nen und alle Auserwählte anbeten und preisen: Und hin- gegen auch erwäget, wie er ein armer Wurm und Made, ja nichts als ein elender Mensch ist, den GOtt in einem Au- genblick verderben kan. Es wird ein gläubiger Christ demü- thig werden, 2) gegen dem Nächsten, wenn er sich gering ge- gen ihm achtet, und gedencket, wie sein Nächster vielleicht viel frömmer, andächtiger, und dahero GOtt angenehmer sey, als er: Wie er habe ein Wort, eine Tauffe, ein heilig Abendmahl, einen Himmel, ja daß er im Grabe, wie der ärmste Bettler, wird verfaulen und zu Aschen werden. Es wird ein gläubiger Christ auch demüthig werden 3) gegen sich selbst, wenn er erwäget, daß er alles, was er hat, alle Ga- ben, Geschicklichkeit, Segen, Leben, Glück, Wohlergehen, nicht von sich selbst, sondern allein von GOtt habe, der ihm alles bald nehmen könne, dahero er nicht damit prangen, sich dessen überheben, oder das Lob der Schmeichler anhören soll. Er stelle sich, damit er auf keinerley Weise stoltz werde, fleißig vor das Exempel des demüthigen JESU, der sich unter GOtt und alle Creaturen erniedrigte, und uns zuruffet: Lernet von mir; ich bin sanfftmüthig und von Hertzen de- müthig.
Gebett.
GRosser, heiliger und barmhertziger GOtt! der du bist der Hohe und Erhabene, vor dessen Thron Cherubinen, Seraphinen und alle Auser- wählte in Demuth ihr Antlitz bedecken, ich beken- ne und klage dir, daß ich von Natur zu eigner Ehr und zum Hochmuth mich über alles zu erheben geneiget bin. Es hat durch den Sünden-Fall der Satan mein Hertz mit Hoffart, welcher ein An- fang aller Sünden ist, vergifftet, daß ich offtmals vergesse, daß ich Staub, Erde und Asche bin. Ach! mein GOtt! gieb mir doch ein demüthiges Hertz, daß ich recht tieff einsehen möge, wie ich von dir Le-
ben,
Der gläubige Chriſt bittet
nen und alle Auserwählte anbeten und preiſen: Und hin- gegen auch erwäget, wie er ein armer Wurm und Made, ja nichts als ein elender Menſch iſt, den GOtt in einem Au- genblick verderben kan. Es wird ein gläubiger Chriſt demü- thig werden, 2) gegen dem Nächſten, wenn er ſich gering ge- gen ihm achtet, und gedencket, wie ſein Nächſter vielleicht viel frömmer, andächtiger, und dahero GOtt angenehmer ſey, als er: Wie er habe ein Wort, eine Tauffe, ein heilig Abendmahl, einen Himmel, ja daß er im Grabe, wie der ärmſte Bettler, wird verfaulen und zu Aſchen werden. Es wird ein gläubiger Chriſt auch demüthig werden 3) gegen ſich ſelbſt, wenn er erwäget, daß er alles, was er hat, alle Ga- ben, Geſchicklichkeit, Segen, Leben, Glück, Wohlergehen, nicht von ſich ſelbſt, ſondern allein von GOtt habe, der ihm alles bald nehmen könne, dahero er nicht damit prangen, ſich deſſen überheben, oder das Lob der Schmeichler anhören ſoll. Er ſtelle ſich, damit er auf keinerley Weiſe ſtoltz werde, fleißig vor das Exempel des demüthigen JESU, der ſich unter GOtt und alle Creaturen erniedrigte, und uns zuruffet: Lernet von mir; ich bin ſanfftmüthig und von Hertzen de- müthig.
Gebett.
