Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900.Die Folgen des Ackerbaues, seine Stufen. Die Metallwerkzeuge. anlagen sind. Später wächst dann das Ackerland auf Kosten des Waldes und derWeide, aber die Einteilung des Ackerlandes in zwei oder drei Felder neben der Weide erhält sich in alter Weise. Das waren und blieben die vorherrschenden süd- und mitteleuropäischen Betriebsformen der Landwirtschaft, die erst im 18. und 19. Jahrhundert den verbesserten, noch intensiveren wichen, auf die wir unten kommen. Wir haben damit weit vorgegriffen. Aber es entsprach das auch der so wichtigen 81. Die Waffen und Werkzeuge aus Metall sind jünger als Viehzucht Immer wollen wir nicht verschweigen, daß der Ackerbau, wie er seit den Assyrern Mit Holz, Knochen und Stein haben gewiß einzelne Völker nicht Unbedeutendes Von den Metallen wurde wahrscheinlich zuerst das Gold gefunden und gebraucht; Die Folgen des Ackerbaues, ſeine Stufen. Die Metallwerkzeuge. anlagen ſind. Später wächſt dann das Ackerland auf Koſten des Waldes und derWeide, aber die Einteilung des Ackerlandes in zwei oder drei Felder neben der Weide erhält ſich in alter Weiſe. Das waren und blieben die vorherrſchenden ſüd- und mitteleuropäiſchen Betriebsformen der Landwirtſchaft, die erſt im 18. und 19. Jahrhundert den verbeſſerten, noch intenſiveren wichen, auf die wir unten kommen. Wir haben damit weit vorgegriffen. Aber es entſprach das auch der ſo wichtigen 81. Die Waffen und Werkzeuge aus Metall ſind jünger als Viehzucht Immer wollen wir nicht verſchweigen, daß der Ackerbau, wie er ſeit den Aſſyrern Mit Holz, Knochen und Stein haben gewiß einzelne Völker nicht Unbedeutendes Von den Metallen wurde wahrſcheinlich zuerſt das Gold gefunden und gebraucht; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0217" n="201"/><fw place="top" type="header">Die Folgen des Ackerbaues, ſeine Stufen. Die Metallwerkzeuge.</fw><lb/> anlagen ſind. 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Hahn<lb/> deshalb noch neuerdings dieſe älteſten Fortſchritte des Landbaues verherrlichend ſagen:<lb/> „Wenn wir das Jahr in vier Jahreszeiten und zwölf Monate teilen, wenn wir das<lb/> Land pflügen und das Getreide hineinſäen, wenn wir Mehl mahlen und das Brot im<lb/> Ofen backen, wenn wir Milch und Wein trinken (wahrſcheinlich gehört auch das Bier<lb/> dazu) und Butter und Öl eſſen, ſo thun wir genau, was wir unſere geiſtigen Vor-<lb/> fahren im Unterlauf des Tigris und Euphrat thun ſehen, wenn das erſte blaſſe<lb/> Dämmerlicht der Geſchichte etwa 4000 v. Chr. auf ſie fällt. Alles was wir hinzu-<lb/> gefügt haben, betrifft doch nur das Ornament, die Grundlagen ſind dieſelben geblieben.“<lb/> Es mag dies übertrieben klingen, und iſt es auch in gewiſſem Sinne; es iſt nur für<lb/> die Ernährung wahr. Es iſt dabei von den Fortſchritten, welche die Metalltechnik<lb/> brachte, ſowie von den großen Verbeſſerungen ſeither im Verkehr und in den Gewerben<lb/> ganz abgeſehen.