Umwälzungen unserer Zeit neben glänzenden, unerhör- ten Fortschritten tiefe soziale und wirthschaftliche Miß- stände sich ergeben; es verwandelte sich mir der Nihilis- mus des "laissez faire et laissez passer" in die Forderung positiver Reformen, wobei die Reformen mir immer mehr als die Hauptsache erschienen, nicht die Frage, ob sie der Staat oder die Gesellschaft in die Hand zu nehmen habe.
Doch zunächst haben diese Untersuchungen für jene tiefer liegenden Fragen nur das Material zu sammeln, einen Theil des status quo festzustellen. Der erste Zweck der Arbeit lag für mich darin, die so vielfach mißbräuchlich benutzten statistischen Zahlen kritisch zu untersuchen, nur vergleichbare Zahlen zusammen zu stellen, durch richtige Anordnung der Zahlen die Fragen zu stellen, welche sie beantworten können. Ich habe daher auch nicht gescheut, selbst mit einer breiten und hier und da ermüdenden Ausführlichkeit die Entstehung und den Werth der einzelnen Zahlen klar zu legen, durch zahlreiche Anmerkungen jedem Leser die eigene Prüfung und Nachrechnung zu ermöglichen. Die Mehr- zahl meiner Rechnungen habe ich durch einen ausge- zeichneten Mathematiker, Herrn Ulrich, Beamten der Versicherungsgesellschaft Iduna prüfen lassen; auch im Druck sind die Zahlen mit möglichster Sorgfalt rektifizirt, so daß hoffentlich die niemals ganz zu vermeidenden Druck- und Rechenfehler unbedeutend sind. Daneben habe ich angestrebt, die Zahlen so mitzutheilen, daß auch der Nichtfachmann sie leicht versteht, d. h. ich habe sie, durchaus in kleine Tabellen gruppirt, zwischen dem
Vorrede.
Umwälzungen unſerer Zeit neben glänzenden, unerhör- ten Fortſchritten tiefe ſoziale und wirthſchaftliche Miß- ſtände ſich ergeben; es verwandelte ſich mir der Nihilis- mus des „laissez faire et laissez passer“ in die Forderung poſitiver Reformen, wobei die Reformen mir immer mehr als die Hauptſache erſchienen, nicht die Frage, ob ſie der Staat oder die Geſellſchaft in die Hand zu nehmen habe.
Doch zunächſt haben dieſe Unterſuchungen für jene tiefer liegenden Fragen nur das Material zu ſammeln, einen Theil des status quo feſtzuſtellen. Der erſte Zweck der Arbeit lag für mich darin, die ſo vielfach mißbräuchlich benutzten ſtatiſtiſchen Zahlen kritiſch zu unterſuchen, nur vergleichbare Zahlen zuſammen zu ſtellen, durch richtige Anordnung der Zahlen die Fragen zu ſtellen, welche ſie beantworten können. Ich habe daher auch nicht geſcheut, ſelbſt mit einer breiten und hier und da ermüdenden Ausführlichkeit die Entſtehung und den Werth der einzelnen Zahlen klar zu legen, durch zahlreiche Anmerkungen jedem Leſer die eigene Prüfung und Nachrechnung zu ermöglichen. Die Mehr- zahl meiner Rechnungen habe ich durch einen ausge- zeichneten Mathematiker, Herrn Ulrich, Beamten der Verſicherungsgeſellſchaft Iduna prüfen laſſen; auch im Druck ſind die Zahlen mit möglichſter Sorgfalt rektifizirt, ſo daß hoffentlich die niemals ganz zu vermeidenden Druck- und Rechenfehler unbedeutend ſind. Daneben habe ich angeſtrebt, die Zahlen ſo mitzutheilen, daß auch der Nichtfachmann ſie leicht verſteht, d. h. ich habe ſie, durchaus in kleine Tabellen gruppirt, zwiſchen dem
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0013"n="VII"/><fwplace="top"type="header">Vorrede.</fw><lb/>
Umwälzungen unſerer Zeit neben glänzenden, unerhör-<lb/>
ten Fortſchritten tiefe ſoziale und wirthſchaftliche Miß-<lb/>ſtände ſich ergeben; es verwandelte ſich mir der Nihilis-<lb/>
