hatten, nahmen sie seine Kleider, und machten vier Theil, einem jeglichen Kriegs-Knecht einen Theil, darzu auch den Rock. Der Rock aber war unge- nähet, von oben an gewürcket durch und durch. Da sprachen sie untereinander: Lasset uns den nicht zer- theilen, sondern darum losen, weß er seyn soll: Auf daß erfüllet würde die Schrifft, die da saget: Sie haben meine Kleider unter sich getheilet und haben über meinen Rock das Loos geworffen. Und sie sassen allda und hüteten sein. Solches thäten die Kriegs-Knechte, und das Volck stund und sahe zu.
Es stunde aber bey dem Creutz JEsu seine Mut- ter, und seiner Mutter Schwester Maria, Cleophas Weib, und Maria Magdalena. Da nun JEsus seine Mutter sahe, und den Jünger darbey stehen, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Weib, siehe das ist dein Sohn. Darnach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter. Und von Stund an nahm sie der Jünger zu sich.
Die aber fürüber giengen, lästerten ihn, und schüttelten die Köpff und sprachen: Pfuy dich, wie fein zerbrichst du den Tempel, und bauest ihn in dreyen Tagen: Hilff dir selber: Bist du GOttes Sohn, so steige herab von dem Creutz, desgleichen auch die Hohenpriester verspotteten ihn untereinan- der, mit den Schrifftgelehrten und Aeltesten, sammt dem Volck, und sprachen: Er hat andern geholffen, und kan ihme selber nicht helffen. Ist er Christ, der König von Israel, der Auserwählte GOttes, er helffe ihm selber, und steige nun vom Creutze, auf
daß
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Hiſtoria vom Leiden Chriſti.
hatten, nahmen ſie ſeine Kleider, und machten vier Theil, einem jeglichen Kriegs-Knecht einen Theil, darzu auch den Rock. Der Rock aber war unge- nähet, von oben an gewürcket durch und durch. Da ſprachen ſie untereinander: Laſſet uns den nicht zer- theilen, ſondern darum loſen, weß er ſeyn ſoll: Auf daß erfüllet würde die Schrifft, die da ſaget: Sie haben meine Kleider unter ſich getheilet und haben über meinen Rock das Loos geworffen. Und ſie ſaſſen allda und hüteten ſein. Solches thäten die Kriegs-Knechte, und das Volck ſtund und ſahe zu.
Es ſtunde aber bey dem Creutz JEſu ſeine Mut- ter, und ſeiner Mutter Schweſter Maria, Cleophas Weib, und Maria Magdalena. Da nun JEſus ſeine Mutter ſahe, und den Jünger darbey ſtehen, den er lieb hatte, ſpricht er zu ſeiner Mutter: Weib, ſiehe das iſt dein Sohn. Darnach ſpricht er zu dem Jünger: Siehe, das iſt deine Mutter. Und von Stund an nahm ſie der Jünger zu ſich.
Die aber fürüber giengen, läſterten ihn, und ſchüttelten die Köpff und ſprachen: Pfuy dich, wie fein zerbrichſt du den Tempel, und baueſt ihn in dreyen Tagen: Hilff dir ſelber: Biſt du GOttes Sohn, ſo ſteige herab von dem Creutz, desgleichen auch die Hohenprieſter verſpotteten ihn untereinan- der, mit den Schrifftgelehrten und Aelteſten, ſammt dem Volck, und ſprachen: Er hat andern geholffen, und kan ihme ſelber nicht helffen. Iſt er Chriſt, der König von Iſrael, der Auserwählte GOttes, er helffe ihm ſelber, und ſteige nun vom Creutze, auf
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Hiſtoria vom Leiden Chriſti.
hatten, nahmen ſie ſeine Kleider, und machten vier
Theil, einem jeglichen Kriegs-Knecht einen Theil,
darzu auch den Rock. Der Rock aber war unge-
nähet, von oben an gewürcket durch und durch. Da
ſprachen ſie untereinander: Laſſet uns den nicht zer-
theilen, ſondern darum loſen, weß er ſeyn ſoll: Auf
daß erfüllet würde die Schrifft, die da ſaget: Sie
haben meine Kleider unter ſich getheilet und haben
über meinen Rock das Loos geworffen. Und ſie
ſaſſen allda und hüteten ſein. Solches thäten die
Kriegs-Knechte, und das Volck ſtund und ſahe zu.
Es ſtunde aber bey dem Creutz JEſu ſeine Mut-
ter, und ſeiner Mutter Schweſter Maria, Cleophas
Weib, und Maria Magdalena. Da nun JEſus
ſeine Mutter ſahe, und den Jünger darbey ſtehen,
den er lieb hatte, ſpricht er zu ſeiner Mutter: Weib,
ſiehe das iſt dein Sohn. Darnach ſpricht er zu dem
Jünger: Siehe, das iſt deine Mutter. Und von
Stund an nahm ſie der Jünger zu ſich.
Die aber fürüber giengen, läſterten ihn, und
ſchüttelten die Köpff und ſprachen: Pfuy dich, wie
fein zerbrichſt du den Tempel, und baueſt ihn in
dreyen Tagen: Hilff dir ſelber: Biſt du GOttes
Sohn, ſo ſteige herab von dem Creutz, desgleichen
auch die Hohenprieſter verſpotteten ihn untereinan-
der, mit den Schrifftgelehrten und Aelteſten, ſammt
dem Volck, und ſprachen: Er hat andern geholffen,
und kan ihme ſelber nicht helffen. Iſt er Chriſt, der
König von Iſrael, der Auserwählte GOttes, er
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 723. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/745>, abgerufen am 22.11.2024.
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