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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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um wahre Liebe des Nächsten.
Schreibe mir in mein Hertz die erbarmende Liebe des
Heil. Geistes, welcher nicht müde wird, an meinem
widerspenstigen Hertzen zu arbeiten und anzu-
klopffen, damit ich dadurch zu einer wahren Liebe ge-
gen meinen Nächsten bewogen werde, und also das
Zeugniß erlange, ich sey ein wahrer Jünger JEsu.
Laß mich an andern üben, was du an mir gethan,
und meinen Nächsten lieben, gern dienen jedermann,
ohn Eigennutz und Heuchelschein, und wie du
mirs erwiesen, aus reiner Lieb allein, Amen.

Gesang.
Mel. O GOtt! du frommer GOtt, etc.

ISt dann die Liebe gar aus dieser Welt verschwunden, da
wenig Liebe mehr bey Christen wird gefunden; die Liebe
sollte ja bey Christi Jüngern seyn, warum ist Falschheits-
Tück bey ihnen so gemein?

2. Ach! in der letzten Zeit wird alle Lieb erkalten, und gar ge-
ringe seyn bey Jungen und bey Alten: Ist diese Zeit schon da, so
machet euch bereit zum lieben jüngsten Tag und zu der Ewigkeit.

3. Wo findet man jetzt Lieb, wo sind die Liebes - Proben? Die
Liebes-Wercke sind fast gäntzlich aufgehoben: Wo ist Aufrichtig-
keit? Wo ist die Liebes-Treu? Regiert die Falschheit nicht und
lauter Heucheley?

4. Die Liebe ist hinweg, man findet kein Vertrallen, man darff
auf keines Wort anjetzo fast mehr bauen; ein anders denckt das
Hertz, ein anders redt der Mund, und schöne Worte gehn doch
nicht aus Hertzens-Grund.

5. O! falsche böse Welt, GOtt kennet deine Stücke, du bist
voll Haß und List, voll Bosheit und voll Tücke, du hast die Liebe
nicht, und doch der Liebe Schein, und dieser falsche Schein soll
wahre Liebe seyn.

6. Allein, wer keine Lieb will an dem Nächsten üben, der kan
von Hertzens-Grund auch seinen GOtt nicht lieben: Drum glau-
be nur gewiß, der ist kein GOttes-Kind, bey dem man lauter
Haß und keine Liebe findt.

7. Mein GOtt! verleih mir Gnad, daß ich in Lieb umfassen,
und Gutes gönnen mag, die mich aus Feindschafft hassen; ach
mache selbst mein Hertz von aller Bosheit rein, daß ich auch in
der Lieb mög Christi Jünger seyn.

8. Laß
J

um wahre Liebe des Nächſten.
Schreibe mir in mein Hertz die erbarmende Liebe des
Heil. Geiſtes, welcher nicht müde wird, an meinem
widerſpenſtigen Hertzen zu arbeiten und anzu-
klopffen, damit ich dadurch zu einer wahren Liebe ge-
gen meinen Nächſten bewogen werde, und alſo das
Zeugniß erlange, ich ſey ein wahrer Jünger JEſu.
Laß mich an andern üben, was du an mir gethan,
und meinen Nächſten lieben, gern dienen jedermann,
ohn Eigennutz und Heuchelſchein, und wie du
mirs erwieſen, aus reiner Lieb allein, Amen.

Geſang.
Mel. O GOtt! du frommer GOtt, ꝛc.

ISt dann die Liebe gar aus dieſer Welt verſchwunden, da
wenig Liebe mehr bey Chriſten wird gefunden; die Liebe
ſollte ja bey Chriſti Jüngern ſeyn, warum iſt Falſchheits-
Tück bey ihnen ſo gemein?

2. Ach! in der letzten Zeit wird alle Lieb erkalten, und gar ge-
ringe ſeyn bey Jungen und bey Alten: Iſt dieſe Zeit ſchon da, ſo
machet euch bereit zum lieben jüngſten Tag und zu der Ewigkeit.