</p><lb/> <p>81. <hi rendition="#g">Die Waffen und Werkzeuge aus Metall</hi> ſind jünger als Viehzucht<lb/> und Ackerbau. Pflug und Wagen, Kahn und Geſtell des Zeltes und der Hütte, Stiel<lb/> und Schaft der Steinwerkzeuge war ſehr lange nur von Holz. Und auch wo die<lb/> Metallbearbeitung begann oder Metallwerkzeuge und -Schmuckſtücke eindrangen, waren<lb/> ſie lange ſo ſelten und teuer, daß die Holz-, Stein- und Knochentechnik ſich nicht viel<lb/> änderte. Noch heute giebt es Gegenden in Europa, die faſt nur Holzverwendung kennen:<lb/> in der Herzegowina z. B. trafen die Öſterreicher 1878 Wagen ohne jeden Metallzuſatz.</p><lb/> <p>Immer wollen wir nicht verſchweigen, daß der Ackerbau, wie er ſeit den Aſſyrern<lb/> und Ägyptern beſtand, und wie wir ihn eben betrachteten, von einer gewiſſen Metall-<lb/> technik meiſt ſchon gefördert war. Wenn wir jetzt dieſe beſprechen, ſchildern wir nicht etwa<lb/> eine Epoche, welche dem Ackerbau folgte, ſondern eine Entwickelung, die mit ſeinen<lb/> Anfängen beginnt und ihn begleitet und gefördert hat.</p><lb/> <p>Mit Holz, Knochen und Stein haben gewiß einzelne Völker nicht Unbedeutendes<lb/> geleiſtet; aber die Metalltechnik bedeutet doch, wo ſie zur vollen Geltung kommt, einen<lb/> ungeheuren Fortſchritt, ähnlich dem Fortſchritt der Feuerverwendung; man hat ſie nicht<lb/> mit Unrecht dem heutigen Maſchinenfortſchritt gleichgeſtellt. Beck ſagt: erſt die Metall-<lb/> werkzeuge ſicherten die überlegene Herrſchaft der Menſchen auf Erden. Morgan meint:<lb/> die Eiſenproduktion iſt der Wendepunkt aller Wendepunkte in der menſchlichen Erfahrung;<lb/> nichts kommt ihm gleich. Schon für die älteſte Überlieferung der antiken Völker iſt<lb/> das Bekanntwerden der Metalle ein ungeheures, auf Götter oder Weltbrände zurück-<lb/> geführtes Ereignis.</p><lb/> <p>Von den Metallen wurde wahrſcheinlich zuerſt das Gold gefunden und gebraucht;<lb/> es findet ſich in gediegenem Zuſtand an der Oberfläche und lockt durch ſeine Farbe;<lb/> aber es hat zuerſt, wie ſpäter, wohl nur zum Schmucke gedient. Es war zu Werkzeugen<lb/> zu weich und zu ſelten. Silber gehört einer viel ſpäteren Zeit an; es wird nicht als<lb/> reines Metall gefunden, iſt nur aus ſeinen Erzen herzuſtellen. Kupfer kommt da und<lb/> dort gediegen vor; es kann ohne Schmelzprozeß verarbeitet, gehämmert werden und hat<lb/> ſo bei einzelnen Stämmen, z. B. bei amerikaniſchen, wahrſcheinlich auch bei den<lb/> ungetrennten Indogermanen, die Rolle des erſten Metalls geſpielt. Viel wichtiger aber<lb/> wurde das Eiſen und die Legierung von Kupfer und Zinn, die echte oder antike Bronze.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [201/0217]
Die Folgen des Ackerbaues, ſeine Stufen. Die Metallwerkzeuge.
anlagen ſind. Später wächſt dann das Ackerland auf Koſten des Waldes und der
Weide, aber die Einteilung des Ackerlandes in zwei oder drei Felder neben der Weide
erhält ſich in alter Weiſe. Das waren und blieben die vorherrſchenden ſüd- und
mitteleuropäiſchen Betriebsformen der Landwirtſchaft, die erſt im 18. und 19. Jahrhundert
den verbeſſerten, noch intenſiveren wichen, auf die wir unten kommen.
