Viktualienhändler der
Stadt verkaufenden. Dazu gehört einiges Kapital.

Das erklärt, warum in neuerer Zeit die Zahl der
ſogenannten Hauſirer reſp. der Hauſirpatente auch bei

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[244/0266] Die Umgeſtaltung von Produktion und Verkehr. früher; der Jahr- und Wochenmarktsbeſuch iſt nicht mehr derſelbe. Der Bauer hat nicht mehr Zeit, ſo oft zu Markte zu fahren und ganze Tage mit Verkaufen und Einkaufen zu verlieren. Der Hauſirer kann billigere und beſſere Waaren liefern, als der Laden im Dorfe. Der Hauſirer mit Kramwaaren, mit Weißwaaren, mit Küchengeſchirr, gewinnt dadurch eher wieder. Mancherlei Neues wird heute produzirt; Bedürfniſſe und Anſprüche ändern ſich; in abgelegenere Gegenden kommt dieſes Neue nur durch den Hauſirer. Vor Allem aber mußte der einkaufende Hauſirhandel zunehmen. Der Viktualien- handel iſt meiſt jetzt in den Händen ſolcher kleinen Kommiſſionäre, welche bisher in Preußen einen Hauſir- ſchein brauchten. Sie kaufen für den Müller die kleinen Getreidepoſten zuſammen, ſie liefern dem Geflügel- händler, dem Eier-, Butter- und Milchhändler der Stadt ihre Waaren. Aber faſt immer verbindet ſich damit ein Vertrieb von Waaren, welche der Landmann braucht; ſie beſorgen dem Bauern dies und jenes in der Stadt, kaufen dort für ihn ein. Außerdem iſt man heute bemüht, die Abfälle beſſer zu nützen als früher. Altes Eiſen, Lumpen laſſen ſich ſchwer anders ſammeln als durch den Hauſirer, ſie würden nicht benutzt, wenn der Hauſirer ſie nicht holte. Die meiſten derartigen Geſchäfte ſind in den Händen nicht ganz unbemittelter Leute; ſie müſſen baar zahlen und gegen Kredit ver- kaufen, wenigſtens die an die Viktualienhändler der Stadt verkaufenden. Dazu gehört einiges Kapital. Das erklärt, warum in neuerer Zeit die Zahl der ſogenannten Hauſirer reſp. der Hauſirpatente auch bei

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/266>, abgerufen am 28.11.2024.