Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. welches billich eine iede abergläubische Mutterbesser bedencken möchte. Wenn die Weiber so viel vom Koth halten/ und selbigem so grosse Krafft zuschreiben/ warum beschmieren sich denn die Närrinnen nicht selbst über und über mit Koth/ wenn sie sich für Zauberey und Neid fürchten/ oder lassen sich auff die Köpffe s. v. et- was thun/ daß es ihnen über die Stirn laufft? Denn was den Neid anlanget/ so sind die Müt- ter und Ammen solchem ja mehr unterworffen/ als die unschuldigen Kinder/ und wird wohl nie- mand ein klein Kind um etwas neiden; Aber die schönen Weiber werden offt von andern/ um der Schönheit willen/ geneidet. Wenn sie a- ber (woferne Koth soll ein remedium für Neid und Zauberey seyn) die schönen Gesichter mit Koth bedecken/ so wird derselbe wohl gewiß ge- nug helffen. Probatum est. Die es aber nicht glauben will/ hat die Freyheit zur Probe. Daß es aber auch für Zauberey helffen soll/ dafür bin ich nicht Bürge/ sondern setze selbst einen Un- glauben drein/ und bitte/ nur die armen unschul- digen Kinder unbesudelt zu lassen. Welch unvernünfftig Wesen erdenckt das Weiber-Hirn/ Daß sie mit puren Koth der armen Kinder Stirn Be- C c 4
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. welches billich eine iede aberglaͤubiſche Mutterbeſſer bedencken moͤchte. Wenn die Weiber ſo viel vom Koth halten/ und ſelbigem ſo groſſe Krafft zuſchreiben/ warum beſchmieren ſich denn die Naͤrrinnen nicht ſelbſt uͤber und uͤber mit Koth/ wenn ſie ſich fuͤr Zauberey und Neid fuͤrchten/ oder laſſen ſich auff die Koͤpffe ſ. v. et- was thun/ daß es ihnen uͤber die Stirn laufft? Denn was den Neid anlanget/ ſo ſind die Muͤt- ter und Ammen ſolchem ja mehr unterworffen/ als die unſchuldigen Kinder/ und wird wohl nie- mand ein klein Kind um etwas neiden; Aber die ſchoͤnen Weiber werden offt von andern/ um der Schoͤnheit willen/ geneidet. Wenn ſie a- ber (woferne Koth ſoll ein remedium fuͤr Neid und Zauberey ſeyn) die ſchoͤnen Geſichter mit Koth bedecken/ ſo wird derſelbe wohl gewiß ge- nug helffen. Probatum eſt. Die es aber nicht glauben will/ hat die Freyheit zur Probe. Daß es aber auch fuͤr Zauberey helffen ſoll/ dafuͤr bin ich nicht Buͤrge/ ſondern ſetze ſelbſt einen Un- glauben drein/ und bitte/ nur die armen unſchul- digen Kinder unbeſudelt zu laſſen. Welch unvernuͤnfftig Weſen erdenckt das Weiber-Hirn/ Daß ſie mit puren Koth der armen Kinder Stirn Be- C c 4
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
welches billich eine iede aberglaͤubiſche Mutter
beſſer bedencken moͤchte. Wenn die Weiber
ſo viel vom Koth halten/ und ſelbigem ſo groſſe
Krafft zuſchreiben/ warum beſchmieren ſich
denn die Naͤrrinnen nicht ſelbſt uͤber und uͤber
mit Koth/ wenn ſie ſich fuͤr Zauberey und Neid
fuͤrchten/ oder laſſen ſich auff die Koͤpffe ſ. v. et-
was thun/ daß es ihnen uͤber die Stirn laufft?
Denn was den Neid anlanget/ ſo ſind die Muͤt-
ter und Ammen ſolchem ja mehr unterworffen/
als die unſchuldigen Kinder/ und wird wohl nie-
mand ein klein Kind um etwas neiden; Aber
die ſchoͤnen Weiber werden offt von andern/ um
der Schoͤnheit willen/ geneidet. Wenn ſie a-
ber (woferne Koth ſoll ein remedium fuͤr Neid
und Zauberey ſeyn) die ſchoͤnen Geſichter mit
Koth bedecken/ ſo wird derſelbe wohl gewiß ge-
nug helffen. Probatum eſt. Die es aber nicht
glauben will/ hat die Freyheit zur Probe. Daß
es aber auch fuͤr Zauberey helffen ſoll/ dafuͤr bin
ich nicht Buͤrge/ ſondern ſetze ſelbſt einen Un-
glauben drein/ und bitte/ nur die armen unſchul-
digen Kinder unbeſudelt zu laſſen.
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