Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.Die preußischen Aufnahmen. glaubten ihre Sache zu fördern, wenn die Zünfte her-gestellt würden. Ueberdies war die preußische Regierung, wie leicht jede Regierung, geneigt zu glauben, man könne der augenblicklichen Noth im Gewerbestande durch irgend welche Akte der Gesetzgebung abhelfen. Eine Kommission von betheiligten Sachverständigen wurde berufen und berieth den 17. bis 30. Januar 1849. Die Klagen konzentrirten sich darin, man könne sich zu leicht niederlassen und ein Geschäft eröffnen. Die Verordnung vom 9. Februar 1849 gibt diesem kurz- sichtig egoistischen Klasseninteresse nach, schafft wieder feste Arbeitsabgrenzung für die wichtigern Gewerbe und verlangt für die Ausübung derselben Beitritt zur Innung nach vorangängigem Nachweise der Befähigung bei der Zunft oder Nachweis der Befähigung vor einer besondern Prüfungskommission. Ein fester Bildungsgang als Lehrling und Geselle wird wieder vorgeschrieben; Hand- werksmeister dürfen zu technischen Arbeiten sich nur der Gesellen und Lehrlinge des Handwerks bedienen; diese dürfen nur bei Meistern ihres Handwerks oder bei Fabrikinhabern eintreten. Wo das Halten von Magazinen zum Detailverkauf von Handwerkswaaren erhebliche Nach- in Preußen, welche hie und da, als Anfänge einer neuen Aera
des Handwerkerstandes, bereits ins Leben getreten sind, mit Freuden und wünschen ihnen guten Fortgang und Nachahmung von allen Seiten." S. 233 folgt ein Artikel "Handwerk und Freihandel;" in demselben wird die Erklärung der 27 Stettiner Gewerke angeführt, welche dahin lautet: daß sie in der neuen preußischen Gewerbeordnung das Mittel erkennen, "der grenzen- losen Gewerbewillkür und dadurch herbeigeführten Demoralisation und Verarmung ein Ziel zu setzen." Die preußiſchen Aufnahmen. glaubten ihre Sache zu fördern, wenn die Zünfte her-geſtellt würden. Ueberdies war die preußiſche Regierung, wie leicht jede Regierung, geneigt zu glauben, man könne der augenblicklichen Noth im Gewerbeſtande durch irgend welche Akte der Geſetzgebung abhelfen. Eine Kommiſſion von betheiligten Sachverſtändigen wurde berufen und berieth den 17. bis 30. Januar 1849. Die Klagen konzentrirten ſich darin, man könne ſich zu leicht niederlaſſen und ein Geſchäft eröffnen. Die Verordnung vom 9. Februar 1849 gibt dieſem kurz- ſichtig egoiſtiſchen Klaſſenintereſſe nach, ſchafft wieder feſte Arbeitsabgrenzung für die wichtigern Gewerbe und verlangt für die Ausübung derſelben Beitritt zur Innung nach vorangängigem Nachweiſe der Befähigung bei der Zunft oder Nachweis der Befähigung vor einer beſondern Prüfungskommiſſion. Ein feſter Bildungsgang als Lehrling und Geſelle wird wieder vorgeſchrieben; Hand- werksmeiſter dürfen zu techniſchen Arbeiten ſich nur der Geſellen und Lehrlinge des Handwerks bedienen; dieſe dürfen nur bei Meiſtern ihres Handwerks oder bei Fabrikinhabern eintreten. Wo das Halten von Magazinen zum Detailverkauf von Handwerkswaaren erhebliche Nach- in Preußen, welche hie und da, als Anfänge einer neuen Aera
des Handwerkerſtandes, bereits ins Leben getreten ſind, mit Freuden und wünſchen ihnen guten Fortgang und Nachahmung von allen Seiten.“ S. 233 folgt ein Artikel „Handwerk und Freihandel;“ in demſelben wird die Erklärung der 27 Stettiner Gewerke angeführt, welche dahin lautet: daß ſie in der neuen preußiſchen Gewerbeordnung das Mittel erkennen, „der grenzen- loſen Gewerbewillkür und dadurch herbeigeführten Demoraliſation und Verarmung ein Ziel zu ſetzen.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0108" n="86"/><fw place="top" type="header">Die preußiſchen Aufnahmen.