Wir haben damit weit vorgegriffen. Aber es entſprach das auch der ſo wichtigen
geſchichtlichen Thatſache, daß der Ausbildung des Ackerbaues, wie ſie nach der Vieh-
zähmung und der Pfluganwendung Jahrtauſende vor Chriſti in Vorderaſien gelang,
wohl bis in unſer Jahrhundert viele kleine Verbeſſerungen, aber keine ſie von Grund
aus ändernde techniſche Neuerung folgte, keine, welche die ganze Ernährung der Menſch-
heit weſentlich erleichtert, die Produktion ſehr vermehrt hätte. Konnte doch Ed. Hahn
deshalb noch neuerdings dieſe älteſten Fortſchritte des Landbaues verherrlichend ſagen:
„Wenn wir das Jahr in vier Jahreszeiten und zwölf Monate teilen, wenn wir das
Land pflügen und das Getreide hineinſäen, wenn wir Mehl mahlen und das Brot im
Ofen backen, wenn wir Milch und Wein trinken (wahrſcheinlich gehört auch das Bier
dazu) und Butter und Öl eſſen, ſo thun wir genau, was wir unſere geiſtigen Vor-
fahren im Unterlauf des Tigris und Euphrat thun ſehen, wenn das erſte blaſſe
Dämmerlicht der Geſchichte etwa 4000 v. Chr. auf ſie fällt. Alles was wir hinzu-
gefügt haben, betrifft doch nur das Ornament, die Grundlagen ſind dieſelben geblieben.“
Es mag dies übertrieben klingen, und iſt es auch in gewiſſem Sinne; es iſt nur für
die Ernährung wahr. Es iſt dabei von den Fortſchritten, welche die Metalltechnik
brachte, ſowie von den großen Verbeſſerungen ſeither im Verkehr und in den Gewerben
ganz abgeſehen.
81. Die Waffen und Werkzeuge aus Metall ſind jünger als Viehzucht
und Ackerbau. Pflug und Wagen, Kahn und Geſtell des Zeltes und der Hütte, Stiel
und Schaft der Steinwerkzeuge war ſehr lange nur von Holz. Und auch wo die
Metallbearbeitung begann oder Metallwerkzeuge und -Schmuckſtücke eindrangen, waren
ſie lange ſo ſelten und teuer, daß die Holz-, Stein- und Knochentechnik ſich nicht viel
änderte. Noch heute giebt es Gegenden in Europa, die faſt nur Holzverwendung kennen:
in der Herzegowina z. B. trafen die Öſterreicher 1878 Wagen ohne jeden Metallzuſatz.
Immer wollen wir nicht verſchweigen, daß der Ackerbau, wie er ſeit den Aſſyrern
und Ägyptern beſtand, und wie wir ihn eben betrachteten, von einer gewiſſen Metall-
technik meiſt ſchon gefördert war. Wenn wir jetzt dieſe beſprechen, ſchildern wir nicht etwa
eine Epoche, welche dem Ackerbau folgte, ſondern eine Entwickelung, die mit ſeinen
Anfängen beginnt und ihn begleitet und gefördert hat.
Mit Holz, Knochen und Stein haben gewiß einzelne Völker nicht Unbedeutendes
geleiſtet; aber die Metalltechnik bedeutet doch, wo ſie zur vollen Geltung kommt, einen
ungeheuren Fortſchritt, ähnlich dem Fortſchritt der Feuerverwendung; man hat ſie nicht
mit Unrecht dem heutigen Maſchinenfortſchritt gleichgeſtellt. Beck ſagt: erſt die Metall-
werkzeuge ſicherten die überlegene Herrſchaft der Menſchen auf Erden. Morgan meint:
die Eiſenproduktion iſt der Wendepunkt aller Wendepunkte in der menſchlichen Erfahrung;
nichts kommt ihm gleich. Schon für die älteſte Überlieferung der antiken Völker iſt
das Bekanntwerden der Metalle ein ungeheures, auf Götter oder Weltbrände zurück-
geführtes Ereignis.
Von den Metallen wurde wahrſcheinlich zuerſt das Gold gefunden und gebraucht;
es findet ſich in gediegenem Zuſtand an der Oberfläche und lockt durch ſeine Farbe;
aber es hat zuerſt, wie ſpäter, wohl nur zum Schmucke gedient. Es war zu Werkzeugen
zu weich und zu ſelten. Silber gehört einer viel ſpäteren Zeit an; es wird nicht als
reines Metall gefunden, iſt nur aus ſeinen Erzen herzuſtellen. Kupfer kommt da und
dort gediegen vor; es kann ohne Schmelzprozeß verarbeitet, gehämmert werden und hat
ſo bei einzelnen Stämmen, z. B. bei amerikaniſchen, wahrſcheinlich auch bei den
ungetrennten Indogermanen, die Rolle des erſten Metalls geſpielt. Viel wichtiger aber
wurde das Eiſen und die Legierung von Kupfer und Zinn, die echte oder antike Bronze.
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