Mag dem aber sein, wie ihm wolle, sicher ist es am Platze, bei einer so wichtigen Aenderung der Gesetz- gebung den Blick rückwärts und vorwärts zu wenden und sich von Neuem die oft besprochene Frage vorzulegen, welches war, ist und wird die Lage der Kleingewerbe sein? Vieles ist darüber geschrieben und gesagt wor- den, vielfach hat man einzelne Punkte untersucht, so gerade den Einfluß der Gewerbefreiheit, die Konkurrenz der Großindustrie, die neuen Organisationen, Assozia- tionen, Kreditvereine, die dem Handwerke Hülfe bringen sollen und theilweise auch schon gebracht haben. Viel weniger aber hat man nach dem Gesammtresultat aller der verschiedenen zusammenwirkenden Momente gefragt, wie sie in der Gewerbestatistik uns vorliegen.
Was ich in den folgenden Untersuchungen beabsich- tige, ist weder eine zusammenfassende deutsche Gewerbe- statistik, noch eine vollständige Geschichte der Klein- gewerbe, noch der Gewerbegesetzgebung; eben sowenig beabsichtige ich ein näheres Eingehen auf das Assozia- tionswesen; ich will das gewerbestatistische Material der bedeutendern deutschen Zollvereinsstaaten, soweit es gedruckt vorliegt, kritisch untersuchen, damit das letzte Ergebniß aller zusammenwirkenden Ursachen möglichst feststellen und aus dieser festgestellten Beobachtung ver- suchen, Schlüsse über die Vergangenheit und gegen- wärtige Lage der Kleingewerbe, über diese und jene damit zusammenhängende Frage zu ziehen.
Die folgenden Betrachtungen und Untersuchungen glauben um so mehr am Platze zu sein, sowie auch in loser, skizzenhafter Form auftreten zu dürfen, als es
Einleitung.
Mag dem aber ſein, wie ihm wolle, ſicher iſt es am Platze, bei einer ſo wichtigen Aenderung der Geſetz- gebung den Blick rückwärts und vorwärts zu wenden und ſich von Neuem die oft beſprochene Frage vorzulegen, welches war, iſt und wird die Lage der Kleingewerbe ſein? Vieles iſt darüber geſchrieben und geſagt wor- den, vielfach hat man einzelne Punkte unterſucht, ſo gerade den Einfluß der Gewerbefreiheit, die Konkurrenz der Großinduſtrie, die neuen Organiſationen, Aſſozia- tionen, Kreditvereine, die dem Handwerke Hülfe bringen ſollen und theilweiſe auch ſchon gebracht haben. Viel weniger aber hat man nach dem Geſammtreſultat aller der verſchiedenen zuſammenwirkenden Momente gefragt, wie ſie in der Gewerbeſtatiſtik uns vorliegen.
Was ich in den folgenden Unterſuchungen beabſich- tige, iſt weder eine zuſammenfaſſende deutſche Gewerbe- ſtatiſtik, noch eine vollſtändige Geſchichte der Klein- gewerbe, noch der Gewerbegeſetzgebung; eben ſowenig beabſichtige ich ein näheres Eingehen auf das Aſſozia- tionsweſen; ich will das gewerbeſtatiſtiſche Material der bedeutendern deutſchen Zollvereinsſtaaten, ſoweit es gedruckt vorliegt, kritiſch unterſuchen, damit das letzte Ergebniß aller zuſammenwirkenden Urſachen möglichſt feſtſtellen und aus dieſer feſtgeſtellten Beobachtung ver- ſuchen, Schlüſſe über die Vergangenheit und gegen- wärtige Lage der Kleingewerbe, über dieſe und jene damit zuſammenhängende Frage zu ziehen.
