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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Folgen der Gewerbenovelle.
die Magazine, den Handel irgendwie zu Gunsten der
Kleingewerbe zu beschränken. Selbst soweit die Novelle
dazu etwa die Hand bot, wie durch die Bestimmung
über die Magazine, wurde sie nicht ausgeführt. Ueber-
haupt ist in solchen Dingen ja nicht der Wortlaut ent-
scheidend, sondern die Art der Ausführung. Und diese
war keine schroffe, selbst in Bezug auf die Prüfungen.
Wohl haben diese manche Niederlassung erschwert, am
meisten noch in den Baugewerken; das Anwachsen der
bloßen Flickarbeiter gegenüber den Meistern hängt damit
zusammen. Aber abgesehen hiervon wurde die größte
Milde beobachtet; schon durch das Gesetz vom 15. Mai
1854 wurden, was dem Gesellen die Hauptsache war,
die Prüfungsgebühren reduzirt. Kontraventionen, absicht-
liche Täuschungen, Namensleihungen wurden selten ver-
folgt. Die Strafen waren praktisch so nieder, daß selbst
eine gerichtliche Verurtheilung keine Aenderung zur Folge
hatte. 1 Somit sind in der Hauptsache die statistischen
Zahlen von 1852--61 nicht aus der veränderten Gesetz-
gebung, sondern aus andern Ursachen zu erklären.

Dies zeigt sich gleich bei denen für 1852. Die
Hauptnoth ist vorbei; wenn sie in einigen Gewerben
noch fortdauert, so haben die übrigen um so mehr sich
erholt. Es waren 2

[Tabelle]

1 Vergl. darüber die praktischen Bemerkungen von Mül-
mann das. S. 493.
2 Siehe die spezielle Vergleichung der beiden Jahre, Mit-
theilungen VII, 328--52.

Die Folgen der Gewerbenovelle.
die Magazine, den Handel irgendwie zu Gunſten der
Kleingewerbe zu beſchränken. Selbſt ſoweit die Novelle
dazu etwa die Hand bot, wie durch die Beſtimmung
über die Magazine, wurde ſie nicht ausgeführt. Ueber-
haupt iſt in ſolchen Dingen ja nicht der Wortlaut ent-
ſcheidend, ſondern die Art der Ausführung. Und dieſe
war keine ſchroffe, ſelbſt in Bezug auf die Prüfungen.
Wohl haben dieſe manche Niederlaſſung erſchwert, am
meiſten noch in den Baugewerken; das Anwachſen der
bloßen Flickarbeiter gegenüber den Meiſtern hängt damit
zuſammen. Aber abgeſehen hiervon wurde die größte
Milde beobachtet; ſchon durch das Geſetz vom 15. Mai
1854 wurden, was dem Geſellen die Hauptſache war,
die Prüfungsgebühren reduzirt. Kontraventionen, abſicht-
liche Täuſchungen, Namensleihungen wurden ſelten ver-
folgt. Die Strafen waren praktiſch ſo nieder, daß ſelbſt
eine gerichtliche Verurtheilung keine Aenderung zur Folge
hatte. 1 Somit ſind in der Hauptſache die ſtatiſtiſchen
Zahlen von 1852—61 nicht aus der veränderten Geſetz-
gebung, ſondern aus andern Urſachen zu erklären.

Dies zeigt ſich gleich bei denen für 1852. Die
Hauptnoth iſt vorbei; wenn ſie in einigen Gewerben
noch fortdauert, ſo haben die übrigen um ſo mehr ſich
erholt. Es waren 2

[Tabelle]

1 Vergl. darüber die praktiſchen Bemerkungen von Mül-
mann daſ. S. 493.
2 Siehe die ſpezielle Vergleichung der beiden Jahre, Mit-
theilungen VII, 328—52.
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[91/0113] Die Folgen der Gewerbenovelle. die Magazine, den Handel irgendwie zu Gunſten der Kleingewerbe zu beſchränken. Selbſt ſoweit die Novelle dazu etwa die Hand bot, wie durch die Beſtimmung über die Magazine, wurde ſie nicht ausgeführt. Ueber- haupt iſt in ſolchen Dingen ja nicht der Wortlaut ent- ſcheidend, ſondern die Art der Ausführung. Und dieſe war keine ſchroffe, ſelbſt in Bezug auf die Prüfungen. Wohl haben dieſe manche Niederlaſſung erſchwert, am meiſten noch in den Baugewerken; das Anwachſen der bloßen Flickarbeiter gegenüber den Meiſtern hängt damit zuſammen. Aber abgeſehen hiervon wurde die größte Milde beobachtet; ſchon durch das Geſetz vom 15. Mai 1854 wurden, was dem Geſellen die Hauptſache war, die Prüfungsgebühren reduzirt. Kontraventionen, abſicht- liche Täuſchungen, Namensleihungen wurden ſelten ver- folgt. Die Strafen waren praktiſch ſo nieder, daß ſelbſt eine gerichtliche Verurtheilung keine Aenderung zur Folge hatte. 1 Somit ſind in der Hauptſache die ſtatiſtiſchen Zahlen von 1852—61 nicht aus der veränderten Geſetz- gebung, ſondern aus andern Urſachen zu erklären. Dies zeigt ſich gleich bei denen für 1852. Die Hauptnoth iſt vorbei; wenn ſie in einigen Gewerben noch fortdauert, ſo haben die übrigen um ſo mehr ſich erholt. Es waren 2 1 Vergl. darüber die praktiſchen Bemerkungen von Mül- mann daſ. S. 493. 2 Siehe die ſpezielle Vergleichung der beiden Jahre, Mit- theilungen VII, 328—52.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/113>, abgerufen am 24.11.2024.