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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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Der gläubige Christ erwäget
Gesang.
Mel.
Freu dich sehr, o meine Seele! etc.

GOttes Liebe, Gnad und Güte werden alle Morgen neu, das
erkennet mein Gemüthe, und auch seine Vatter-Treu, GOtt
hat viel an mir gethan, mehr als ich aussprechen kan, ich
hab alle Tag und Stunden, GOttes Treu und Güt empfunden.

2. Nicht nur hat er mir das Leben, Nahrung, Segen, Wohl-
ergehn, reichlich aus Genaden geben, sondern er läßt mich auch
sehn, wie es seiner Güt gefällt, daß er alles noch erhält, ja mit jedem
frühen Morgen hebt er wieder an zu sorgen.

3. Er schenckt mir auch seine Liebe, und die wahre Seelen-Freud,
seines Geistes süsse Triebe, zu der wahren Frömmigkeit, Trost,
wenn mich ein Leiden quält, Hülff, wenn mich ein Feind anfällt,
Güte, wenn ich vor ihn trette, Gnade, wenn ich eifrig bete.

4. Solche Güt hab ich erfahren in dem gantzen Lebens-Lauf, und
in diesen spaten Jahren höret sie auch noch nicht auf, wenn ich
Morgens früh aufsteh, und des Abends schlafen geh, läßt sie mir
an meiner Seelen nie an einem Guten fehlen.

5. Diese Güte will ich preisen, weil ich lebe in der Zeit, und dem
Höchsten Danck erweisen in der frohen Ewigkeit: Ach mein GOtt!
ich bitte dich, lasse deiner Güte mich allezeit zu Trost geniessen,
bis ich werd die Augen schliessen.

Der gläubige Christ erwäget die künfftige Herrlichkeit der
Kinder GOttes.
Aufmunterung.
1 Joh. 3, 2. 3. Meine Lieben, wir sind nun Kinder GOttes, und ist noch
nicht erschienen, was wir seyn werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird,
daß wir ihm gleich seyn werden, denn sie werden ihn sehen, wie er ist. Und ein
jeglicher, der solche Hoffnung hat, der reinige sich, gleich wie er auch rein ist.

EIn jeglicher wahrer Christ soll dreyerley täglich, ja
stündlich erwägen: Wer er sey? nemlich ein Kind GOt-
tes: Was er an GOtt habe? einen Vatter, einen Wohlthä-
ter, und den allerbesten Freund: Und was er von GOtt
noch zu erwarten habe? nemlichhimmlische Freud und Herr-
lichkeit. Diese Betrachtung wird in ihm die Liebe zu GOtt
anzünden und stärcken, und einen Haß und Verachtung ge-
gen die Welt und gegen alles sündliche Leben erwecken.
Dann 1) grosse Herrlichkeiten haben die Gläubige schon all-
hier in diesem Leben, nemlich Vergebung der Sünden, die
Kindschafft bey GOtt, den Frieden mit GOtt, einen Trö-
ster in aller Noth, einen Fürbitter und Vorsprecher, Freu-

de
Der gläubige Chriſt erwäget
Geſang.
Mel.
Freu dich ſehr, o meine Seele! ꝛc.

GOttes Liebe, Gnad und Güte werden alle Morgen neu, das
erkennet mein Gemüthe, und auch ſeine Vatter-Treu, GOtt
hat viel an mir gethan, mehr als ich ausſprechen kan, ich
hab alle Tag und Stunden, GOttes Treu und Güt empfunden.

2. Nicht nur hat er mir das Leben, Nahrung, Segen, Wohl-
ergehn, reichlich aus Genaden geben, ſondern er läßt mich auch
ſehn, wie es ſeiner Güt gefällt, daß er alles noch erhält, ja mit jedem
frühen Morgen hebt er wieder an zu ſorgen.

3. Er ſchenckt mir auch ſeine Liebe, und die wahre Seelen-Freud,
ſeines Geiſtes ſüſſe Triebe, zu der wahren Frömmigkeit, Troſt,
wenn mich ein Leiden quält, Hülff, wenn mich ein Feind anfällt,
Güte, wenn ich vor ihn trette, Gnade, wenn ich eifrig bete.

4. Solche Güt hab ich erfahren in dem gantzen Lebens-Lauf, und
in dieſen ſpaten Jahren höret ſie auch noch nicht auf, wenn ich
Morgens früh aufſteh, und des Abends ſchlafen geh, läßt ſie mir
an meiner Seelen nie an einem Guten fehlen.

5. Dieſe Güte will ich preiſen, weil ich lebe in der Zeit, und dem
Höchſten Danck erweiſen in der frohen Ewigkeit: Ach mein GOtt!
ich bitte dich, laſſe deiner Güte mich allezeit zu Troſt genieſſen,
bis ich werd die Augen ſchlieſſen.

