Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

Bild:
<< vorherige Seite

Die bairische Weberei.
sten Andeutungen zu gemeinsamem Zusammenwirken und
gegenseitiger Hilfeleistung; leider vergebens." Die Zahl
der Webstühle für wollene Stoffe sank von 2797 auf
2480 in dem Zeitraum von 1847--61.

Am stärksten ging die Linnenindustrie zurück; von
29499 Stühlen auf 22740. Im bairischen Wald
wurde sie theilweise von der Holzindustrie ersetzt, gedeiht
aber dort daneben noch leidlich.1 Der frühere Haupt-
sitz dieser Industrie war Schwaben. Ein Handelskam-
merbericht des Kreises spricht sich darüber (1863) so
aus:2 "Die früher schwunghaft betriebene Leinenfabri-
kation hat sowohl durch den allgemeiner gewordenen
Gebrauch von Baumwollfabrikaten als durch die An-
wendung mechanischer Spinn- und Webstühle, wozu
noch der Mangel an einheimischem Rohmaterial und
zweckmäßigen Röstanstalten sich gesellte, fast gänzlich auf-
gehört, und es ist keine Aussicht vorhanden, selbst mit
namhaften Opfern sie wieder zu einiger Bedeutung zu
bringen." Nur die Augsburger Weber scheinen eine
Ausnahme zu machen. Dort gelang es nach und nach,
wie der Verfasser von "Augsburgs Industrie"3 nach-
weist, "durch Vereinigung zu gemeinsamen Werken, durch
zweckmäßige Verwendung des Innungsvermögens und
anderweitiger Zuschüsse zur Anschaffung von Material
und der zur Gebild- und Buntweberei erforderlichen
Stühle und Maschinen, dann durch die Bestrebungen

1 Bavaria I, zweite Abtheilung S. 1048.
2 Das. II, zweite Abtheilung S. 926.
3 Die Industrie Augsburgs mit Rücksicht auf die poly-
technische Schule 1862.
Schmoller, Gesch. d. Kleingewerbe. 9

Die bairiſche Weberei.
ſten Andeutungen zu gemeinſamem Zuſammenwirken und
gegenſeitiger Hilfeleiſtung; leider vergebens.“ Die Zahl
der Webſtühle für wollene Stoffe ſank von 2797 auf
2480 in dem Zeitraum von 1847—61.

Am ſtärkſten ging die Linneninduſtrie zurück; von
29499 Stühlen auf 22740. Im bairiſchen Wald
wurde ſie theilweiſe von der Holzinduſtrie erſetzt, gedeiht
aber dort daneben noch leidlich.1 Der frühere Haupt-
ſitz dieſer Induſtrie war Schwaben. Ein Handelskam-
merbericht des Kreiſes ſpricht ſich darüber (1863) ſo
aus:2 „Die früher ſchwunghaft betriebene Leinenfabri-
kation hat ſowohl durch den allgemeiner gewordenen
Gebrauch von Baumwollfabrikaten als durch die An-
wendung mechaniſcher Spinn- und Webſtühle, wozu
noch der Mangel an einheimiſchem Rohmaterial und
zweckmäßigen Röſtanſtalten ſich geſellte, faſt gänzlich auf-
gehört, und es iſt keine Ausſicht vorhanden, ſelbſt mit
namhaften Opfern ſie wieder zu einiger Bedeutung zu
bringen.“ Nur die Augsburger Weber ſcheinen eine
Ausnahme zu machen. Dort gelang es nach und nach,
wie der Verfaſſer von „Augsburgs Induſtrie“3 nach-
weist, „durch Vereinigung zu gemeinſamen Werken, durch
zweckmäßige Verwendung des Innungsvermögens und
anderweitiger Zuſchüſſe zur Anſchaffung von Material
und der zur Gebild- und Buntweberei erforderlichen
Stühle und Maſchinen, dann durch die Beſtrebungen

