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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die frühere Wirthschaft der Familie.
Menge erfolgte. Bei Gründung der Haushaltung, wie
bei Erweiterungen derselben wurde der Tischler beauftragt,
diese bestimmten Stühle und Tische, Bettstellen und
Schränke nach Maß und Vorschrift zu fertigen. Alljähr-
lich erschien er wenigstens einmal bei der großen min-
destens eine Woche dauernden Reinigung, um zu helfen,
auszubessern, aufzupoliren.

Dieser Reinigungszeit ähnlich an Unruhe und
Mühsal war die große Wäsche, die alle zwei oder drei
Monate gehalten wurde, welche wieder verschiedene Ge-
werbe beschäftigte, von dem Kübler oder Böttcher, der
die Gefäße herrichtete, und den Waschfrauen, die am
ersten Tag Morgens um 2 oder 3 Uhr in hellen Haufen
vor das Haus rückten, bis zu den Plättfrauen, die am
letzten Tag die häusliche Ruhestörung abschlossen.

Wichtiger als All das war die Thätigkeit für Küche
und Keller. Das Gemüse, das Obst zog man möglichst
im eigenen Garten; man hatte seinen Gärtner, der an
bestimmten Tagen erschien, wie seinen Rebmann oder
Weingärtner, der den eigenen Weinberg bestellte, die
Rebengelände am Hause aufband. Das Holz wurde in
großen Klaftern gekauft; eine Reihe von Tagen arbeitete
der Holzspalter mit seinen Jungen und Gehülfen im
Hause. Die Hauptsorge der Hausfrau aber bezog sich
auf die Wintervorräthe, die man theils selbst produ-
zirte, theils einkaufte; bis Alles in Ordnung war, hatten
aber mancherlei Handwerker dabei zu thun. Zum Ein-
schneiden und Einlegen des Sauerkrauts kann eine beson-
dere Frau mit ihrer Maschine, den selbstgekauften Weizen
oder Roggen ließ man in der Mühle mahlen, das

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Die frühere Wirthſchaft der Familie.
Menge erfolgte. Bei Gründung der Haushaltung, wie
bei Erweiterungen derſelben wurde der Tiſchler beauftragt,
dieſe beſtimmten Stühle und Tiſche, Bettſtellen und
Schränke nach Maß und Vorſchrift zu fertigen. Alljähr-
lich erſchien er wenigſtens einmal bei der großen min-
deſtens eine Woche dauernden Reinigung, um zu helfen,
auszubeſſern, aufzupoliren.

Dieſer Reinigungszeit ähnlich an Unruhe und
Mühſal war die große Wäſche, die alle zwei oder drei
Monate gehalten wurde, welche wieder verſchiedene Ge-
werbe beſchäftigte, von dem Kübler oder Böttcher, der
die Gefäße herrichtete, und den Waſchfrauen, die am
erſten Tag Morgens um 2 oder 3 Uhr in hellen Haufen
vor das Haus rückten, bis zu den Plättfrauen, die am
letzten Tag die häusliche Ruheſtörung abſchloſſen.

Wichtiger als All das war die Thätigkeit für Küche
und Keller. Das Gemüſe, das Obſt zog man möglichſt
im eigenen Garten; man hatte ſeinen Gärtner, der an
beſtimmten Tagen erſchien, wie ſeinen Rebmann oder
Weingärtner, der den eigenen Weinberg beſtellte, die
Rebengelände am Hauſe aufband. Das Holz wurde in
großen Klaftern gekauft; eine Reihe von Tagen arbeitete
der Holzſpalter mit ſeinen Jungen und Gehülfen im
Hauſe. Die Hauptſorge der Hausfrau aber bezog ſich
auf die Wintervorräthe, die man theils ſelbſt produ-
zirte, theils einkaufte; bis Alles in Ordnung war, hatten
aber mancherlei Handwerker dabei zu thun. Zum Ein-
ſchneiden und Einlegen des Sauerkrauts kann eine beſon-
dere Frau mit ihrer Maſchine, den ſelbſtgekauften Weizen
oder Roggen ließ man in der Mühle mahlen, das

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[179/0201] Die frühere Wirthſchaft der Familie. Menge erfolgte. Bei Gründung der Haushaltung, wie bei Erweiterungen derſelben wurde der Tiſchler beauftragt, dieſe beſtimmten Stühle und Tiſche, Bettſtellen und Schränke nach Maß und Vorſchrift zu fertigen. Alljähr- lich erſchien er wenigſtens einmal bei der großen min- deſtens eine Woche dauernden Reinigung, um zu helfen, auszubeſſern, aufzupoliren. Dieſer Reinigungszeit ähnlich an Unruhe und Mühſal war die große Wäſche, die alle zwei oder drei Monate gehalten wurde, welche wieder verſchiedene Ge- werbe beſchäftigte, von dem Kübler oder Böttcher, der die Gefäße herrichtete, und den Waſchfrauen, die am erſten Tag Morgens um 2 oder 3 Uhr in hellen Haufen vor das Haus rückten, bis zu den Plättfrauen, die am letzten Tag die häusliche Ruheſtörung abſchloſſen. Wichtiger als All das war die Thätigkeit für Küche und Keller. Das Gemüſe, das Obſt zog man möglichſt im eigenen Garten; man hatte ſeinen Gärtner, der an beſtimmten Tagen erſchien, wie ſeinen Rebmann oder Weingärtner, der den eigenen Weinberg beſtellte, die Rebengelände am Hauſe aufband. Das Holz wurde in großen Klaftern gekauft; eine Reihe von Tagen arbeitete der Holzſpalter mit ſeinen Jungen und Gehülfen im Hauſe. Die Hauptſorge der Hausfrau aber bezog ſich auf die Wintervorräthe, die man theils ſelbſt produ- zirte, theils einkaufte; bis Alles in Ordnung war, hatten aber mancherlei Handwerker dabei zu thun. Zum Ein- ſchneiden und Einlegen des Sauerkrauts kann eine beſon- dere Frau mit ihrer Maſchine, den ſelbſtgekauften Weizen oder Roggen ließ man in der Mühle mahlen, das 12 *

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/201>, abgerufen am 22.11.2024.