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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Vergleich der alten und neuen Zeit.
beiten, selbst Ungeschicklichkeit zu backen und zu kochen
einerseits, Frauenarbeit außer dem Hause andererseits
sind zusammenhängende traurige Beigaben der neuen
Entwicklung. Aber auch hier sind diese Folgen keine
nothwendigen; überdies ist gerade in diesen Kreisen,
besonders auf dem Lande, die alte Art der Wirthschafts-
führung noch überwiegend und wird es noch lange bleiben.

Aber ich vergesse, daß ich hier nicht von den
moralischen Folgen dieser Aenderung für das Familien-
leben, sondern von den Folgen für den Handwerkerstand
zu sprechen habe. Der Handwerker war früher ein
technischer Arbeiter, thätig für eine Anzahl ihm persönlich
nahe stehender Familien. Jetzt dagegen tritt das Ver-
kaufen fertiger Waaren immer mehr in Vordergrund;
der Handwerker muß die Stoffe einkaufen, Lager halten,
mit Borräthen spekuliren; dazu gehört Kapital, kauf-
männische Bildung, eine höhere soziale Stellung. Eine
viel kleinere Zahl größerer Geschäfte wird übernehmen,
was früher eine größere Zahl einzelner technischer Ar-
beiter d. h. kleiner Meister mit den Hausfrauen zusammen
besorgte.

Ich werde davon im folgenden Abschnitt noch weiter
zu sprechen haben; vorher ist es nöthig, noch von der
wichtigsten Vorbedingung der ganzen Umwandlung zu
sprechen. All das Erwähnte vollzieht sich hauptsächlich
in den großen Städten. Die veränderte Vertheilung der
Bevölkerung ist mit die wichtigste Folge der neuen Ver-
kehrsmittel.

Am klarsten hat man die Wirkung der Eisenbahnen
auf die Bevölkerungsvertheilung in den Vereinigten

Vergleich der alten und neuen Zeit.
beiten, ſelbſt Ungeſchicklichkeit zu backen und zu kochen
einerſeits, Frauenarbeit außer dem Hauſe andererſeits
ſind zuſammenhängende traurige Beigaben der neuen
Entwicklung. Aber auch hier ſind dieſe Folgen keine
nothwendigen; überdies iſt gerade in dieſen Kreiſen,
beſonders auf dem Lande, die alte Art der Wirthſchafts-
führung noch überwiegend und wird es noch lange bleiben.

Aber ich vergeſſe, daß ich hier nicht von den
moraliſchen Folgen dieſer Aenderung für das Familien-
leben, ſondern von den Folgen für den Handwerkerſtand
zu ſprechen habe. Der Handwerker war früher ein
techniſcher Arbeiter, thätig für eine Anzahl ihm perſönlich
nahe ſtehender Familien. Jetzt dagegen tritt das Ver-
kaufen fertiger Waaren immer mehr in Vordergrund;
der Handwerker muß die Stoffe einkaufen, Lager halten,
mit Borräthen ſpekuliren; dazu gehört Kapital, kauf-
männiſche Bildung, eine höhere ſoziale Stellung. Eine
viel kleinere Zahl größerer Geſchäfte wird übernehmen,
was früher eine größere Zahl einzelner techniſcher Ar-
beiter d. h. kleiner Meiſter mit den Hausfrauen zuſammen
beſorgte.

Ich werde davon im folgenden Abſchnitt noch weiter
zu ſprechen haben; vorher iſt es nöthig, noch von der
wichtigſten Vorbedingung der ganzen Umwandlung zu
ſprechen. All das Erwähnte vollzieht ſich hauptſächlich
in den großen Städten. Die veränderte Vertheilung der
Bevölkerung iſt mit die wichtigſte Folge der neuen Ver-
kehrsmittel.

Am klarſten hat man die Wirkung der Eiſenbahnen
auf die Bevölkerungsvertheilung in den Vereinigten

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[183/0205] Vergleich der alten und neuen Zeit. beiten, ſelbſt Ungeſchicklichkeit zu backen und zu kochen einerſeits, Frauenarbeit außer dem Hauſe andererſeits ſind zuſammenhängende traurige Beigaben der neuen Entwicklung. Aber auch hier ſind dieſe Folgen keine nothwendigen; überdies iſt gerade in dieſen Kreiſen, beſonders auf dem Lande, die alte Art der Wirthſchafts- führung noch überwiegend und wird es noch lange bleiben. Aber ich vergeſſe, daß ich hier nicht von den moraliſchen Folgen dieſer Aenderung für das Familien- leben, ſondern von den Folgen für den Handwerkerſtand zu ſprechen habe. Der Handwerker war früher ein techniſcher Arbeiter, thätig für eine Anzahl ihm perſönlich nahe ſtehender Familien. Jetzt dagegen tritt das Ver- kaufen fertiger Waaren immer mehr in Vordergrund; der Handwerker muß die Stoffe einkaufen, Lager halten, mit Borräthen ſpekuliren; dazu gehört Kapital, kauf- männiſche Bildung, eine höhere ſoziale Stellung. Eine viel kleinere Zahl größerer Geſchäfte wird übernehmen, was früher eine größere Zahl einzelner techniſcher Ar- beiter d. h. kleiner Meiſter mit den Hausfrauen zuſammen beſorgte. Ich werde davon im folgenden Abſchnitt noch weiter zu ſprechen haben; vorher iſt es nöthig, noch von der wichtigſten Vorbedingung der ganzen Umwandlung zu ſprechen. All das Erwähnte vollzieht ſich hauptſächlich in den großen Städten. Die veränderte Vertheilung der Bevölkerung iſt mit die wichtigſte Folge der neuen Ver- kehrsmittel. Am klarſten hat man die Wirkung der Eiſenbahnen auf die Bevölkerungsvertheilung in den Vereinigten

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/205>, abgerufen am 23.11.2024.