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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die gewerblichen Zustände 1846.
Strumpfwirkerei, der Posamentierarbeiten erstreckt sich
ebenso über die Dörfer als über die Städte, so beson-
ders in der Lausitz, im Erzgebirge, in den sogenannten
Schönburgischen Rezeßherrschaften.

In den Jahren 1790--1806 hatte der sächsische
Handel durch die Leipziger Messen einen großen Auf-
schwung genommen. Während der Kontinentalsperre ent-
wickelte sich besonders die Gewebeindustrie rasch und
erhob sich selbst u einem bedeutenden Export nach dem
Auslande. Die Aufhebung der Kontinentalsperre, die
Konkurrenz mit England brachte manche Schwierigkeit,
aber sie hielt den Fortschritt nicht auf; hinderlicher
waren die 1818 errichteten preußischen Zollschranken,
die erst 1833 durch den Eintritt Sachsens in den
Zollverein fielen.

Die größte relative Zunahme erfuhren schon damals
die großen Betriebe, der Bergbau, das Hüttenwesen,
die Spinnereien; aber der Personenzahl nach standen
Hausindustrie und Handwerk bis Ende der vierziger
Jahre im Vordergrunde. Mechanische Webstühle waren
1846 noch keine vorhanden. Außer für Eisenbahnen
und Bergbau, Spinnereien und Maschinenfabriken gab
es 1846 nur einige Dampfmaschinen im ganzen Lande.1
Die Zahl der Handwerker (sogar ohne die Weber)
war 1846 in Sachsen am höchsten von allen den
Staaten, in denen eine Gewerbestatistik damals aufge-
nommen wurde. Es kam damals schon auf 13,4 Ein-
wohner ein Handwerker (Meister und Gehülfen zusam-

1 Mittheilungen d. statist. Bureaus in Berlin. II, 255.

Die gewerblichen Zuſtände 1846.
Strumpfwirkerei, der Poſamentierarbeiten erſtreckt ſich
ebenſo über die Dörfer als über die Städte, ſo beſon-
ders in der Lauſitz, im Erzgebirge, in den ſogenannten
Schönburgiſchen Rezeßherrſchaften.

In den Jahren 1790—1806 hatte der ſächſiſche
Handel durch die Leipziger Meſſen einen großen Auf-
ſchwung genommen. Während der Kontinentalſperre ent-
wickelte ſich beſonders die Gewebeinduſtrie raſch und
erhob ſich ſelbſt u einem bedeutenden Export nach dem
Auslande. Die Aufhebung der Kontinentalſperre, die
Konkurrenz mit England brachte manche Schwierigkeit,
aber ſie hielt den Fortſchritt nicht auf; hinderlicher
waren die 1818 errichteten preußiſchen Zollſchranken,
die erſt 1833 durch den Eintritt Sachſens in den
Zollverein fielen.

Die größte relative Zunahme erfuhren ſchon damals
die großen Betriebe, der Bergbau, das Hüttenweſen,
die Spinnereien; aber der Perſonenzahl nach ſtanden
Hausinduſtrie und Handwerk bis Ende der vierziger
Jahre im Vordergrunde. Mechaniſche Webſtühle waren
1846 noch keine vorhanden. Außer für Eiſenbahnen
und Bergbau, Spinnereien und Maſchinenfabriken gab
es 1846 nur einige Dampfmaſchinen im ganzen Lande.1
Die Zahl der Handwerker (ſogar ohne die Weber)
war 1846 in Sachſen am höchſten von allen den
Staaten, in denen eine Gewerbeſtatiſtik damals aufge-
nommen wurde. Es kam damals ſchon auf 13,4 Ein-
wohner ein Handwerker (Meiſter und Gehülfen zuſam-

1 Mittheilungen d. ſtatiſt. Bureaus in Berlin. II, 255.
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[139/0161] Die gewerblichen Zuſtände 1846. Strumpfwirkerei, der Poſamentierarbeiten erſtreckt ſich ebenſo über die Dörfer als über die Städte, ſo beſon- ders in der Lauſitz, im Erzgebirge, in den ſogenannten Schönburgiſchen Rezeßherrſchaften. In den Jahren 1790—1806 hatte der ſächſiſche Handel durch die Leipziger Meſſen einen großen Auf- ſchwung genommen. Während der Kontinentalſperre ent- wickelte ſich beſonders die Gewebeinduſtrie raſch und erhob ſich ſelbſt u einem bedeutenden Export nach dem Auslande. Die Aufhebung der Kontinentalſperre, die Konkurrenz mit England brachte manche Schwierigkeit, aber ſie hielt den Fortſchritt nicht auf; hinderlicher waren die 1818 errichteten preußiſchen Zollſchranken, die erſt 1833 durch den Eintritt Sachſens in den Zollverein fielen. Die größte relative Zunahme erfuhren ſchon damals die großen Betriebe, der Bergbau, das Hüttenweſen, die Spinnereien; aber der Perſonenzahl nach ſtanden Hausinduſtrie und Handwerk bis Ende der vierziger Jahre im Vordergrunde. Mechaniſche Webſtühle waren 1846 noch keine vorhanden. Außer für Eiſenbahnen und Bergbau, Spinnereien und Maſchinenfabriken gab es 1846 nur einige Dampfmaſchinen im ganzen Lande. 1 Die Zahl der Handwerker (ſogar ohne die Weber) war 1846 in Sachſen am höchſten von allen den Staaten, in denen eine Gewerbeſtatiſtik damals aufge- nommen wurde. Es kam damals ſchon auf 13,4 Ein- wohner ein Handwerker (Meiſter und Gehülfen zuſam- 1 Mittheilungen d. ſtatiſt. Bureaus in Berlin. II, 255.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/161>, abgerufen am 24.11.2024.