Der gläubige Chriſt erwäget die künfftige Herrlichkeit der
Kinder GOttes.
Aufmunterung.
1 Joh. 3, 2. 3. Meine Lieben, wir ſind nun Kinder GOttes, und iſt noch
nicht erſchienen, was wir ſeyn werden. Wir wiſſen aber, wenn es erſcheinen wird,
daß wir ihm gleich ſeyn werden, denn ſie werden ihn ſehen, wie er iſt. Und ein
jeglicher, der ſolche Hoffnung hat, der reinige ſich, gleich wie er auch rein iſt.

EIn jeglicher wahrer Chriſt ſoll dreyerley täglich, ja
ſtündlich erwägen: Wer er ſey? nemlich ein Kind GOt-
tes: Was er an GOtt habe? einen Vatter, einen Wohlthä-
ter, und den allerbeſten Freund: Und was er von GOtt
noch zu erwarten habe? nemlichhimmliſche Freud und Herr-
lichkeit. Dieſe Betrachtung wird in ihm die Liebe zu GOtt
anzünden und ſtärcken, und einen Haß und Verachtung ge-
gen die Welt und gegen alles ſündliche Leben erwecken.
Dann 1) groſſe Herrlichkeiten haben die Gläubige ſchon all-
hier in dieſem Leben, nemlich Vergebung der Sünden, die
Kindſchafft bey GOtt, den Frieden mit GOtt, einen Trö-
ſter in aller Noth, einen Fürbitter und Vorſprecher, Freu-

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[188/0210] Der gläubige Chriſt erwäget Geſang. Mel. Freu dich ſehr, o meine Seele! ꝛc. GOttes Liebe, Gnad und Güte werden alle Morgen neu, das erkennet mein Gemüthe, und auch ſeine Vatter-Treu, GOtt hat viel an mir gethan, mehr als ich ausſprechen kan, ich hab alle Tag und Stunden, GOttes Treu und Güt empfunden. 2. Nicht nur hat er mir das Leben, Nahrung, Segen, Wohl- ergehn, reichlich aus Genaden geben, ſondern er läßt mich auch ſehn, wie es ſeiner Güt gefällt, daß er alles noch erhält, ja mit jedem frühen Morgen hebt er wieder an zu ſorgen. 3. Er ſchenckt mir auch ſeine Liebe, und die wahre Seelen-Freud, ſeines Geiſtes ſüſſe Triebe, zu der wahren Frömmigkeit, Troſt, wenn mich ein Leiden quält, Hülff, wenn mich ein Feind anfällt, Güte, wenn ich vor ihn trette, Gnade, wenn ich eifrig bete. 4. Solche Güt hab ich erfahren in dem gantzen Lebens-Lauf, und in dieſen ſpaten Jahren höret ſie auch noch nicht auf, wenn ich Morgens früh aufſteh, und des Abends ſchlafen geh, läßt ſie mir an meiner Seelen nie an einem Guten fehlen. 5. Dieſe Güte will ich preiſen, weil ich lebe in der Zeit, und dem Höchſten Danck erweiſen in der frohen Ewigkeit: Ach mein GOtt! ich bitte dich, laſſe deiner Güte mich allezeit zu Troſt genieſſen, bis ich werd die Augen ſchlieſſen. Der gläubige Chriſt erwäget die künfftige Herrlichkeit der Kinder GOttes. Aufmunterung. 1 Joh. 3, 2. 3. Meine Lieben, wir ſind nun Kinder GOttes, und iſt noch nicht erſchienen, was wir ſeyn werden. Wir wiſſen aber, wenn es erſcheinen wird, daß wir ihm gleich ſeyn werden, denn ſie werden ihn ſehen, wie er iſt. Und ein jeglicher, der ſolche Hoffnung hat, der reinige ſich, gleich wie er auch rein iſt. EIn jeglicher wahrer Chriſt ſoll dreyerley täglich, ja ſtündlich erwägen: Wer er ſey? nemlich ein Kind GOt- tes: Was er an GOtt habe? einen Vatter, einen Wohlthä- ter, und den allerbeſten Freund: Und was er von GOtt noch zu erwarten habe? nemlichhimmliſche Freud und Herr- lichkeit. Dieſe Betrachtung wird in ihm die Liebe zu GOtt anzünden und ſtärcken, und einen Haß und Verachtung ge- gen die Welt und gegen alles ſündliche Leben erwecken. Dann 1) groſſe Herrlichkeiten haben die Gläubige ſchon all- hier in dieſem Leben, nemlich Vergebung der Sünden, die Kindſchafft bey GOtt, den Frieden mit GOtt, einen Trö- ſter in aller Noth, einen Fürbitter und Vorſprecher, Freu- de

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/210>, abgerufen am 23.07.2024.