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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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Gebett der Alten.
Alters zurück sehe auf die Wüste dieser Welt, und
an den weiten Weeg, den ich zurück geleget habe, so
bin ich ein Wunder in meinen Augen, daß ich noch
hier bin: Wie viele, die ich gekannt habe, sind vor
mir her den Weg aller Welt gangen! Ach wie man-
chen sauren Tritt hab ich nicht thun müssen, aus wie
mancher Gefahr hast du mich entrissen, o GOtt mei-
nes Lebens! ich würde undanckbar seyn, wann ich dir
nicht in meinem Alter vor die Erhaltung meines Le-
bens dancken sollte: Ich würde deine Weisheit ta-
deln, wann ich mein langes Leben nicht für einen
Segen sollte achten: Du hast in diese laimerne
Hütte eine unsterbliche, vernünfftige und geheiligte
Seele gesetzt, und dieselbe mit solchen Kräfften be-
gabet, die tausend Gelegenheit gehabt dich zu ver-
herrlichen, in dem Lande der Lebendigen: Würde
mein Mund die Verkündigung deines Lobs so lang
verdoppelt haben, wann der Tod meine Lippen vor-
längst verschlossen hätte? Würde ich so lang ein
Werckzeug deiner gnädigen Hand haben seyn können,
deines grossen Namens Ehre, und das Wohlseyn
meines Nächsten zu befördern, wann du den Lauf
meines Lebens bald wieder unterbrochen hättest?
würde dir dann auch mein Staub im Grabe dancken,
und dein Lob verkündigen? Nein warlich! darum
preise ich die Erhaltung meines Lebens, als eine
Gabe, die ich von dir meinem GOtt habe.

Aber das ist auch wahr, daß ich vielmehr gesün-
diget, als wann ich von diesem Leib des Todes eher
wäre befreyet worden: Gehe ich deine Gebotte durch,

und

Gebett der Alten.
Alters zurück ſehe auf die Wüſte dieſer Welt, und
an den weiten Weeg, den ich zurück geleget habe, ſo
bin ich ein Wunder in meinen Augen, daß ich noch
hier bin: Wie viele, die ich gekannt habe, ſind vor
mir her den Weg aller Welt gangen! Ach wie man-
chen ſauren Tritt hab ich nicht thun müſſen, aus wie
mancher Gefahr haſt du mich entriſſen, o GOtt mei-
nes Lebens! ich würde undanckbar ſeyn, wann ich dir
nicht in meinem Alter vor die Erhaltung meines Le-
bens dancken ſollte: Ich würde deine Weisheit ta-
deln, wann ich mein langes Leben nicht für einen
Segen ſollte achten: Du haſt in dieſe laimerne
Hütte eine unſterbliche, vernünfftige und geheiligte
Seele geſetzt, und dieſelbe mit ſolchen Kräfften be-
gabet, die tauſend Gelegenheit gehabt dich zu ver-
herrlichen, in dem Lande der Lebendigen: Würde
mein Mund die Verkündigung deines Lobs ſo lang
verdoppelt haben, wann der Tod meine Lippen vor-
längſt verſchloſſen hätte? Würde ich ſo lang ein
Werckzeug deiner gnädigen Hand haben ſeyn können,
deines groſſen Namens Ehre, und das Wohlſeyn
meines Nächſten zu befördern, wann du den Lauf
meines Lebens bald wieder unterbrochen hätteſt?
würde dir dann auch mein Staub im Grabe dancken,
und dein Lob verkündigen? Nein warlich! darum
preiſe ich die Erhaltung meines Lebens, als eine
Gabe, die ich von dir meinem GOtt habe.

Aber das iſt auch wahr, daß ich vielmehr geſün-
diget, als wann ich von dieſem Leib des Todes eher
wäre befreyet worden: Gehe ich deine Gebotte durch,

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[542/0564] Gebett der Alten. Alters zurück ſehe auf die Wüſte dieſer Welt, und an den weiten Weeg, den ich zurück geleget habe, ſo bin ich ein Wunder in meinen Augen, daß ich noch hier bin: Wie viele, die ich gekannt habe, ſind vor mir her den Weg aller Welt gangen! Ach wie man- chen ſauren Tritt hab ich nicht thun müſſen, aus wie mancher Gefahr haſt du mich entriſſen, o GOtt mei- nes Lebens! ich würde undanckbar ſeyn, wann ich dir nicht in meinem Alter vor die Erhaltung meines Le- bens dancken ſollte: Ich würde deine Weisheit ta- deln, wann ich mein langes Leben nicht für einen Segen ſollte achten: Du haſt in dieſe laimerne Hütte eine unſterbliche, vernünfftige und geheiligte Seele geſetzt, und dieſelbe mit ſolchen Kräfften be- gabet, die tauſend Gelegenheit gehabt dich zu ver- herrlichen, in dem Lande der Lebendigen: Würde mein Mund die Verkündigung deines Lobs ſo lang verdoppelt haben, wann der Tod meine Lippen vor- längſt verſchloſſen hätte? Würde ich ſo lang ein Werckzeug deiner gnädigen Hand haben ſeyn können, deines groſſen Namens Ehre, und das Wohlſeyn meines Nächſten zu befördern, wann du den Lauf meines Lebens bald wieder unterbrochen hätteſt? würde dir dann auch mein Staub im Grabe dancken, und dein Lob verkündigen? Nein warlich! darum preiſe ich die Erhaltung meines Lebens, als eine Gabe, die ich von dir meinem GOtt habe. Aber das iſt auch wahr, daß ich vielmehr geſün- diget, als wann ich von dieſem Leib des Todes eher wäre befreyet worden: Gehe ich deine Gebotte durch, und

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/564>, abgerufen am 23.11.2024.