mus des <hirendition="#aq">„laissez faire et laissez passer“</hi> in die<lb/>
Forderung poſitiver Reformen, wobei die Reformen<lb/>
mir immer mehr als die Hauptſache erſchienen, nicht<lb/>
die Frage, ob ſie der Staat oder die Geſellſchaft in<lb/>
die Hand zu nehmen habe.</p><lb/><p>Doch zunächſt haben dieſe Unterſuchungen für jene<lb/>
tiefer liegenden Fragen nur das Material zu ſammeln,<lb/>
einen Theil des <hirendition="#aq">status quo</hi> feſtzuſtellen. Der erſte<lb/>
Zweck der Arbeit lag für mich darin, die ſo vielfach<lb/>
mißbräuchlich benutzten ſtatiſtiſchen Zahlen kritiſch zu<lb/>
unterſuchen, nur vergleichbare Zahlen zuſammen zu<lb/>ſtellen, durch richtige Anordnung der Zahlen die Fragen<lb/>
zu ſtellen, welche ſie beantworten können. Ich habe<lb/>
daher auch nicht geſcheut, ſelbſt mit einer breiten und<lb/>
hier und da ermüdenden Ausführlichkeit die Entſtehung<lb/>
und den Werth der einzelnen Zahlen klar zu legen,<lb/>
durch zahlreiche Anmerkungen jedem Leſer die eigene<lb/>
Prüfung und Nachrechnung zu ermöglichen. Die Mehr-<lb/>
zahl meiner Rechnungen habe ich durch einen ausge-<lb/>
zeichneten Mathematiker, Herrn Ulrich, Beamten der<lb/>
Verſicherungsgeſellſchaft Iduna prüfen laſſen; auch im<lb/>
Druck ſind die Zahlen mit möglichſter Sorgfalt rektifizirt,<lb/>ſo daß hoffentlich die niemals ganz zu vermeidenden<lb/>
Druck- und Rechenfehler unbedeutend ſind. Daneben<lb/>
habe ich angeſtrebt, die Zahlen ſo mitzutheilen, daß<lb/>
auch der Nichtfachmann ſie leicht verſteht, d. h. ich habe<lb/>ſie, durchaus in kleine Tabellen gruppirt, zwiſchen dem<lb/></p></div></front></text></TEI>
[VII/0013]
Vorrede.
Umwälzungen unſerer Zeit neben glänzenden, unerhör-
ten Fortſchritten tiefe ſoziale und wirthſchaftliche Miß-
ſtände ſich ergeben; es verwandelte ſich mir der Nihilis-
mus des „laissez faire et laissez passer“ in die
Forderung poſitiver Reformen, wobei die Reformen
mir immer mehr als die Hauptſache erſchienen, nicht
die Frage, ob ſie der Staat oder die Geſellſchaft in
die Hand zu nehmen habe.
Doch zunächſt haben dieſe Unterſuchungen für jene
tiefer liegenden Fragen nur das Material zu ſammeln,
einen Theil des status quo feſtzuſtellen. Der erſte
Zweck der Arbeit lag für mich darin, die ſo vielfach
mißbräuchlich benutzten ſtatiſtiſchen Zahlen kritiſch zu
unterſuchen, nur vergleichbare Zahlen zuſammen zu
ſtellen, durch richtige Anordnung der Zahlen die Fragen
zu ſtellen, welche ſie beantworten können. Ich habe
daher auch nicht geſcheut, ſelbſt mit einer breiten und
hier und da ermüdenden Ausführlichkeit die Entſtehung
und den Werth der einzelnen Zahlen klar zu legen,
durch zahlreiche Anmerkungen jedem Leſer die eigene
Prüfung und Nachrechnung zu ermöglichen. Die Mehr-
zahl meiner Rechnungen habe ich durch einen ausge-
zeichneten Mathematiker, Herrn Ulrich, Beamten der
Verſicherungsgeſellſchaft Iduna prüfen laſſen; auch im
Druck ſind die Zahlen mit möglichſter Sorgfalt rektifizirt,
ſo daß hoffentlich die niemals ganz zu vermeidenden
Druck- und Rechenfehler unbedeutend ſind. Daneben
habe ich angeſtrebt, die Zahlen ſo mitzutheilen, daß
auch der Nichtfachmann ſie leicht verſteht, d. h. ich habe
ſie, durchaus in kleine Tabellen gruppirt, zwiſchen dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. VII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/13>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.