Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Gebett eines Kauffmanns.
und hab noch nie gesehen den Gerechten verlassen,
auch den nicht, wenn sein Saame hat müssen nach
Brod gehen. Dörffen Kinder bitten von ihren El-
tern: So darf ich auch wohl von dir meinem himm-
lischen Vatter bitten, einen Nähr-Pfenning, mich
und die Meinige in Nahrung und ehrbarer Kleidung
zu unterhalten; einen Wehr-Pfenning, den ich mei-
ner lieben Obrigkeit für ihren Schutz zu geben schul-
dig bin; einen Ehren-Pfenning, meinem Nächsten
zur Ehre und Hülffe anzuwenden; einen Allmosen-
Pfenning für die Armen, auf daß ich auch habe zu
geben dem Dürfftigen, und denselben nicht Trost-
und Hülff-los müsse lassen von meiner Thüre gehen:
einen Noth - Pfenning, wenn mich Unglück oder
Kranckheit sollte überfallen, und auf ein langwieri-
ges Lager-Bethe hinlegen, da ichs nicht erwerben
kan, daß ich alsdann nicht müsse darben: Endlich
auch, wann es dir beliebet, einen Erb-Pfenning, da-
mit ich die Meinen nicht allzu bloß der argen und
bösen Welt hinterlasse, sondern nur so viel nachlas-
se, womit sie sich ehrlich können durch die Welt brin-
gen.

Ich verwundere mich manchmal über die Klug-
heit und List der Kinder dieser Welt, in ihrem Ge-
schlecht, und seuffze billich bey mir selbst: Ach! daß
ich bey Dauben-Einfalt auch mit solcher Klugheit
nach himmlischen Dingen trachten möchte, als die
Kinder der Welt nach dem Zeitlichen und Irdischen!
Ist das zeitliche Gut von Dieben nicht frey, die frey-
willig eingelassen, freywillig geheget, sich in freywil-

lige

Gebett eines Kauffmanns.
und hab noch nie geſehen den Gerechten verlaſſen,
auch den nicht, wenn ſein Saame hat müſſen nach
Brod gehen. Dörffen Kinder bitten von ihren El-
tern: So darf ich auch wohl von dir meinem himm-
liſchen Vatter bitten, einen Nähr-Pfenning, mich
und die Meinige in Nahrung und ehrbarer Kleidung
zu unterhalten; einen Wehr-Pfenning, den ich mei-
ner lieben Obrigkeit für ihren Schutz zu geben ſchul-
dig bin; einen Ehren-Pfenning, meinem Nächſten
zur Ehre und Hülffe anzuwenden; einen Allmoſen-
Pfenning für die Armen, auf daß ich auch habe zu
geben dem Dürfftigen, und denſelben nicht Troſt-
und Hülff-los müſſe laſſen von meiner Thüre gehen:
einen Noth - Pfenning, wenn mich Unglück oder
Kranckheit ſollte überfallen, und auf ein langwieri-
ges Lager-Bethe hinlegen, da ichs nicht erwerben
kan, daß ich alsdann nicht müſſe darben: Endlich
auch, wann es dir beliebet, einen Erb-Pfenning, da-
mit ich die Meinen nicht allzu bloß der argen und
böſen Welt hinterlaſſe, ſondern nur ſo viel nachlaſ-
ſe, womit ſie ſich ehrlich können durch die Welt brin-
gen.

Ich verwundere mich manchmal über die Klug-
heit und Liſt der Kinder dieſer Welt, in ihrem Ge-
ſchlecht, und ſeuffze billich bey mir ſelbſt: Ach! daß
ich bey Dauben-Einfalt auch mit ſolcher Klugheit
nach himmliſchen Dingen trachten möchte, als die
Kinder der Welt nach dem Zeitlichen und Irdiſchen!
Iſt das zeitliche Gut von Dieben nicht frey, die frey-
willig eingelaſſen, freywillig geheget, ſich in freywil-