Die folgenden Betrachtungen und Unterſuchungen glauben um ſo mehr am Platze zu ſein, ſowie auch in loſer, ſkizzenhafter Form auftreten zu dürfen, als es
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0024"n="2"/><fwplace="top"type="header">Einleitung.</fw><lb/><p>Mag dem aber ſein, wie ihm wolle, ſicher iſt es<lb/>
am Platze, bei einer ſo wichtigen Aenderung der Geſetz-<lb/>
gebung den Blick rückwärts und vorwärts zu wenden und<lb/>ſich von Neuem die oft beſprochene Frage vorzulegen,<lb/>
welches war, iſt und wird die Lage der Kleingewerbe<lb/>ſein? Vieles iſt darüber geſchrieben und geſagt wor-<lb/>
den, vielfach hat man einzelne Punkte unterſucht, ſo<lb/>
gerade den Einfluß der Gewerbefreiheit, die Konkurrenz<lb/>
der Großinduſtrie, die neuen Organiſationen, Aſſozia-<lb/>
tionen, Kreditvereine, die dem Handwerke Hülfe bringen<lb/>ſollen und theilweiſe auch ſchon gebracht haben. Viel<lb/>
weniger aber hat man nach dem Geſammtreſultat aller<lb/>
der verſchiedenen zuſammenwirkenden Momente gefragt,<lb/>
wie ſie in der Gewerbeſtatiſtik uns vorliegen.</p><lb/><p>Was ich in den folgenden Unterſuchungen beabſich-<lb/>
tige, iſt weder eine zuſammenfaſſende deutſche Gewerbe-<lb/>ſtatiſtik, noch eine vollſtändige Geſchichte der Klein-<lb/>
gewerbe, noch der Gewerbegeſetzgebung; eben ſowenig<lb/>
beabſichtige ich ein näheres Eingehen auf das Aſſozia-<lb/>
tionsweſen; ich will das gewerbeſtatiſtiſche Material<lb/>
der bedeutendern deutſchen Zollvereinsſtaaten, ſoweit es<lb/>
gedruckt vorliegt, kritiſch unterſuchen, damit das letzte<lb/>
Ergebniß aller zuſammenwirkenden Urſachen möglichſt<lb/>
feſtſtellen und aus dieſer feſtgeſtellten Beobachtung ver-<lb/>ſuchen, Schlüſſe über die Vergangenheit und gegen-<lb/>
wärtige Lage der Kleingewerbe, über dieſe und jene<lb/>
damit zuſammenhängende Frage zu ziehen.</p><lb/><p>Die folgenden Betrachtungen und Unterſuchungen<lb/>
glauben um ſo mehr am Platze zu ſein, ſowie auch in<lb/>
loſer, ſkizzenhafter Form auftreten zu dürfen, als es<lb/></p></div></body></text></TEI>
[2/0024]
Einleitung.
Mag dem aber ſein, wie ihm wolle, ſicher iſt es
am Platze, bei einer ſo wichtigen Aenderung der Geſetz-
gebung den Blick rückwärts und vorwärts zu wenden und
ſich von Neuem die oft beſprochene Frage vorzulegen,
welches war, iſt und wird die Lage der Kleingewerbe
ſein? Vieles iſt darüber geſchrieben und geſagt wor-
den, vielfach hat man einzelne Punkte unterſucht, ſo
gerade den Einfluß der Gewerbefreiheit, die Konkurrenz
der Großinduſtrie, die neuen Organiſationen, Aſſozia-
tionen, Kreditvereine, die dem Handwerke Hülfe bringen
ſollen und theilweiſe auch ſchon gebracht haben. Viel
weniger aber hat man nach dem Geſammtreſultat aller
der verſchiedenen zuſammenwirkenden Momente gefragt,
wie ſie in der Gewerbeſtatiſtik uns vorliegen.
Was ich in den folgenden Unterſuchungen beabſich-
tige, iſt weder eine zuſammenfaſſende deutſche Gewerbe-
ſtatiſtik, noch eine vollſtändige Geſchichte der Klein-
gewerbe, noch der Gewerbegeſetzgebung; eben ſowenig
beabſichtige ich ein näheres Eingehen auf das Aſſozia-
tionsweſen; ich will das gewerbeſtatiſtiſche Material
der bedeutendern deutſchen Zollvereinsſtaaten, ſoweit es
gedruckt vorliegt, kritiſch unterſuchen, damit das letzte
Ergebniß aller zuſammenwirkenden Urſachen möglichſt
feſtſtellen und aus dieſer feſtgeſtellten Beobachtung ver-
ſuchen, Schlüſſe über die Vergangenheit und gegen-
wärtige Lage der Kleingewerbe, über dieſe und jene
damit zuſammenhängende Frage zu ziehen.
Die folgenden Betrachtungen und Unterſuchungen
glauben um ſo mehr am Platze zu ſein, ſowie auch in
loſer, ſkizzenhafter Form auftreten zu dürfen, als es
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/24>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.