GRoſſer, heiliger und barmhertziger GOtt! der du biſt der Hohe und Erhabene, vor deſſen Thron Cherubinen, Seraphinen und alle Auser- wählte in Demuth ihr Antlitz bedecken, ich beken- ne und klage dir, daß ich von Natur zu eigner Ehr und zum Hochmuth mich über alles zu erheben geneiget bin. Es hat durch den Sünden-Fall der Satan mein Hertz mit Hoffart, welcher ein An- fang aller Sünden iſt, vergifftet, daß ich offtmals vergeſſe, daß ich Staub, Erde und Aſche bin. Ach! mein GOtt! gieb mir doch ein demüthiges Hertz, daß ich recht tieff einſehen möge, wie ich von dir Le-
ben,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0176"n="154"/><fwplace="top"type="header">Der gläubige Chriſt bittet</fw><lb/>
nen und alle Auserwählte anbeten und preiſen: Und hin-<lb/>
gegen auch erwäget, wie er ein armer Wurm und Made,<lb/>
ja nichts als ein elender Menſch iſt, den GOtt in einem Au-<lb/>
genblick verderben kan. Es wird ein gläubiger Chriſt demü-<lb/>
thig werden, 2) gegen dem Nächſten, wenn er ſich gering ge-<lb/>
gen ihm achtet, und gedencket, wie ſein Nächſter vielleicht<lb/>
viel frömmer, andächtiger, und dahero GOtt angenehmer<lb/>ſey, als er: Wie er habe ein Wort, eine Tauffe, ein heilig<lb/>
Abendmahl, einen Himmel, ja daß er im Grabe, wie der<lb/>
ärmſte Bettler, wird verfaulen und zu Aſchen werden. Es<lb/>
wird ein gläubiger Chriſt auch demüthig werden 3) gegen ſich<lb/>ſelbſt, wenn er erwäget, daß er alles, was er hat, alle Ga-<lb/>
ben, Geſchicklichkeit, Segen, Leben, Glück, Wohlergehen,<lb/>
nicht von ſich ſelbſt, ſondern allein von GOtt habe, der ihm<lb/>
alles bald nehmen könne, dahero er nicht damit prangen, ſich<lb/>
deſſen überheben, oder das Lob der Schmeichler anhören ſoll.<lb/>
Er ſtelle ſich, damit er auf keinerley Weiſe ſtoltz werde, fleißig<lb/>
vor das Exempel des demüthigen JESU, der ſich unter<lb/>
GOtt und alle Creaturen erniedrigte, und uns zuruffet:<lb/>
Lernet von mir; ich bin ſanfftmüthig und von Hertzen de-<lb/>
müthig.</p></div><lb/><divn="3"><head>Gebett.</head><lb/><p><hirendition="#in">G</hi>Roſſer, heiliger und barmhertziger GOtt! der<lb/>
du biſt der Hohe und Erhabene, vor deſſen<lb/>
Thron Cherubinen, Seraphinen und alle Auser-<lb/>
wählte in Demuth ihr Antlitz bedecken, ich beken-<lb/>
ne und klage dir, daß ich von Natur zu eigner Ehr<lb/>
und zum Hochmuth mich über alles zu erheben<lb/>
geneiget bin. Es hat durch den Sünden-Fall der<lb/>
Satan mein Hertz mit Hoffart, welcher ein An-<lb/>
fang aller Sünden iſt, vergifftet, daß ich offtmals<lb/>
vergeſſe, daß ich Staub, Erde und Aſche bin. Ach!<lb/>
mein GOtt! gieb mir doch ein demüthiges Hertz,<lb/>
daß ich recht tieff einſehen möge, wie ich von dir Le-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ben,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[154/0176]
Der gläubige Chriſt bittet
nen und alle Auserwählte anbeten und preiſen: Und hin-
gegen auch erwäget, wie er ein armer Wurm und Made,
ja nichts als ein elender Menſch iſt, den GOtt in einem Au-
genblick verderben kan. Es wird ein gläubiger Chriſt demü-
thig werden, 2) gegen dem Nächſten, wenn er ſich gering ge-
gen ihm achtet, und gedencket, wie ſein Nächſter vielleicht
viel frömmer, andächtiger, und dahero GOtt angenehmer
ſey, als er: Wie er habe ein Wort, eine Tauffe, ein heilig
Abendmahl, einen Himmel, ja daß er im Grabe, wie der
ärmſte Bettler, wird verfaulen und zu Aſchen werden. Es
wird ein gläubiger Chriſt auch demüthig werden 3) gegen ſich
ſelbſt, wenn er erwäget, daß er alles, was er hat, alle Ga-
ben, Geſchicklichkeit, Segen, Leben, Glück, Wohlergehen,
nicht von ſich ſelbſt, ſondern allein von GOtt habe, der ihm
alles bald nehmen könne, dahero er nicht damit prangen, ſich
deſſen überheben, oder das Lob der Schmeichler anhören ſoll.
Er ſtelle ſich, damit er auf keinerley Weiſe ſtoltz werde, fleißig
vor das Exempel des demüthigen JESU, der ſich unter
GOtt und alle Creaturen erniedrigte, und uns zuruffet:
Lernet von mir; ich bin ſanfftmüthig und von Hertzen de-
müthig.
Gebett.
GRoſſer, heiliger und barmhertziger GOtt! der
du biſt der Hohe und Erhabene, vor deſſen
Thron Cherubinen, Seraphinen und alle Auser-
wählte in Demuth ihr Antlitz bedecken, ich beken-
ne und klage dir, daß ich von Natur zu eigner Ehr
und zum Hochmuth mich über alles zu erheben
geneiget bin. Es hat durch den Sünden-Fall der
Satan mein Hertz mit Hoffart, welcher ein An-
fang aller Sünden iſt, vergifftet, daß ich offtmals
vergeſſe, daß ich Staub, Erde und Aſche bin. Ach!
mein GOtt! gieb mir doch ein demüthiges Hertz,
daß ich recht tieff einſehen möge, wie ich von dir Le-
ben,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/176>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.