lige
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0546" n="524"/><fw place="top" type="header">Gebett eines Kauffmanns.</fw><lb/>
und hab noch nie ge&#x017F;ehen den Gerechten verla&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
auch den nicht, wenn &#x017F;ein Saame hat mü&#x017F;&#x017F;en nach<lb/>
Brod gehen. Dörffen Kinder bitten von ihren El-<lb/>
tern: So darf ich auch wohl von dir meinem himm-<lb/>
li&#x017F;chen Vatter bitten, einen Nähr-Pfenning, mich<lb/>
und die Meinige in Nahrung und ehrbarer Kleidung<lb/>
zu unterhalten; einen Wehr-Pfenning, den ich mei-<lb/>
ner lieben Obrigkeit für ihren Schutz zu geben &#x017F;chul-<lb/>
dig bin; einen Ehren-Pfenning, meinem Näch&#x017F;ten<lb/>
zur Ehre und Hülffe anzuwenden; einen Allmo&#x017F;en-<lb/>
Pfenning für die Armen, auf daß ich auch habe zu<lb/>
geben dem Dürfftigen, und den&#x017F;elben nicht Tro&#x017F;t-<lb/>
und Hülff-los mü&#x017F;&#x017F;e la&#x017F;&#x017F;en von meiner Thüre gehen:<lb/>
einen Noth - Pfenning, wenn mich Unglück oder<lb/>
Kranckheit &#x017F;ollte überfallen, und auf ein langwieri-<lb/>
ges Lager-Bethe hinlegen, da ichs nicht erwerben<lb/>
kan, daß ich alsdann nicht mü&#x017F;&#x017F;e darben: Endlich<lb/>
auch, wann es dir beliebet, einen Erb-Pfenning, da-<lb/>
mit ich die Meinen nicht allzu bloß der argen und<lb/>&#x017F;en Welt hinterla&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;ondern nur &#x017F;o viel nachla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e, womit &#x017F;ie &#x017F;ich ehrlich können durch die Welt brin-<lb/>
gen.</p><lb/>
          <p>Ich verwundere mich manchmal über die Klug-<lb/>
heit und Li&#x017F;t der Kinder die&#x017F;er Welt, in ihrem Ge-<lb/>
&#x017F;chlecht, und &#x017F;euffze billich bey mir &#x017F;elb&#x017F;t: Ach! daß<lb/>
ich bey Dauben-Einfalt auch mit &#x017F;olcher Klugheit<lb/>
nach himmli&#x017F;chen Dingen trachten möchte, als die<lb/>
Kinder der Welt nach dem Zeitlichen und Irdi&#x017F;chen!<lb/>
I&#x017F;t das zeitliche Gut von Dieben nicht frey, die frey-<lb/>
willig eingela&#x017F;&#x017F;en, freywillig geheget, &#x017F;ich in freywil-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lige</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[524/0546] Gebett eines Kauffmanns. und hab noch nie geſehen den Gerechten verlaſſen, auch den nicht, wenn ſein Saame hat müſſen nach Brod gehen. Dörffen Kinder bitten von ihren El- tern: So darf ich auch wohl von dir meinem himm- liſchen Vatter bitten, einen Nähr-Pfenning, mich und die Meinige in Nahrung und ehrbarer Kleidung zu unterhalten; einen Wehr-Pfenning, den ich mei- ner lieben Obrigkeit für ihren Schutz zu geben ſchul- dig bin; einen Ehren-Pfenning, meinem Nächſten zur Ehre und Hülffe anzuwenden; einen Allmoſen- Pfenning für die Armen, auf daß ich auch habe zu geben dem Dürfftigen, und denſelben nicht Troſt- und Hülff-los müſſe laſſen von meiner Thüre gehen: einen Noth - Pfenning, wenn mich Unglück oder Kranckheit ſollte überfallen, und auf ein langwieri- ges Lager-Bethe hinlegen, da ichs nicht erwerben kan, daß ich alsdann nicht müſſe darben: Endlich auch, wann es dir beliebet, einen Erb-Pfenning, da- mit ich die Meinen nicht allzu bloß der argen und böſen Welt hinterlaſſe, ſondern nur ſo viel nachlaſ- ſe, womit ſie ſich ehrlich können durch die Welt brin- gen. Ich verwundere mich manchmal über die Klug- heit und Liſt der Kinder dieſer Welt, in ihrem Ge- ſchlecht, und ſeuffze billich bey mir ſelbſt: Ach! daß ich bey Dauben-Einfalt auch mit ſolcher Klugheit nach himmliſchen Dingen trachten möchte, als die Kinder der Welt nach dem Zeitlichen und Irdiſchen! Iſt das zeitliche Gut von Dieben nicht frey, die frey- willig eingelaſſen, freywillig geheget, ſich in freywil- lige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/546
Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/546>, abgerufen am 25.11.2024.