Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.Morgen-Gebett am Dienstage. die arme Seele schwebt in mancherley Gefahr, gleichals ich in der Welt in lauter Dornen sässe; drum stelle heute dich zu meinem Schutze dar. Laß meine Tritte nicht von deinen Wegen gleiten, du weist, wie bald der Feind uns einen Abweg zeigt; sey, wo ich geh und steh, mit deiner Furcht zur Seiten, gieb mir ein Hertz, das sich nach deinen Rechten neigt. Will mein Beruff und Amt durch Mühe sauer werden, so stell mir für, daß du es so geschaffen hast. Wer hat was ohne Fleiß auf dieser rauhen Erden? Wenn nicht die Sünde wär, so wäre keine Last. Der gan- tze Lebens-Lauff wird wohl ein Dienstag bleiben, o laß mich nur getreu in deinem Dienste seyn, und nicht nur obenhin mein Werck und Wesen treiben, so wird mein Eg und Pflug sich auch der Erndte freun. Nichts bin ich ohne dich, durch dich ver- mag ich alles, ohn dich ist alles Fluch, mit dir ist alles Heyl: Regierst du meinen Gang, so fürcht ich keines Falles, von deinem Segen kommt auch mein bescheiden Theil. Erhalt in meiner Brust ein ruhi- ges Gewissen, das mich am Ende nicht des Lebens halben beißt; ich bin ein Sterblicher, wie kan ich also wissen, ob mich nicht heute noch der Tod zum Grabe weist. Gieb, daß ich lebe so, als müßt ich heute ster- ben, so findet mich der Tod, wie er mich haben will; und reiß mich, wenn er kommt, durch ihn aus dem Verderben, hier ist ja wenig Guts, und Böses gar zu viel. Nun schreibe diesen Tag in deine Vatter- Hände, mit einer solchen Schrifft, die lauter Heyl bedeut, daß ich ihn, als ein Christ, aufs Christlich- ste
Morgen-Gebett am Dienſtage. die arme Seele ſchwebt in mancherley Gefahr, gleichals ich in der Welt in lauter Dornen ſäſſe; drum ſtelle heute dich zu meinem Schutze dar. Laß meine Tritte nicht von deinen Wegen gleiten, du weiſt, wie bald der Feind uns einen Abweg zeigt; ſey, wo ich geh und ſteh, mit deiner Furcht zur Seiten, gieb mir ein Hertz, das ſich nach deinen Rechten neigt. Will mein Beruff und Amt durch Mühe ſauer werden, ſo ſtell mir für, daß du es ſo geſchaffen haſt. Wer hat was ohne Fleiß auf dieſer rauhen Erden? Wenn nicht die Sünde wär, ſo wäre keine Laſt. Der gan- tze Lebens-Lauff wird wohl ein Dienſtag bleiben, o laß mich nur getreu in deinem Dienſte ſeyn, und nicht nur obenhin mein Werck und Weſen treiben, ſo wird mein Eg und Pflug ſich auch der Erndte freun. Nichts bin ich ohne dich, durch dich ver- mag ich alles, ohn dich iſt alles Fluch, mit dir iſt alles Heyl: Regierſt du meinen Gang, ſo fürcht ich keines Falles, von deinem Segen kommt auch mein beſcheiden Theil. Erhalt in meiner Bruſt ein ruhi- ges Gewiſſen, das mich am Ende nicht des Lebens halben beißt; ich bin ein Sterblicher, wie kan ich alſo wiſſen, ob mich nicht heute noch der Tod zum Grabe weist. Gieb, daß ich lebe ſo, als müßt ich heute ſter- ben, ſo findet mich der Tod, wie er mich haben will; und reiß mich, wenn er kommt, durch ihn aus dem Verderben, hier iſt ja wenig Guts, und Böſes gar zu viel. Nun ſchreibe dieſen Tag in deine Vatter- Hände, mit einer ſolchen Schrifft, die lauter Heyl bedeut, daß ich ihn, als ein Chriſt, aufs Chriſtlich- ſte
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Morgen-Gebett am Dienſtage.
die arme Seele ſchwebt in mancherley Gefahr, gleich
als ich in der Welt in lauter Dornen ſäſſe; drum
ſtelle heute dich zu meinem Schutze dar. Laß meine
Tritte nicht von deinen Wegen gleiten, du weiſt, wie
bald der Feind uns einen Abweg zeigt; ſey, wo ich
geh und ſteh, mit deiner Furcht zur Seiten, gieb mir
ein Hertz, das ſich nach deinen Rechten neigt. Will
mein Beruff und Amt durch Mühe ſauer werden,
ſo ſtell mir für, daß du es ſo geſchaffen haſt. Wer
hat was ohne Fleiß auf dieſer rauhen Erden? Wenn
nicht die Sünde wär, ſo wäre keine Laſt. Der gan-
tze Lebens-Lauff wird wohl ein Dienſtag bleiben, o
laß mich nur getreu in deinem Dienſte ſeyn, und
nicht nur obenhin mein Werck und Weſen treiben,
ſo wird mein Eg und Pflug ſich auch der Erndte
freun. Nichts bin ich ohne dich, durch dich ver-
mag ich alles, ohn dich iſt alles Fluch, mit dir iſt
alles Heyl: Regierſt du meinen Gang, ſo fürcht ich
keines Falles, von deinem Segen kommt auch mein
beſcheiden Theil. Erhalt in meiner Bruſt ein ruhi-
ges Gewiſſen, das mich am Ende nicht des Lebens
halben beißt; ich bin ein Sterblicher, wie kan ich alſo
wiſſen, ob mich nicht heute noch der Tod zum Grabe
weist. Gieb, daß ich lebe ſo, als müßt ich heute ſter-
ben, ſo findet mich der Tod, wie er mich haben will;
und reiß mich, wenn er kommt, durch ihn aus dem
Verderben, hier iſt ja wenig Guts, und Böſes gar
zu viel. Nun ſchreibe dieſen Tag in deine Vatter-
Hände, mit einer ſolchen Schrifft, die lauter Heyl
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