DJe Betrachtung der Himmelfahrt JEsu unsers Hey- landes kan nicht anders, als einer gläubigen Seelen sehr tröstlich und erbaulich seyn. 1) Erinnert sie sich der Gewiß- heit ihrer Erlösung. Weil nun der Sieges-Fürst wiederum dahin kehret, nemlich in den Himmel, daher er gekommen ist, so hat er das Werck vollendet, dazu er gesandt war. Sein Lauff kam (in seiner Empfängniß und Geburt) vom Vatter her, und kehrete (in seiner Himmelfahrt) wieder zum Vatter, nachdem er den Menschen-Kindern Friede, Freu- de, Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit und Seligkeit hat- te erworben. 2) Eine gläubige Seele erinnert sich dabey, daß wir hie keine bleibende Stätte haben, sondern die zukünff- tige suchen müssen. Es haben weder Fromme noch Gottlo- se eine beständige Wohnung auf Erden. Die Frommen verlangen es nicht, weil sie etwas bessers wissen, und die Gott- losen, ob sie es gleich verlangen, erlangen es nicht, denn dem Menschen ist gesetzt, einmal zu sterben, hernach das Ge- richt. Ist nun aber keine beständige Wohnung der Menschen allhie auf Erden, so schicken sie ihr Hertz dahinein, wo sie ewig wünschen zu seyn. Ja sie erinnern sich 3) täglich dar- an, wenn sie ihr Haus, ihre Kleider, ihre Güter, und die Ih- rige ansehen, daß sie alles verlassen müssen. Damit aber, wenn nun die Stunde ihrer Befreyung von der Mühseligkeit dieses Lebens kommt, sie mögen die Stätte bereitet finden in der Herrlichkeit, so halten sie 4) fleißig eine geistliche Him- melfahrt, sie verlassen die Erde mit ihren Gedancken, und sind des Himmels eingedenck, sie verlassen die Welt mit ihrer Lie- be, und hangen JESU im Glauben an, sie verlassen die Welt mit ihrem Leben, indem sie nicht nach dem Willen und Gewohnheit der Welt, sondern nach GOttes Willen leben. Dahero 5) wenn sie den Himmel anschauen, so dencken sie, da ist mein Vatterland, mein Erbe und meine ewige Wohnung.
Gebett.
Güssester HErr JEsu! wunderbar von Rath, und groß von That. Der
du
Q 5
die Himmelfahrt Chriſti.
DJe Betrachtung der Himmelfahrt JEſu unſers Hey- landes kan nicht anders, als einer gläubigen Seelen ſehr tröſtlich und erbaulich ſeyn. 1) Erinnert ſie ſich der Gewiß- heit ihrer Erlöſung. Weil nun der Sieges-Fürſt wiederum dahin kehret, nemlich in den Himmel, daher er gekommen iſt, ſo hat er das Werck vollendet, dazu er geſandt war. Sein Lauff kam (in ſeiner Empfängniß und Geburt) vom Vatter her, und kehrete (in ſeiner Himmelfahrt) wieder zum Vatter, nachdem er den Menſchen-Kindern Friede, Freu- de, Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit und Seligkeit hat- te erworben. 2) Eine gläubige Seele erinnert ſich dabey, daß wir hie keine bleibende Stätte haben, ſondern die zukünff- tige ſuchen müſſen. Es haben weder Fromme noch Gottlo- ſe eine beſtändige Wohnung auf Erden. Die Frommen verlangen es nicht, weil ſie etwas beſſers wiſſen, und die Gott- loſen, ob ſie es gleich verlangen, erlangen es nicht, denn dem Menſchen iſt geſetzt, einmal zu ſterben, hernach das Ge- richt. Iſt nun aber keine beſtändige Wohnung der Menſchen allhie auf Erden, ſo ſchicken ſie ihr Hertz dahinein, wo ſie ewig wünſchen zu ſeyn. Ja ſie erinnern ſich 3) täglich dar- an, wenn ſie ihr Haus, ihre Kleider, ihre Güter, und die Ih- rige anſehen, daß ſie alles verlaſſen müſſen. Damit aber, wenn nun die Stunde ihrer Befreyung von der Mühſeligkeit dieſes Lebens kommt, ſie mögen die Stätte bereitet finden in der Herrlichkeit, ſo halten ſie 4) fleißig eine geiſtliche Him- melfahrt, ſie verlaſſen die Erde mit ihren Gedancken, und ſind des Himmels eingedenck, ſie verlaſſen die Welt mit ihrer Lie- be, und hangen JESU im Glauben an, ſie verlaſſen die Welt mit ihrem Leben, indem ſie nicht nach dem Willen und Gewohnheit der Welt, ſondern nach GOttes Willen leben. Dahero 5) wenn ſie den Himmel anſchauen, ſo dencken ſie, da iſt mein Vatterland, mein Erbe und meine ewige Wohnung.
Gebett.
Güſſeſter HErr JEſu! wunderbar von Rath, und groß von That. Der
du
Q 5
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die Himmelfahrt Chriſti.
DJe Betrachtung der Himmelfahrt JEſu unſers Hey-
landes kan nicht anders, als einer gläubigen Seelen ſehr
tröſtlich und erbaulich ſeyn. 1) Erinnert ſie ſich der Gewiß-
heit ihrer Erlöſung. Weil nun der Sieges-Fürſt wiederum
dahin kehret, nemlich in den Himmel, daher er gekommen
iſt, ſo hat er das Werck vollendet, dazu er geſandt war.
Sein Lauff kam (in ſeiner Empfängniß und Geburt) vom
Vatter her, und kehrete (in ſeiner Himmelfahrt) wieder
zum Vatter, nachdem er den Menſchen-Kindern Friede, Freu-
de, Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit und Seligkeit hat-
te erworben. 2) Eine gläubige Seele erinnert ſich dabey,
daß wir hie keine bleibende Stätte haben, ſondern die zukünff-
tige ſuchen müſſen. Es haben weder Fromme noch Gottlo-
ſe eine beſtändige Wohnung auf Erden. Die Frommen
verlangen es nicht, weil ſie etwas beſſers wiſſen, und die Gott-
loſen, ob ſie es gleich verlangen, erlangen es nicht, denn dem
Menſchen iſt geſetzt, einmal zu ſterben, hernach das Ge-
richt. Iſt nun aber keine beſtändige Wohnung der Menſchen
allhie auf Erden, ſo ſchicken ſie ihr Hertz dahinein, wo ſie
ewig wünſchen zu ſeyn. Ja ſie erinnern ſich 3) täglich dar-
an, wenn ſie ihr Haus, ihre Kleider, ihre Güter, und die Ih-
rige anſehen, daß ſie alles verlaſſen müſſen. Damit aber,
wenn nun die Stunde ihrer Befreyung von der Mühſeligkeit
dieſes Lebens kommt, ſie mögen die Stätte bereitet finden in
der Herrlichkeit, ſo halten ſie 4) fleißig eine geiſtliche Him-
melfahrt, ſie verlaſſen die Erde mit ihren Gedancken, und ſind
des Himmels eingedenck, ſie verlaſſen die Welt mit ihrer Lie-
be, und hangen JESU im Glauben an, ſie verlaſſen die
Welt mit ihrem Leben, indem ſie nicht nach dem Willen und
Gewohnheit der Welt, ſondern nach GOttes Willen leben.
Dahero 5) wenn ſie den Himmel anſchauen, ſo dencken
ſie, da iſt mein Vatterland, mein Erbe und meine ewige
Wohnung.
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Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/271>, abgerufen am 24.11.2024.
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