Doch, mein Vatter! ich will mich nicht freuen, wenn es denen übel gehet, die sich in meinem Un- glück freueten: Ich will auch nichts übels wün- schen, denen, die mir übels gönneten, sondern bitten auch vor meine allerärgsten Feinde: Vat- ter! vergieb es ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun. Laß sie doch nicht fallen in die Gruben, die sie mir gegraben hatten, und wende alle ver- diente Strafen deiner Gerechtigkeit von ihnen in Gnaden ab, ändere ihren bösen Sinn, erweiche ihr hartes Hertz, bring zurechte ihre durch Neid, Haß und Zorn verwirrte Seelen: erbarme dich über ih- ren elenden Zustand, ehe sie die finstere Nacht des Todes überfällt: Bekehre sie, und raffe sie nicht weg, durch einen bösen schnellen Tod, in der Mit- te ihrer Sünden: Verändere ihren Haß in Liebe, ihren Neid in geneigtes Wohlwollen, ihre Feind- schafft in Freundschafft, und ihre Mißgunst und Verfolgung in gute Gunst und brüderliche Liebe; Laß mich ihre leib-und geistliche Wohlfahrt sowol lieben und befördern, wie meine eigene, und ihnen den Himmel sowol gönnen, als mir selbst. Bis wir endlich kommen in das himmlische Jerusalem, da kein Haß und Neid mehr Platz hat, sondern da die Schaar der Triumphirenden, den GOTT des Friedens, als ein Hertz und Seele ehret. Amen, das geschehe, Amen! Amen.
Ge-
Gebett in Verfolgung.
Doch, mein Vatter! ich will mich nicht freuen, wenn es denen übel gehet, die ſich in meinem Un- glück freueten: Ich will auch nichts übels wün- ſchen, denen, die mir übels gönneten, ſondern bitten auch vor meine allerärgſten Feinde: Vat- ter! vergieb es ihnen, denn ſie wiſſen nicht, was ſie thun. Laß ſie doch nicht fallen in die Gruben, die ſie mir gegraben hatten, und wende alle ver- diente Strafen deiner Gerechtigkeit von ihnen in Gnaden ab, ändere ihren böſen Sinn, erweiche ihr hartes Hertz, bring zurechte ihre durch Neid, Haß und Zorn verwirrte Seelen: erbarme dich über ih- ren elenden Zuſtand, ehe ſie die finſtere Nacht des Todes überfällt: Bekehre ſie, und raffe ſie nicht weg, durch einen böſen ſchnellen Tod, in der Mit- te ihrer Sünden: Verändere ihren Haß in Liebe, ihren Neid in geneigtes Wohlwollen, ihre Feind- ſchafft in Freundſchafft, und ihre Mißgunſt und Verfolgung in gute Gunſt und brüderliche Liebe; Laß mich ihre leib-und geiſtliche Wohlfahrt ſowol lieben und befördern, wie meine eigene, und ihnen den Himmel ſowol gönnen, als mir ſelbſt. Bis wir endlich kommen in das himmliſche Jeruſalem, da kein Haß und Neid mehr Platz hat, ſondern da die Schaar der Triumphirenden, den GOTT des Friedens, als ein Hertz und Seele ehret. Amen, das geſchehe, Amen! Amen.
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Gebett in Verfolgung.
Doch, mein Vatter! ich will mich nicht freuen,
wenn es denen übel gehet, die ſich in meinem Un-
glück freueten: Ich will auch nichts übels wün-
ſchen, denen, die mir übels gönneten, ſondern
bitten auch vor meine allerärgſten Feinde: Vat-
ter! vergieb es ihnen, denn ſie wiſſen nicht, was
ſie thun. Laß ſie doch nicht fallen in die Gruben,
die ſie mir gegraben hatten, und wende alle ver-
diente Strafen deiner Gerechtigkeit von ihnen in
Gnaden ab, ändere ihren böſen Sinn, erweiche ihr
hartes Hertz, bring zurechte ihre durch Neid, Haß
und Zorn verwirrte Seelen: erbarme dich über ih-
ren elenden Zuſtand, ehe ſie die finſtere Nacht des
Todes überfällt: Bekehre ſie, und raffe ſie nicht
weg, durch einen böſen ſchnellen Tod, in der Mit-
te ihrer Sünden: Verändere ihren Haß in Liebe,
ihren Neid in geneigtes Wohlwollen, ihre Feind-
ſchafft in Freundſchafft, und ihre Mißgunſt und
Verfolgung in gute Gunſt und brüderliche Liebe;
Laß mich ihre leib-und geiſtliche Wohlfahrt ſowol
lieben und befördern, wie meine eigene, und ihnen
den Himmel ſowol gönnen, als mir ſelbſt. Bis
wir endlich kommen in das himmliſche Jeruſalem,
da kein Haß und Neid mehr Platz hat, ſondern da
die Schaar der Triumphirenden, den GOTT des
Friedens, als ein Hertz und Seele ehret. Amen,
das geſchehe, Amen! Amen.
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/611>, abgerufen am 25.11.2024.
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