</fw><lb/> glaubten ihre Sache zu fördern, wenn die Zünfte her-<lb/> geſtellt würden. Ueberdies war die preußiſche Regierung,<lb/> wie leicht jede Regierung, geneigt zu glauben, man<lb/> könne der augenblicklichen Noth im Gewerbeſtande durch<lb/> irgend welche Akte der Geſetzgebung abhelfen. Eine<lb/> Kommiſſion von betheiligten Sachverſtändigen wurde<lb/> berufen und berieth den 17. bis 30. Januar 1849.<lb/> Die Klagen konzentrirten ſich darin, man könne ſich<lb/> zu leicht niederlaſſen und ein Geſchäft eröffnen. Die<lb/> Verordnung vom 9. Februar 1849 gibt dieſem kurz-<lb/> ſichtig egoiſtiſchen Klaſſenintereſſe nach, ſchafft wieder<lb/> feſte Arbeitsabgrenzung für die wichtigern Gewerbe und<lb/> verlangt für die Ausübung derſelben Beitritt zur Innung<lb/> nach vorangängigem Nachweiſe der Befähigung bei der<lb/> Zunft oder Nachweis der Befähigung vor einer beſondern<lb/> Prüfungskommiſſion. Ein feſter Bildungsgang als<lb/> Lehrling und Geſelle wird wieder vorgeſchrieben; Hand-<lb/> werksmeiſter dürfen zu techniſchen Arbeiten ſich nur der<lb/> Geſellen und Lehrlinge des Handwerks bedienen; dieſe<lb/> dürfen nur bei Meiſtern ihres Handwerks oder bei<lb/> Fabrikinhabern eintreten. Wo das Halten von Magazinen<lb/> zum Detailverkauf von Handwerkswaaren erhebliche Nach-<lb/><note xml:id="seg2pn_7_2" prev="#seg2pn_7_1" place="foot" n="2">in Preußen, welche hie und da, als Anfänge einer neuen Aera<lb/> des Handwerkerſtandes, bereits ins Leben getreten ſind, mit<lb/> Freuden und wünſchen ihnen guten Fortgang und Nachahmung<lb/> von allen Seiten.“ S. 233 folgt ein Artikel „Handwerk und<lb/> Freihandel;“ in demſelben wird die Erklärung der 27 Stettiner<lb/> Gewerke angeführt, welche dahin lautet: daß ſie in der neuen<lb/> preußiſchen Gewerbeordnung das Mittel erkennen, „der grenzen-<lb/> loſen Gewerbewillkür und dadurch herbeigeführten Demoraliſation<lb/> und Verarmung ein Ziel zu ſetzen.“</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0108]
Die preußiſchen Aufnahmen.
glaubten ihre Sache zu fördern, wenn die Zünfte her-
geſtellt würden. Ueberdies war die preußiſche Regierung,
wie leicht jede Regierung, geneigt zu glauben, man
könne der augenblicklichen Noth im Gewerbeſtande durch
irgend welche Akte der Geſetzgebung abhelfen. Eine
Kommiſſion von betheiligten Sachverſtändigen wurde
berufen und berieth den 17. bis 30. Januar 1849.
Die Klagen konzentrirten ſich darin, man könne ſich
zu leicht niederlaſſen und ein Geſchäft eröffnen. Die
Verordnung vom 9. Februar 1849 gibt dieſem kurz-
ſichtig egoiſtiſchen Klaſſenintereſſe nach, ſchafft wieder
feſte Arbeitsabgrenzung für die wichtigern Gewerbe und
verlangt für die Ausübung derſelben Beitritt zur Innung
nach vorangängigem Nachweiſe der Befähigung bei der
Zunft oder Nachweis der Befähigung vor einer beſondern
Prüfungskommiſſion. Ein feſter Bildungsgang als
Lehrling und Geſelle wird wieder vorgeſchrieben; Hand-
werksmeiſter dürfen zu techniſchen Arbeiten ſich nur der
Geſellen und Lehrlinge des Handwerks bedienen; dieſe
dürfen nur bei Meiſtern ihres Handwerks oder bei
Fabrikinhabern eintreten. Wo das Halten von Magazinen
zum Detailverkauf von Handwerkswaaren erhebliche Nach-
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2 in Preußen, welche hie und da, als Anfänge einer neuen Aera
des Handwerkerſtandes, bereits ins Leben getreten ſind, mit
Freuden und wünſchen ihnen guten Fortgang und Nachahmung
von allen Seiten.“ S. 233 folgt ein Artikel „Handwerk und
Freihandel;“ in demſelben wird die Erklärung der 27 Stettiner
Gewerke angeführt, welche dahin lautet: daß ſie in der neuen
preußiſchen Gewerbeordnung das Mittel erkennen, „der grenzen-
loſen Gewerbewillkür und dadurch herbeigeführten Demoraliſation
und Verarmung ein Ziel zu ſetzen.“
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