zulegen; da wird er viel seltner kommen, aber wenn er kommt, viel zu kaufen haben, und je weniger die Läden der Stadt bieten, desto wichtiger wird ihm noch die Konzentration des Angebots auf einem Markte sein. Schlesien hat im Verhältniß zur Bevölkerung die wenig- sten Marktorte, erst einen auf ungefähr 20000 Men- schen, dafür aber an einem Marktort jährlich 6--7 Märkte. Die Dauer der Märkte (zwischen 1,1 und 1,5 Tage auf einen Markt) vermag ich nicht auf allgemeine Ursachen zurückzuführen; es scheinen da mehr zufällige Momente zu walten.
Im Königreich Sachsen müßten nach dem hohen Kulturgrad, nach der Dichtigkeit der Bevölkerung, nach den zahlreichen Städten und Flecken mit Läden und Magazinen die Jahrmärkte entschieden an Bedeutung und Zahl verlieren. Daß dies auch bis auf einen gewissen Grad der Fall ist, beweisen die Aussprüche der Handelskammerberichte, wie z. B. der Chemnitzer von 1863 sagt: "Auf den Jahrmärkten hat sich das Grossogeschäft bis auf ein Minimum reduzirt; ebenso ist auch im Detailhandel für reelle Geschäfte nur noch wenig zu erzielen, da durch den sich immer mehr ver- breitenden Handel in den Städten und auf dem Lande für die Befriedigung der Bedürfnisse vollkommen gesorgt wird. Dagegen haben die Jahrmärkte jedenfalls den großen nachtheil, daß auf denselben liederliche und un- solide Geschäftsleute immer noch Gelegenheit finden, ihr 1)
1) Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer in Chemnitz 1863. Chemnitz, Focke 1864. S. 10. Auch die dor- tigen Aussprüche über das Meßgeschäft sind interessant.
Die Umgeſtaltung von Produktion und Verkehr.
zulegen; da wird er viel ſeltner kommen, aber wenn er kommt, viel zu kaufen haben, und je weniger die Läden der Stadt bieten, deſto wichtiger wird ihm noch die Konzentration des Angebots auf einem Markte ſein. Schleſien hat im Verhältniß zur Bevölkerung die wenig- ſten Marktorte, erſt einen auf ungefähr 20000 Men- ſchen, dafür aber an einem Marktort jährlich 6—7 Märkte. Die Dauer der Märkte (zwiſchen 1,1 und 1,5 Tage auf einen Markt) vermag ich nicht auf allgemeine Urſachen zurückzuführen; es ſcheinen da mehr zufällige Momente zu walten.
Im Königreich Sachſen müßten nach dem hohen Kulturgrad, nach der Dichtigkeit der Bevölkerung, nach den zahlreichen Städten und Flecken mit Läden und Magazinen die Jahrmärkte entſchieden an Bedeutung und Zahl verlieren. Daß dies auch bis auf einen gewiſſen Grad der Fall iſt, beweiſen die Ausſprüche der Handelskammerberichte, wie z. B. der Chemnitzer von 1863 ſagt: „Auf den Jahrmärkten hat ſich das Groſſogeſchäft bis auf ein Minimum reduzirt; ebenſo iſt auch im Detailhandel für reelle Geſchäfte nur noch wenig zu erzielen, da durch den ſich immer mehr ver- breitenden Handel in den Städten und auf dem Lande für die Befriedigung der Bedürfniſſe vollkommen geſorgt wird. Dagegen haben die Jahrmärkte jedenfalls den großen nachtheil, daß auf denſelben liederliche und un- ſolide Geſchäftsleute immer noch Gelegenheit finden, ihr 1)
1) Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer in Chemnitz 1863. Chemnitz, Focke 1864. S. 10. Auch die dor- tigen Ausſprüche über das Meßgeſchäft ſind intereſſant.
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Die Umgeſtaltung von Produktion und Verkehr.
zulegen; da wird er viel ſeltner kommen, aber wenn er
kommt, viel zu kaufen haben, und je weniger die Läden
der Stadt bieten, deſto wichtiger wird ihm noch die
Konzentration des Angebots auf einem Markte ſein.
Schleſien hat im Verhältniß zur Bevölkerung die wenig-
ſten Marktorte, erſt einen auf ungefähr 20000 Men-
ſchen, dafür aber an einem Marktort jährlich 6—7
Märkte. Die Dauer der Märkte (zwiſchen 1,1 und 1,5
Tage auf einen Markt) vermag ich nicht auf allgemeine
Urſachen zurückzuführen; es ſcheinen da mehr zufällige
Momente zu walten.
Im Königreich Sachſen müßten nach dem hohen
Kulturgrad, nach der Dichtigkeit der Bevölkerung, nach
den zahlreichen Städten und Flecken mit Läden und
Magazinen die Jahrmärkte entſchieden an Bedeutung
und Zahl verlieren. Daß dies auch bis auf einen
gewiſſen Grad der Fall iſt, beweiſen die Ausſprüche
der Handelskammerberichte, wie z. B. der Chemnitzer
von 1863 ſagt: „Auf den Jahrmärkten hat ſich das
Groſſogeſchäft bis auf ein Minimum reduzirt; ebenſo iſt
auch im Detailhandel für reelle Geſchäfte nur noch
wenig zu erzielen, da durch den ſich immer mehr ver-
breitenden Handel in den Städten und auf dem Lande
für die Befriedigung der Bedürfniſſe vollkommen geſorgt
wird. Dagegen haben die Jahrmärkte jedenfalls den
großen nachtheil, daß auf denſelben liederliche und un-
ſolide Geſchäftsleute immer noch Gelegenheit finden, ihr
1)
1) Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer in
Chemnitz 1863. Chemnitz, Focke 1864. S. 10. Auch die dor-
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/248>, abgerufen am 23.11.2024.
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