1 Bavaria I, zweite Abtheilung S. 1048.
2 Daſ. II, zweite Abtheilung S. 926.
3 Die Induſtrie Augsburgs mit Rückſicht auf die poly-
techniſche Schule 1862.
Schmoller, Geſch. d. Kleingewerbe. 9
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0151" n="129"/><fw place="top" type="header">Die bairi&#x017F;che Weberei.</fw><lb/>
&#x017F;ten Andeutungen zu gemein&#x017F;amem Zu&#x017F;ammenwirken und<lb/>
gegen&#x017F;eitiger Hilfelei&#x017F;tung; leider vergebens.&#x201C; Die Zahl<lb/>
der Web&#x017F;tühle für wollene Stoffe &#x017F;ank von 2797 auf<lb/>
2480 in dem Zeitraum von 1847&#x2014;61.</p><lb/>
          <p>Am &#x017F;tärk&#x017F;ten ging die Linnenindu&#x017F;trie zurück; von<lb/>
29499 Stühlen auf 22740. Im bairi&#x017F;chen Wald<lb/>
wurde &#x017F;ie theilwei&#x017F;e von der Holzindu&#x017F;trie er&#x017F;etzt, gedeiht<lb/>
aber dort daneben noch leidlich.<note place="foot" n="1">Bavaria <hi rendition="#aq">I</hi>, zweite Abtheilung S. 1048.</note> Der frühere Haupt-<lb/>
&#x017F;itz die&#x017F;er Indu&#x017F;trie war Schwaben. Ein Handelskam-<lb/>
merbericht des Krei&#x017F;es &#x017F;pricht &#x017F;ich darüber (1863) &#x017F;o<lb/>
aus:<note place="foot" n="2">Da&#x017F;. <hi rendition="#aq">II</hi>, zweite Abtheilung S. 926.</note> &#x201E;Die früher &#x017F;chwunghaft betriebene Leinenfabri-<lb/>
kation hat &#x017F;owohl durch den allgemeiner gewordenen<lb/>
Gebrauch von Baumwollfabrikaten als durch die An-<lb/>
wendung mechani&#x017F;cher Spinn- und Web&#x017F;tühle, wozu<lb/>
noch der Mangel an einheimi&#x017F;chem Rohmaterial und<lb/>
zweckmäßigen Rö&#x017F;tan&#x017F;talten &#x017F;ich ge&#x017F;ellte, fa&#x017F;t gänzlich auf-<lb/>
gehört, und es i&#x017F;t keine Aus&#x017F;icht vorhanden, &#x017F;elb&#x017F;t mit<lb/>
namhaften Opfern &#x017F;ie wieder zu einiger Bedeutung zu<lb/>
bringen.&#x201C; Nur die Augsburger Weber &#x017F;cheinen eine<lb/>
Ausnahme zu machen. Dort gelang es nach und nach,<lb/>
wie der Verfa&#x017F;&#x017F;er von &#x201E;Augsburgs Indu&#x017F;trie&#x201C;<note place="foot" n="3">Die Indu&#x017F;trie Augsburgs mit Rück&#x017F;icht auf die poly-<lb/>
techni&#x017F;che Schule 1862.</note> nach-<lb/>
weist, &#x201E;durch Vereinigung zu gemein&#x017F;amen Werken, durch<lb/>
zweckmäßige Verwendung des Innungsvermögens und<lb/>
anderweitiger Zu&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;e zur An&#x017F;chaffung von Material<lb/>
und der zur Gebild- und Buntweberei erforderlichen<lb/>
Stühle und Ma&#x017F;chinen, dann durch die Be&#x017F;trebungen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Schmoller</hi>, Ge&#x017F;ch. d. Kleingewerbe. 9</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0151] Die bairiſche Weberei. ſten Andeutungen zu gemeinſamem Zuſammenwirken und gegenſeitiger Hilfeleiſtung; leider vergebens.“ Die Zahl der Webſtühle für wollene Stoffe ſank von 2797 auf 2480 in dem Zeitraum von 1847—61. Am ſtärkſten ging die Linneninduſtrie zurück; von 29499 Stühlen auf 22740. Im bairiſchen Wald wurde ſie theilweiſe von der Holzinduſtrie erſetzt, gedeiht aber dort daneben noch leidlich. 1 Der frühere Haupt- ſitz dieſer Induſtrie war Schwaben. Ein Handelskam- merbericht des Kreiſes ſpricht ſich darüber (1863) ſo aus: 2 „Die früher ſchwunghaft betriebene Leinenfabri- kation hat ſowohl durch den allgemeiner gewordenen Gebrauch von Baumwollfabrikaten als durch die An- wendung mechaniſcher Spinn- und Webſtühle, wozu noch der Mangel an einheimiſchem Rohmaterial und zweckmäßigen Röſtanſtalten ſich geſellte, faſt gänzlich auf- gehört, und es iſt keine Ausſicht vorhanden, ſelbſt mit namhaften Opfern ſie wieder zu einiger Bedeutung zu bringen.“ Nur die Augsburger Weber ſcheinen eine Ausnahme zu machen. Dort gelang es nach und nach, wie der Verfaſſer von „Augsburgs Induſtrie“ 3 nach- weist, „durch Vereinigung zu gemeinſamen Werken, durch zweckmäßige Verwendung des Innungsvermögens und anderweitiger Zuſchüſſe zur Anſchaffung von Material und der zur Gebild- und Buntweberei erforderlichen Stühle und Maſchinen, dann durch die Beſtrebungen 1 Bavaria I, zweite Abtheilung S. 1048. 2 Daſ. II, zweite Abtheilung S. 926. 3 Die Induſtrie Augsburgs mit Rückſicht auf die poly- techniſche Schule 1862. Schmoller, Geſch. d. Kleingewerbe. 9

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/151
Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/151>, abgerufen am 22.11.2024.