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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Wanderlager.

Man wird diesen Wandermagazinen nicht voll-
ständig die volkswirthschaftliche Berechtigung absprechen
dürfen. Wenn an einem Orte ein Geschäft nicht das
ganze Jahr zu thun findet, so kann der Wechsel des
Ortes von Monat zu Monat am Platze sein. Die
Funktion, neue Bedürfnisse in abgelegenen Orten zu
wecken, ist ebenfalls eine berechtigte, wenn sie nicht zu
weit geht.

Auf der andern Seite aber ist ebenso unzweifelhaft,
daß solche Wandermagazine mehr als jeder andere Ge-
werbebetrieb es auf Täuschung des Publikums, auf
Umgehung der Gewerbesteuer anlegen. Die Reklame,
das Aushängeschild des Ausverkaufs, die verführerische
Form der Auktionen muß helfen einen schnellen Absatz
zu bewerkstelligen, und bis die Käufer den Schaden
merken, ist das Magazin längst an einem andern Orte.
Was ich oben von den Schattenseiten der stehenden
Magazine sagte, gilt doppelt und dreifach von den
wandernden.

Die großen Klagen in Württemberg über der-
artige Wandermagazine erwähnte ich schon oben.
Seit die Gewerbesteuer dieser Art von Geschäften
geregelt ist (1865), hat aber das wandernde Ausbieten
von ganzen Waarenlagern in Wirths- und Privat-
häusern wieder wesentlich abgenommen.1 Das neue
Bairische Gewerbegesetz hat trotz seiner sonst durchaus
liberalen Richtung die Bestimmung, daß die sogenannten
Wanderlager von der ortspolizeilichen Bewilligung ab-

1 Württ. Handelskammerberichte für 1865. S. 119.
Die Wanderlager.

Man wird dieſen Wandermagazinen nicht voll-
ſtändig die volkswirthſchaftliche Berechtigung abſprechen
dürfen. Wenn an einem Orte ein Geſchäft nicht das
ganze Jahr zu thun findet, ſo kann der Wechſel des
Ortes von Monat zu Monat am Platze ſein. Die
Funktion, neue Bedürfniſſe in abgelegenen Orten zu
wecken, iſt ebenfalls eine berechtigte, wenn ſie nicht zu
weit geht.

Auf der andern Seite aber iſt ebenſo unzweifelhaft,
daß ſolche Wandermagazine mehr als jeder andere Ge-
werbebetrieb es auf Täuſchung des Publikums, auf
Umgehung der Gewerbeſteuer anlegen. Die Reklame,
das Aushängeſchild des Ausverkaufs, die verführeriſche
Form der Auktionen muß helfen einen ſchnellen Abſatz
zu bewerkſtelligen, und bis die Käufer den Schaden
merken, iſt das Magazin längſt an einem andern Orte.
Was ich oben von den Schattenſeiten der ſtehenden
Magazine ſagte, gilt doppelt und dreifach von den
wandernden.

Die großen Klagen in Württemberg über der-
artige Wandermagazine erwähnte ich ſchon oben.
Seit die Gewerbeſteuer dieſer Art von Geſchäften
geregelt iſt (1865), hat aber das wandernde Ausbieten
von ganzen Waarenlagern in Wirths- und Privat-
häuſern wieder weſentlich abgenommen.1 Das neue
Bairiſche Gewerbegeſetz hat trotz ſeiner ſonſt durchaus
liberalen Richtung die Beſtimmung, daß die ſogenannten
Wanderlager von der ortspolizeilichen Bewilligung ab-

1 Württ. Handelskammerberichte für 1865. S. 119.
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[237/0259] Die Wanderlager. Man wird dieſen Wandermagazinen nicht voll- ſtändig die volkswirthſchaftliche Berechtigung abſprechen dürfen. Wenn an einem Orte ein Geſchäft nicht das ganze Jahr zu thun findet, ſo kann der Wechſel des Ortes von Monat zu Monat am Platze ſein. Die Funktion, neue Bedürfniſſe in abgelegenen Orten zu wecken, iſt ebenfalls eine berechtigte, wenn ſie nicht zu weit geht. Auf der andern Seite aber iſt ebenſo unzweifelhaft, daß ſolche Wandermagazine mehr als jeder andere Ge- werbebetrieb es auf Täuſchung des Publikums, auf Umgehung der Gewerbeſteuer anlegen. Die Reklame, das Aushängeſchild des Ausverkaufs, die verführeriſche Form der Auktionen muß helfen einen ſchnellen Abſatz zu bewerkſtelligen, und bis die Käufer den Schaden merken, iſt das Magazin längſt an einem andern Orte. Was ich oben von den Schattenſeiten der ſtehenden Magazine ſagte, gilt doppelt und dreifach von den wandernden. Die großen Klagen in Württemberg über der- artige Wandermagazine erwähnte ich ſchon oben. Seit die Gewerbeſteuer dieſer Art von Geſchäften geregelt iſt (1865), hat aber das wandernde Ausbieten von ganzen Waarenlagern in Wirths- und Privat- häuſern wieder weſentlich abgenommen. 1 Das neue Bairiſche Gewerbegeſetz hat trotz ſeiner ſonſt durchaus liberalen Richtung die Beſtimmung, daß die ſogenannten Wanderlager von der ortspolizeilichen Bewilligung ab- 1 Württ. Handelskammerberichte für 1865. S. 119.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/259>, abgerufen am 28.11.2024.