1 Joh. 3, 18. Meine Kindlein, lasset uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zungen, sondern mit der That und mit der Wahrheit.
O GOTT des Friedens! der du die Liebe selbst bist, und alles lieblose Wesen hassest. Dein heiliges Wort sagt es uns, daß wir uns sollen lieb haben unter einander: Du hast mich nicht nur von aller Ewigkeit her geliebet, und deine Liebe mit dem Blut deines allerliebsten Sohns versie- gelt; sondern auch diß neue Gebott gegeben, daß wir die Liebe beweisen sollen in der That und Wahrheit. Wann ich die Welt und das verfal- lene Wesen des Christenthums ansehe, so entsetze ich mich billich, daß so wenig Liebe mehr bey den Menschen-Kindern wohnet, sondern, ach leyder! einer den andern neidet, hasset und verfolget bis in den Tod. Die Augen, die lauter Liebe, Freundlichkeit und Sanfftmuth, als Strahlen deines Bildes hervorleuchten sollten, schiessen bey vielen Menschen lauter gifftige Vasilisken-Blicke von sich; Der Mund, der Worte der Liebe reden sollte, speyet Haß und Verläumdung aus, daß in den Hertzen solcher Menschen kein Geist der Lie- be wohne. Ach GOTT! wie mancher Mensch läßt die Sonne so manchmal über seinen Haß und Zorn untergehen: Ob er schon nicht weißt, ob er die Sonne werde wieder sehen; Entweder die elen- de Menschen müssen nicht glauben, daß dein
Wort
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Gebett um aufrichtige Liebe.
Zweyte Stuffe. Prüffung der Liebe.
1 Joh. 3, 18. Meine Kindlein, laſſet uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zungen, ſondern mit der That und mit der Wahrheit.
O GOTT des Friedens! der du die Liebe ſelbſt biſt, und alles liebloſe Weſen haſſeſt. Dein heiliges Wort ſagt es uns, daß wir uns ſollen lieb haben unter einander: Du haſt mich nicht nur von aller Ewigkeit her geliebet, und deine Liebe mit dem Blut deines allerliebſten Sohns verſie- gelt; ſondern auch diß neue Gebott gegeben, daß wir die Liebe beweiſen ſollen in der That und Wahrheit. Wann ich die Welt und das verfal- lene Weſen des Chriſtenthums anſehe, ſo entſetze ich mich billich, daß ſo wenig Liebe mehr bey den Menſchen-Kindern wohnet, ſondern, ach leyder! einer den andern neidet, haſſet und verfolget bis in den Tod. Die Augen, die lauter Liebe, Freundlichkeit und Sanfftmuth, als Strahlen deines Bildes hervorleuchten ſollten, ſchieſſen bey vielen Menſchen lauter gifftige Vaſilisken-Blicke von ſich; Der Mund, der Worte der Liebe reden ſollte, ſpeyet Haß und Verläumdung aus, daß in den Hertzen ſolcher Menſchen kein Geiſt der Lie- be wohne. Ach GOTT! wie mancher Menſch läßt die Sonne ſo manchmal über ſeinen Haß und Zorn untergehen: Ob er ſchon nicht weißt, ob er die Sonne werde wieder ſehen; Entweder die elen- de Menſchen müſſen nicht glauben, daß dein
Wort
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Gebett um aufrichtige Liebe.
Zweyte Stuffe.
Prüffung der Liebe.
1 Joh. 3, 18. Meine Kindlein, laſſet uns nicht lieben mit Worten noch mit der
Zungen, ſondern mit der That und mit der Wahrheit.
O GOTT des Friedens! der du die Liebe ſelbſt
biſt, und alles liebloſe Weſen haſſeſt. Dein
heiliges Wort ſagt es uns, daß wir uns ſollen
lieb haben unter einander: Du haſt mich nicht
nur von aller Ewigkeit her geliebet, und deine Liebe
mit dem Blut deines allerliebſten Sohns verſie-
gelt; ſondern auch diß neue Gebott gegeben, daß
wir die Liebe beweiſen ſollen in der That und
Wahrheit. Wann ich die Welt und das verfal-
lene Weſen des Chriſtenthums anſehe, ſo entſetze
ich mich billich, daß ſo wenig Liebe mehr bey den
Menſchen-Kindern wohnet, ſondern, ach leyder!
einer den andern neidet, haſſet und verfolget bis
in den Tod. Die Augen, die lauter Liebe,
Freundlichkeit und Sanfftmuth, als Strahlen
deines Bildes hervorleuchten ſollten, ſchieſſen bey
vielen Menſchen lauter gifftige Vaſilisken-Blicke
von ſich; Der Mund, der Worte der Liebe reden
ſollte, ſpeyet Haß und Verläumdung aus, daß
in den Hertzen ſolcher Menſchen kein Geiſt der Lie-
be wohne. Ach GOTT! wie mancher Menſch
läßt die Sonne ſo manchmal über ſeinen Haß und
Zorn untergehen: Ob er ſchon nicht weißt, ob er
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/313>, abgerufen am 25.11.2024.
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