Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Untersuchung derer von super-klugen Ja/ möchte man sagen/ GOtt hilfft/ durch na-türliche Mittel/ als wie durch die Leber des Fi- sches/ davon im Büchlein Tobiä zu lesen ist. Dem aber dienet zur Antwort: Daß in der gan- tzen heiligen Schrifft ja nicht ein eintziges Exem- pel zu finden sey/ woraus zu erweisen wäre/ daß man durch dergleichen Dinge Schutz wieder den Teuffel/ oder wieder Zauberey erlangen könne; sondern es wird vielmehr an allen Orten heiliger Schrifft gelehret/ wie ein Mensch eintzig und allein seine Hoffnung und Vertrauen auff GOtt und seine Hülffe setzen solle/ und auff nichts an- ders. Denn was das Exempel im Büchlein To- biä anlanget/ so ist solches nicht so wohl für ein Exempel und Geschichte/ als vielmehr für ein Lehr reiches Gedichte anzunehmen/ sintemahl Lutherus es selbst nur für eine kluge Fabel hält. Ich setze aber den Fall/ daß es eine wahre Ge- schicht sey/ so ist damit noch lange nicht erwiesen/ daß wenn man diß oder das thue/ so sey man für Zauberey bewahret. Denn wenn man die Bege- benheit mit dem jungen Tobias überleget/ so wird man befinden/ daß nicht so wohl der Rauch von der Fisch-Leber den Mord-Geist aus des Tobiä Braut-Kammer vertrieben habe/ als vielmehr Tobiä und seiner Braut ihr andächti- ges und gläubiges Gebet und Vertrauen zu GOtt. Daß aber Tobias auch die Leber auff Koh-
Unterſuchung derer von ſuper-klugen Ja/ moͤchte man ſagen/ GOtt hilfft/ durch na-tuͤrliche Mittel/ als wie durch die Leber des Fi- ſches/ davon im Buͤchlein Tobiaͤ zu leſen iſt. Dem aber dienet zur Antwort: Daß in der gan- tzen heiligen Schrifft ja nicht ein eintziges Exem- pel zu finden ſey/ woraus zu erweiſen waͤre/ daß man durch dergleichen Dinge Schutz wieder den Teuffel/ oder wieder Zauberey erlangen koͤnne; ſondern es wird vielmehr an allen Orten heiliger Schrifft gelehret/ wie ein Menſch eintzig und allein ſeine Hoffnung und Vertrauen auff GOtt und ſeine Huͤlffe ſetzen ſolle/ und auff nichts an- ders. Denn was das Exempel im Buͤchlein To- biaͤ anlanget/ ſo iſt ſolches nicht ſo wohl fuͤr ein Exempel und Geſchichte/ als vielmehr fuͤr ein Lehr reiches Gedichte anzunehmen/ ſintemahl Lutherus es ſelbſt nur fuͤr eine kluge Fabel haͤlt. Ich ſetze aber den Fall/ daß es eine wahre Ge- ſchicht ſey/ ſo iſt damit noch lange nicht erwieſen/ daß wenn man diß oder das thue/ ſo ſey man fuͤr Zauberey bewahret. Denn wenn man die Bege- benheit mit dem jungen Tobias uͤberleget/ ſo wird man befinden/ daß nicht ſo wohl der Rauch von der Fiſch-Leber den Mord-Geiſt aus des Tobiaͤ Braut-Kammer vertrieben habe/ als vielmehr Tobiaͤ und ſeiner Braut ihr andaͤchti- ges und glaͤubiges Gebet und Vertrauen zu GOtt. Daß aber Tobias auch die Leber auff Koh-
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Unterſuchung derer von ſuper-klugen
Ja/ moͤchte man ſagen/ GOtt hilfft/ durch na-
tuͤrliche Mittel/ als wie durch die Leber des Fi-
ſches/ davon im Buͤchlein Tobiaͤ zu leſen iſt.
Dem aber dienet zur Antwort: Daß in der gan-
tzen heiligen Schrifft ja nicht ein eintziges Exem-
pel zu finden ſey/ woraus zu erweiſen waͤre/ daß
man durch dergleichen Dinge Schutz wieder den
Teuffel/ oder wieder Zauberey erlangen koͤnne;
ſondern es wird vielmehr an allen Orten heiliger
Schrifft gelehret/ wie ein Menſch eintzig und
allein ſeine Hoffnung und Vertrauen auff GOtt
und ſeine Huͤlffe ſetzen ſolle/ und auff nichts an-
ders. Denn was das Exempel im Buͤchlein To-
biaͤ anlanget/ ſo iſt ſolches nicht ſo wohl fuͤr ein
Exempel und Geſchichte/ als vielmehr fuͤr ein
Lehr reiches Gedichte anzunehmen/ ſintemahl
Lutherus es ſelbſt nur fuͤr eine kluge Fabel haͤlt.
Ich ſetze aber den Fall/ daß es eine wahre Ge-
ſchicht ſey/ ſo iſt damit noch lange nicht erwieſen/
daß wenn man diß oder das thue/ ſo ſey man fuͤr
Zauberey bewahret. Denn wenn man die Bege-
benheit mit dem jungen Tobias uͤberleget/ ſo
wird man befinden/ daß nicht ſo wohl der Rauch
von der Fiſch-Leber den Mord-Geiſt aus des
Tobiaͤ Braut-Kammer vertrieben habe/ als
vielmehr Tobiaͤ und ſeiner Braut ihr andaͤchti-
ges und glaͤubiges Gebet und Vertrauen zu
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Zitationshilfe: | Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/192>, abgerufen am 03.03.2025. |