3. Wo findet man jetzt Lieb, wo ſind die Liebes - Proben? Die
Liebes-Wercke ſind faſt gäntzlich aufgehoben: Wo iſt Aufrichtig-
keit? Wo iſt die Liebes-Treu? Regiert die Falſchheit nicht und
lauter Heucheley?

4. Die Liebe iſt hinweg, man findet kein Vertrallen, man darff
auf keines Wort anjetzo faſt mehr bauen; ein anders denckt das
Hertz, ein anders redt der Mund, und ſchöne Worte gehn doch
nicht aus Hertzens-Grund.

5. O! falſche böſe Welt, GOtt kennet deine Stücke, du biſt
voll Haß und Liſt, voll Bosheit und voll Tücke, du haſt die Liebe
nicht, und doch der Liebe Schein, und dieſer falſche Schein ſoll
wahre Liebe ſeyn.

6. Allein, wer keine Lieb will an dem Nächſten üben, der kan
von Hertzens-Grund auch ſeinen GOtt nicht lieben: Drum glau-
be nur gewiß, der iſt kein GOttes-Kind, bey dem man lauter
Haß und keine Liebe findt.

7. Mein GOtt! verleih mir Gnad, daß ich in Lieb umfaſſen,
und Gutes gönnen mag, die mich aus Feindſchafft haſſen; ach
mache ſelbſt mein Hertz von aller Bosheit rein, daß ich auch in
der Lieb mög Chriſti Jünger ſeyn.

8. Laß
J
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[129/0151] um wahre Liebe des Nächſten. Schreibe mir in mein Hertz die erbarmende Liebe des Heil. Geiſtes, welcher nicht müde wird, an meinem widerſpenſtigen Hertzen zu arbeiten und anzu- klopffen, damit ich dadurch zu einer wahren Liebe ge- gen meinen Nächſten bewogen werde, und alſo das Zeugniß erlange, ich ſey ein wahrer Jünger JEſu. Laß mich an andern üben, was du an mir gethan, und meinen Nächſten lieben, gern dienen jedermann, ohn Eigennutz und Heuchelſchein, und wie du mirs erwieſen, aus reiner Lieb allein, Amen. Geſang. Mel. O GOtt! du frommer GOtt, ꝛc. ISt dann die Liebe gar aus dieſer Welt verſchwunden, da wenig Liebe mehr bey Chriſten wird gefunden; die Liebe ſollte ja bey Chriſti Jüngern ſeyn, warum iſt Falſchheits- Tück bey ihnen ſo gemein? 2. Ach! in der letzten Zeit wird alle Lieb erkalten, und gar ge- ringe ſeyn bey Jungen und bey Alten: Iſt dieſe Zeit ſchon da, ſo machet euch bereit zum lieben jüngſten Tag und zu der Ewigkeit. 3. Wo findet man jetzt Lieb, wo ſind die Liebes - Proben? Die Liebes-Wercke ſind faſt gäntzlich aufgehoben: Wo iſt Aufrichtig- keit? Wo iſt die Liebes-Treu? Regiert die Falſchheit nicht und lauter Heucheley? 4. Die Liebe iſt hinweg, man findet kein Vertrallen, man darff auf keines Wort anjetzo faſt mehr bauen; ein anders denckt das Hertz, ein anders redt der Mund, und ſchöne Worte gehn doch nicht aus Hertzens-Grund. 5. O! falſche böſe Welt, GOtt kennet deine Stücke, du biſt voll Haß und Liſt, voll Bosheit und voll Tücke, du haſt die Liebe nicht, und doch der Liebe Schein, und dieſer falſche Schein ſoll wahre Liebe ſeyn. 6. Allein, wer keine Lieb will an dem Nächſten üben, der kan von Hertzens-Grund auch ſeinen GOtt nicht lieben: Drum glau- be nur gewiß, der iſt kein GOttes-Kind, bey dem man lauter Haß und keine Liebe findt. 7. Mein GOtt! verleih mir Gnad, daß ich in Lieb umfaſſen, und Gutes gönnen mag, die mich aus Feindſchafft haſſen; ach mache ſelbſt mein Hertz von aller Bosheit rein, daß ich auch in der Lieb mög Chriſti Jünger ſeyn. 8. Laß J

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/151>, abgerufen am 28.11.2024.